Stadt aus Blut

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2007
  • 8
Stadt aus Blut
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Verena Wolf
85°1001

Phantastik-Couch Rezension vonMär 2007

Perfekte Horror-Krimimischung. Mehr davon!

Es klingt einfach zu gut um wahr zu sein. Charlie Huston, der sich schon einen gewissen Ruf für harte Krimis erworben hat, hat einen ganz neuartigen Protagonisten aus der blutigen Taufe gehoben: einen Vampir. Und erschafft mit ";Already Dead"; einen schnellen, düsteren Horror-Krimi, der kein doofer Abklatsch ist. Hurra!

Manhattan den Vampir-Klans!

Dass in New York City einiges anders läuft als in anderen Städten ahnte man schon länger. Jetzt weiß man auch warum. Klans, die aus Vampiren bestehen, haben das Manhattan der Gegenwart längst unter sich aufgeteilt. Sie alle sind durch einen Virus infiziert, der ihr Blut zerstört, das sie regelmäßig ersetzen müssen. Gleichzeitig verleiht der Virus ihnen übernatürliche Kräfte, Verletzungen heilen schneller und ihre Sinne sind ein vielfaches besser. Endlich lernt man mal was Sinnvolles! Keine Sonne zu vertragen und regelmäßig menschliches Blut trinken zu müssen, diese seltsamen Neigungen lassen sich in einem Großstadtdschungel besser verheimlichen als auf dem Land. Der Rest wie schwarze Umhänge, Särge statt Betten, flatternde Fledermäuse im Schlepptau, Kreuz-aversion und Knoblauchallergie sind glücklicherweise Blödsinn, das wäre sogar in NYC schwierig geworden.

Aber trotzdem ist hier das Vampir-sein kein Waldorfkindergarten. Die Klans, die Manhattan unter sich aufgeteilt haben und ihre Reviere verbissen verteidigen sind zwar alle Vampire. Aber damit hört das Gemeinschaftsgefühl schon auf. Es gibt den mächtigsten Klan ";die Koalition";, die geschäftsmäßig smart und aalglatt daherkommen, die ";Society"; steht politisch weit links und proklamiert Gleichberechtigkeit aller Minderheiten, dazu gehören für sie auch Vampire. Die ";Enklave"; ist eine extreme und extrem mächtige Sekte, deren Mitglieder die nächste Daseinsebene durch ständigen Hungerstreik zu erreichen suchen. Dann gibt es auch noch Vampir-Motorradgangs und kleine Splittergruppen. Und sie alle sind sich spinnefeind.

Intelligenter Held und düstere Fädenzieher

Unser Held Joe Pitt (nicht sein echter Name, wie er betont) ist der klassische, desillusionierte, zynische Grenzgänger eines Film Noir. Er hat sich den Virus geholt als er sich als Stricher an den falschen Kerl verkaufte, der sein Genick zu scharf küsste. Joe ist aktuell 45, sieht aber wie 25 aus und ist ein harter, eigensinniger Typ mit einem verdrehten Sinn für Humor. Er gehört zu keinem der Klans, da er niemanden Rede und Antwort stehen will. Sie alle nehmen es Joe recht übel, dass er nicht zu ihnen gehören will und lassen ihn dafür bezahlen, wann immer sie die Möglichkeit dazu haben. Als Kleinganove spielt er im Gegenzug die Klans gegeneinader aus und übernimmt Aufträge für den, der ihm im Moment am meisten zahlt oder dem er noch einen Gefallen schuldet. Sein Hauptlebenswerk ist - ganz echter Film Noir Held - nicht unter die Räder zu kommen.

Im aktuellen Fall soll er die ausgerissene Tochter eines superreichen New Yorkers finden. Die Auftraggeber wie auch die Eltern, die dummerweise gesteckt bekommen haben, was er wirklich ist, werden ungeduldig. Das ist nicht sein einziges Problem. Jemand hat ihm seinen gesamten Blutvorrat aus dem Kühlfach gestohlen und er bekommt Entzugserscheinungen. Zufällig stolpert er auch noch in ein Massaker: Zombies saugen direkt in seiner Nachbarschaft Halbwüchsigen das Gehirn aus und infizieren sie so mit einem Bakterium, das sie ebenfalls zu gefrässigen Zombies machen wird. Irgendwie hängt das alles zusammen, aber er weiß nicht wie. Ihm läuft die Zeit weg.

Und dann sollte und müsste er noch die Beziehung zu seiner - menschlichen - Freundin kitten, die durch seine ewige Geheimnistuerei verletzt ist. Sie ist sowieso überempfindlich, da sie HIV positiv ist und keinen Sex mit ihm will, aus panischer Angst ihn anzustecken. Er könnte sie zwar mit einem Biss heilen, aber er weiß nicht, ob die Nebenwirkungen ";Vampir"; das wert sind. Außerdem weiß sie von nichts. Mist! Joe hat sich mit seinem Schicksal arrangiert, aber nicht angefreundet und das bringt ihm in die meisten Schwierigkeiten

Schnelle, harte Sprache, gute Ideen

Es ist eine spannende Story, schnell, düster und brutal. Und genau so wird sie auch erzählt.

Die Sprache ist hart und auf den Punkt, die Dialoge clever. Der Zuhälter Chubby versucht sein Vokabular jeden Tag um ein Fremdwort zu bereichern, Lydia die Vampirfeministin versucht ihren Kollegen Political Correctness beim Untoten-Jargon beizubringen und Daniel, der geheimnisvolle Sektenführer, der Joe als einen der Mitglieder sieht ob er will oder nicht wirkt gespenstisch vielschichtig. Die einzelnen Vampircharaktere umschiffen dabei gekonnt jede Haha-Humorklippe oder der-Pate-Schubladen und sind interessant und originell, trotzdem wirken sie echt.

Klar hat die Geschichte ganz klare Horroranleihen, es ist weit mehr Quentin Tarantino als Anne Rice-Romantik  und das ist gut so! Hier knacken schon mal Köpfe auf und Blut spritzt, die Handlung ist nichts für Äußerst-Zartbesaitete, da nicht zimperlich, aber es wird nie langweiliger, selbstzufriedener Blutrausch. Die Geschichte ist intelligent und perfekt serviert. ";Already Dead"; ist wie ein guter Expresso: klein, stark, schwarz!

Stadt aus Blut

Charlie Huston, Heyne

Stadt aus Blut

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