Antarktika

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2001
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Antarktika
Antarktika
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S.B. Tenz
92°1001

Phantastik-Couch Rezension vonMai 2007

Ewiges Eis - Abenteuer Pur

Die Antarktis. Ewiges Eis, tückische Gletscher, mörderische Winde und Blizzards. Überall lauern Gefahren. Aber diese Welt in ihrer bizarren Schönheit bietet auch grenzenlose Freiheit, Luft zum atmen und überwältigende Abenteuer.

Die wirklichen Antarktiker, ein buntgemischter Haufen, größtenteils bestehend aus Wissenschaftlern, Forschern, Ölarbeitern und Bergsteigern, sind ein recht eigentümliches Völkchen. Immer wieder zieht es sie zurück in die Polarregion. So auch Val, eine junge Bergsteigerin, die Trekking-Touren hinaus aufs Eis organisiert und durchführt. Auf den Spuren von Amundsen und Scott läßt sie die Touristen den Hauch eines letzten Abenteuers spüren. Für sie selbst sind diese Touren allerdings längst zur Routine geworden und haben mittlerweile einen klischeehaften Nachgeschmack. Dann aber geschieht etwas völlig unerwartetes. Val, die sich mit einer neuen Gruppe Touristen auf der Amundsen-Route befindet, gerät plötzlich in eine lebensbedrohliche Situation. Aus der sonst bis ins kleinste Detail geplanten Tour wird eine Tortur, wobei es nur noch um das nackte Überleben geht. Nun beginnt ein Abenteuer, wie es sich niemand der Gruppe in seinen kühnsten Träumen hätte vorstellen können.

Zur gleichen Zeit befindet sich auch Wade Norton, ein Assistent von Senator Chase aus Kalifornien, im ewigen Eis. Wade soll Nachforschungen über einige merkwürdige Vorkommnisse anstellen, die in letzter Zeit immer häufiger geworden sind. Auch er gerät in eine schier hoffnungslose Situation, aus der ihn nur sein ganzer Überlebenswille retten kann. Ein Bürokrat aus Washington, verschollen im Eis der Antarktis. Ein unbeschreiblicher Kampf, Mensch gegen Natur, beginnt. Mitten in einer eisigen, uns fremden, Welt, nicht weit von uns entfernt.

Geheimnisvolle Welt

Zweifellos gehört Robinson seit vielen Jahren zu den Spitzenautoren amerikanischer Science Fiction. Darüber hinaus beherrscht er die ";Hard-SF"; genauso wie die ";Soft-Science";. In Antarktika wendet er sich wieder den politischen Verhältnissen der Erde zu. Vor allem der menschlichen Verantwortungslosigkeit gegenüber der Umwelt.

Ein ungewöhnlicher Roman. Zweifellos. Ein Porträt einer geheimnisvollen Welt, die Paradies und Hölle zugleich zu sein scheint. Dabei schwebt die ganze Zeit der Geist von Roald Amundsen, Robert Falcon Scott und (dem weniger bekannten) Shackleton über der Geschichte. Wer sich für die Geschichte dieser Pioniere interessiert, der wird sich freuen ein wenig in ihren Fußstapfen zu wandern, dank K.S. Robinsons hervorragender Recherche.

Der Autor weiß die eisige Landschaft so detailliert zu beschreiben, daß der Leser förmlich die Kälte der Antarktis zu spüren glaubt, die den Expeditionsmitgliedern erbarmungslos an den Knochen nagt. Die Spannung steigt ganz langsam, fast unmerklich. Da stört es kaum, dass der Autor hier und da mit wissenschaftlichen Begriffen um sich wirft, die, um sie zu verstehen, fast schon ein geophysikalisches Studium voraussetzen. Nüchterne, wissenschaftliche Fakten, gemischt mit einfühlsamer Poesie, ergeben ein Leseabenteuer, das von Beginn an zu fesseln weiß. Kernpunkt der Geschichte ist jedoch die politische Brisanz, die sich aus der bevorstehenden Aufhebung des Antarktisvertrages ergibt.

Profit-Gier

Multinationale Konzerne, die nur an den Rohstoffen der Antarktis interessiert sind und unbarmherzig die Ausbeutung des Kontinents vorantreiben sowie deren fanatische Gegner, die auch vor Sabotage nicht zurückschrecken, treffen in einer Welt aufeinander, die bis dato von gewaltsamen Auseinandersetzungen weitestgehend verschont geblieben war.
Besonders beeindruckt hat mich die Figur des Chinesen Ta Shuh, der als Teilnehmer einer Expedition die Rolle des stillen Beobachters übernimmt. Seine Berichte, die man auch als Tagebucheinträge interpretieren könnte, besitzen philosophischen Tiefgang und regen immer wieder zum Nachdenken an.

Fazit: Abenteuerroman? Öko-Thriller und/oder Politkrimi? Wissenschaftliche Abhandlung oder reine Science Fiction? Reisebericht und Hommage an einen faszinierenden Kontinent?

Es ist schwer, die Story einem einzigen Genre zuzuweisen. Auf eine besondere Art und Weise beinhaltet der Roman eine Mischung von all dem. Es ist eben ein ganz besonderer Roman, der auf eine ganz eigentümliche Weise zu begeistern vermag. Wer die Geschichte aufmerksam gelesen hat, wird einen ganz neuen Bezug zu einer Welt bekommen, die man wahrscheinlich als letzten Zufluchtsort vor der Zivilisation bezeichnen kann. Dass der Autor selbst einige Zeit in der Antarktis zugebracht hat, wird schon nach den ersten Seiten klar. Nur so war es Robinson schließlich möglich, von einer Welt zu berichten, die beim Lesen Sehnsucht nach grenzenloser Freiheit auslöst.

Der Leser sieht das transantarktische Gebirge vor seinem geistigen Auge und erkennt: ";Schönheit ist fraktal bis unendlich, in beide Richtungen";.

Antarktika

Kim Stanley Robinson, Heyne

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