Blutspiel

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2007
  • 9
Blutspiel
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Carsten Kuhr
85°1001

Phantastik-Couch Rezension vonOkt 2007

Achtung, Runneralarm - Rachel Morgan ist auf ihren High-Heels unterwegs, den Verbrechern das Fürchten zu lehren

Stellen Sie sich eine Welt vor, in der vor Jahrzehnten eine Seuche, die sich aus genmanipulierten Tomaten entwickelte, einen Grossteil der Bevölkerung dahingerafft hat. Nur der Hilfe der Inderlander, übernatürlichen Wesen, Hexen und Werwölfen verdanken die Menschen ihr Leben.

Seit dem Wandel leben die Spezies mit- - na ja, eher nebeneinander her. Es gibt Viertel in denen nur Menschen wohnen, andere, in denen sich die Vampire, Werwölfe, Pixies und Hexen konzentrieren. Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit gibt es zwei einander misstrauisch beäugende Institutionen. Die Verfolgung übernatürlicher Verbrechen hat sich die IS, die Inderlander Security auf ihre Fahnen geschrieben, um die menschlichen Gangster kümmert sich das Federal lnderlander Bureau, FIB.

Rachel Morgan war eine der talentiertesten Runnerinnen der IS. Als versierte Hexe sorgte sie dafür, dass allzu dreiste Pixies und Fairies hinter Gitter kamen und dass Vampire und Tiermenschen nicht über die Stränge schlugen. Doch dank ihrem frechen Mundwerk und ihrer verletzenden Ehrlichkeit, insbesondere was die Qualitäten ihres Chefs anging, hat sie sich ziemlich unbeliebt gemacht. Nur mit Hilfe ihrer Freundin, der Vampirin Ivy hat sie sich aus den Diensten der Inlander Security freigekaufen können. Die Mordkontrakte, die daraufhin auf sie ausgeschrieben wurden, hat sie überlebt und zusammen mit dem Pixy Jenks und Ivy ihre eigene Firma, den Vampir Hexenkunst Runnerservice, aufgemacht. Sie hat sich schicke Lederklamotten zugelegt, neue High-Heels, knallroten Nagellack und feine Nylons und residiert jetzt in einer ehemaligen Kirche.

Doch irgendwie will das große Geschäft nicht so richtig anlaufen, so dass sie einmal mehr Probleme damit hat, ihren Teil der Miete beizusteuern. Dabei hat sie doch wirklich das entwendete Maskottchen des örtlichen Baseball-Clubs, einen Fisch, wiederentdeckt, hat unter Einsatz ihres Lebens im Kugelhagel das glitschige Maskottchen gesichert, und jetzt wollen ihre Auftraggeber nicht bezahlen! Da kommt es gut, dass das FIB sie, wenn auch widerstrebend, als Beraterin unter Vertrag nimmt.

Ein Serienmörder geht um. Mit bis dato unbekannter Brutalität werden Kraftlinienmagier ermordet. Jedes der Opfer hat kurz vorher mit dem Abgeordneten Trent Kalamacks, Rachels altem Intimfeind gesprochen. Mit Verve macht sich Rachel an die Verfolgung des vermeintlichen Verbrechers. Im Verlauf ihrer Ermittlungen legt sie sich nicht nur Autoritäten aller Art an, sie tritt einem der Meistervampire der Stadt auf die Zehen, reizt ihre vampirische Mitbewohnerin bis zur Weißglut und versichert sich der Hilfe eines Dämons, der als Bezahlung ihre Seele fordert: Und das ist noch lange nicht das Schlimmste, denn je mehr sie ermittelt und Geheimnisse enträtselt, um so deutlicher wird, dass der verhasste Trent nicht hinter den Verbrechen stecken kann...

Die Spitze des Eisbergs - oder warum Rachel Morgan den anderen Heldinnen eine Nasenlänge voraus ist

In einer bislang beispiellosen Schwemme von Romanserien, die in Welten spielen, in denen Menschen und übernatürliche Wesen Seite an Seite leben, nehmen die »Rachel Morgan«-Titel eine Sonderstellung ein. Nur ganz wenigen Autor/innen gelingt es, das tagtägliche Mit- und Gegeneinander der Rassen so überzeugend zu gestalten wie Hamilton. Die gegenseitigen Ressentiments, die Vorurteile und Eigenheiten der unterschiedlichsten Spezies werden unauffällig, aber stimmig portraitiert und fließen in die Beschreibungen des Lebens ein. Dies führt dazu, dass uns diese besondere Welt mit all ihren Gegensätzlichkeiten, mit den kleinen Nicklichkeiten und dem Vielen, das uns bekannt vorkommt, überaus real erscheint. Das wirkt auf mich als Leser faszinierend, da nimmt Harrison mich in der detailreichen Darstellung gefangen und sorgt für eine Intensität, die sonst nur Laurell K. Hamiltons »Anita Blake«-Titel erreichen.

Dazu trägt auch bei, dass die Autorin es versteht, all ihre Personen lebensecht und vielschichtig zu zeichnen. Und dies gilt nicht nur für die Hauptcharaktere, sondern auch für die ständig wachsende Zahl der Nebendarsteller. Im Verlauf des umfangreichen Bandes erfahren wir immer mehr über deren Hintergrund, offenbart sich uns ein faszinierend komplexes Beziehungsgeflecht.

Fast die Hälfte des umfangreichen Bandes vergeht, bis die verschachtelte Handlung wirklich in Fahrt kommt. Dennoch kommt nie Langweile auf, erfahren wir doch viel aus der familiären Vergangenheit unserer aufbrausenden, gleichzeitig aber auch verletzlichen Heldin. Gerade im Vergleich zu »Anita Blake« aber fällt auf, dass Rachel, bei all ihrer beschriebenen Sinnlichkeit, immer eine gewissen Grenze nicht überschreitet, dass sie Nein zur Verführung sagen kann, auch wenn dies sie viel kostet. Rachel ist impulsiv, aufbrausend und egoistisch, aber sie ist auch eine Frau, die zu ihren Fehlern steht, die die Suppe, die sich sich eingebrockt hat, auslöffelt. Dies macht sie als Protagonistin so interessant. Gerade in ihrer inneren Zerrissenheit, in ihrer Suche nach ihrem Platz im Leben, nach Sicherheit, aber auch nach Abenteuer und Gefahr wirkt sie menschlich und sympathisch. Dass sie in ihren Urteilen fehlt, dass sie sich in Sackgassen verrennt, dass sie Freunde vor den Kopf stösst und verletzt, gehört zu ihrem Leben und spiegelt nur den tagtäglichen Kampf eines Jeden wieder, sich in einer ständig sich verändernden Welt zu behaupten.

Insofern bieten Kim Harrisons Romane spannende, rasant erzählte Unterhaltung voll faszinierender Begegnungen mit aussergewöhnlich vielschichtig und real gezeichneten Personen, voller Geheimnisse und einer Prise Humor.

Blutspiel

Kim Harrison, Heyne

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