Die Orks

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2002
  • 22
Die Orks
Die Orks
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Anna Hild
50°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2006

Sie sind abgrundtief böse... Sie sind wütend wie nie zuvor... und sie sind in der Überzahl: die Orks!

Nein, lieber Klappentext, das mag nicht so richtig stimmen. Stan Nicholls' Orks sind so ziemlich das Gegenteil davon, wie sie im Klappentext der Piper-Ausgabe beschrieben werden. Die Hauptfigur Stryke und seine kleine Kriegstruppe sind sogar sehr 'menschlich' für Orks... obwohl sie diese Bezeichnung schlicht als Beleidigung auffassen würden. Zu recht, denn in "Die Orks" sind es tatsächlich die Menschen, welche 'abgrundtief böse' erscheinen, denn sie werden dargestellt als egoistische Verbrecher, Despoten und Fanatiker, Spätankommer in Lande Maras-Dantien und Usurpatoren des Landes und seiner Magie. Jene Orks dagegen, zum Kämpfen geboren, haben sowohl Ehrenkodex als auch Gefühle und Sozialverhalten. Da staunt der Leser... ein wenig.

Und schließlich ist doch alles ganz anders.

Auch sind diese Orks nicht in Überzahl. Stryke und sein etwa 30 Ork starker Kriegstrupp setzen sich von der Ork-Armee der grausamen Königin Jennesta ab, um fortan ständig in Unterzahl mit einer wachsenden Anzahl an Gegnern zu ringen. Meist erstaunlicherweise ohne Kratzer abzubekommen. Königin Jennesta (über wen oder was sie eigentlich regiert, wird nicht wirklich klar) führt einen grausamen Krieg gegen alle und jeden, welche ihr im Weg stehen bei der Erreichung ihres Ziels: absoluter und uneingeschränkter Macht. Jennesta ist halb Mensch und halb Nyadd, eine der alten Rassen Maras-Dantiens, und vordergründig streitet sie für die Sache der sogenannten ‚Mannis‘, Menschen, die an einen Götterpantheon glauben im Gegensatz zu den ‚Unis‘, welche nur an einen einzigen Gott glauben. Wie passt nun aber ihre Ork-Armee dort hinein? Die Orks sind von ihrem eigenen Kriegsrat als Söldner an Jennesta verkauft worden, so heißt es, um deren Kriege auszufechten.

Doch da Orks ehrenwerte Geschöpfe sind mit starkem Unrechtsbewußtsein - sie hacken schließlich ‚nur‘ ihre Feinde in Stücke, niemand sonst - gibt es in Jennestas Armee großes Potential für Rebellion. Als Jennesta ihren besten Kriegstrupp damit beauftragt, einen für ihr großes Ziel wichtigen magischen Gegenstand zu beschaffen - was in fast jedem Fall in diesem Buch auf ausgiebiges Blutvergießen hinausführt - und der Auftrag in gewisser Weise fehlschlägt, entscheiden sich Strykes Orks schließlich, zu desertieren und die magischen ‚Instrumentale‘, von denen sie mittlerweile wissen, dass es mehrere geben muss, und dass sie große Macht versprechen, auf eigene Rechnung zu besorgen. Hier beginnt eine ziemlich wirre und bewußtlose Odysee durch das ganze Land, denn die Orks wissen nicht warum noch wohin, bis sich immer im richtigen Moment zufällig ein neuer Hinweis ergibt. Über die Bedeutung der Artefakte, die sie wie besessen zusammensuchen, bleiben sie bis zum Ende unwissend. Was sie damit machen wollen, bleibt ebenso unklar. Wollen sie ihre Welt retten oder doch nur sich alleine? Handeln sie ferngesteuert oder aus freiem Willen? Irgendwann ist alle Welt ihnen auf den Fersen, Freunde machen sie sich nur wenige auf ihrer Reise, und alle Feinde sind ihnen am Ende doch haushoch unterlegen. Was der Spannung während der zahlreichen Kämpfe doch etwas abträglich ist nach einer Weile. Nicholls baut mit Mühe seine Geschichte um die Instrumentale zusammen, verknüpft Fäden, beschreibt die Magie des Landes und gibt dem Land Maras-Dantien eine Geschichte. Nur um am Ende mit einem Handstreich alles wegzuwischen: denn alles war doch irgendwie ganz anders.

";Werbestie und Breitschwert";

Eine Anmerkung zur Übersetzung sei an dieser Stelle gestattet. Leider kann man der Piper Ausgabe hier keinen großen Lob zollen. Nur ein fassungsloses Kopfschütteln erzeugt der Versuch, den Namen des Kriegstrupps ";Wolverines"; mit ";die Vielfraße"; zu übersetzen. Teilweise ergeben sich tatsächlich Verständnisprobleme durch wörtlich übersetzte Sätze und lieblose Aneinanderreihung derselben. Eigennamen von Orten oder Rassen völlig unnötigerweise zu übersetzen, ist im deutschen Literatur- und Rollenspielbereich mittlerweile leider üblich, so auch hier. ";Werbestie und Breitschwert"; - wer würde sich in dieser Taverne nicht gerne auf ein ";Kräftig"; niederlassen.

Kampf um Kampf und zur Abwechslung wieder mal ein Kampf

Die Frequenz der Kampfhandlungen in einem Buch, das mit ‚Action von der ersten bis zur letzten Seite‘ beworben wird, muss zugegebenermaßen sehr hoch sein. Wer das erwartet, wird hier sicherlich nicht enttäuscht werden. Nur: die Qualität leidet. Wenn in einem  800 Seiten starken Roman alle 2 bis 5 Seiten eine Kampfhandlung beschrieben werden soll, gehen dem Autor schon einmal gern die Begriffe für diverse Tätigkeiten aus. Ein abgeschlagener Kopf, ein abgeschlagener Arm, er hackte hierhin, er duckte sich dorthin. Auch die Farbe von Blut und das Herausspritzen desselben aus Körpern kann nur begrenzt variantenreich beschrieben werden. Sicherlich hat die uninspirierte Übersetzung aus dem Englischen einen Anteil daran, aber hier kann wahrlich die Geschichte unmöglich so sehr begeistern, dass man sich getrieben fühlt, von immer gleichem Kampf zu immer gleichem Kampf zu fiebern. Es gibt Charaktere in diesem Roman, welche gut und einfühlsam geschrieben sind, kein Zweifel, doch es gibt genauso viele haarsträubende Klischeecharaktere, deren einziger und offensichtlicher Zweck es ist, die richtigen Stichworte zur richtigen Zeit zu geben. Strike, Coilla, Alfray und Jup von den Wolverines gehören zu den ersteren und das Interesse an ihrem Schicksal ist so ziemlich das einzige, was die Rezensentin verleitet hat, den Roman bis zum Ende durchzuhalten.

Die Orks

Stan Nicholls, Heyne

Die Orks

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