Zombie-Apokalypse

  • Festa
  • Erschienen: Januar 2015
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Zombie-Apokalypse
Zombie-Apokalypse
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Michael Drewniok
55°1001

Phantastik-Couch Rezension vonFeb 2016

Soziopath mit Frettchen im Kampf gegen Zombies & Lumpenpack

In Seattle, der Großstadt im Nordwesten der USA, führt Cyrus V. Sinclair ein zurückgezogenes Leben. Seine Wohnung teilt er mit dem Albino-Frettchen Pickle, sein einziger Freund ist der Vietnam-Veteran und Survival-Spezialist Francis "Frank" Bordeaux. Cyrus ist ein Soziopath mit eingeschränktem Gefühlsleben und einer kaum ausgeprägten Antenne für zwischenmenschliche Beziehungen, weshalb er bereits mehrfach Zeitgenossen, die ihm in die Quere kamen, kurzerhand umgebracht hat.

Als Seattle wie der Rest der Welt von Zombies überrannt wird, beunruhigt dies Cyrus wenig. Er hat seine Wohnung schon vorher zu einer Festung ausgebaut und hortet dort Nahrungsmittel und Waffen. Mit der Ruhe ist es vorbei, als ihn die junge Gabriella auf der Flucht vor Untoten zur Rettung praktisch zwingt. Sie drängt Cyrus, mit ihr die Stadt zu verlassen. Da zwischenzeitlich Kumpel Frank auftaucht, um ihn in seinen abseits gelegenen, gut gesicherten Unterschlupf einzuladen, willigt Cyrus ein.

Nicht nur die Zombies sorgen dafür, dass es schwierig wird, Seattle hinter sich zu lassen. Überall haben sich Überlebende verbarrikadiert, die keineswegs ausschließlich gegen die Untoten kämpfen. Vom Gesetz nunmehr unbehelligt, organisieren sich Kriminelle und streifen auf der Suche nach Beute - Lebensmittel, Benzin, Frauen - durch die Straßen. Mindestens ebenso gefährlich sind religiöse Fanatiker und Verrückte, die ungebremst in perversen Weltuntergangsfantasien schwelgen.

Während Gabriella weiterhin nach moralischen Grundsätzen leben will und dadurch die kleine Gruppe immer wieder in Gefahr bringt, hat Cyrus kein Problem damit, gleichermaßen gewalttätig gegen lebende wie untote Gegner vorzugehen. Er findet eine Verbündete in der Ex-Soldatin Blaze, die sich ihnen anschließt. Damit kippt die Stimmung, denn die beiden Frauen zetteln einen Privatkrieg an, der die Aufmerksamkeit der Gruppe ablenkt. In dieser neuen, unbarmherzigen Welt sorgt dies für eine Ablenkung, die beutegieriges Gesindel und die allgegenwärtigen Zombies erst recht auf den Plan ruft ...

Darwinismus auf die US-amerikanische Art

So lange die Untoten dumm und menschenfleischgierig bleiben, ist in Sachen Zombies seit The Walking Dead alles Relevante gesagt und gezeigt. Der Erfolg dieser Fernsehserie führt nicht nur zu ihrer ständigen Verlängerung, sondern auch nur zu mehr variierten Wiederholung bereits thematisierter Ereignisse.

Wieso sollte also Eloise J. Knapp gelingen, was nicht einmal ein ganzes Team von TV-Autoren schafft? Experimente und Überraschungen sind deshalb nicht zu erwarten. Auch diese Zombie-Apokalypse verläuft in bekannten Bahnen. Die Welt bzw. die Zivilisation geht unter, aber es gibt einige Überlebende, die auf die harte Tour feststellen müssen, dass die wandelnden Untoten nur das eine Kardinalproblem darstellen: Die Restmenschheit fällt zumindest in den USA umgehend in die Barbarei zurück.

Sobald Strom, Wasser und Klimaanlagen ausfallen, Fernsehen und Internet nicht mehr für Ablenkung sorgen und die Polizei durch Abwesenheit glänzt, springen ungewaschene Hinterwäldler, Warlords in der Warteschleife oder fanatische Fundamentalisten-Prediger aus den Büschen, laden gehortete Feuerwaffen durch und verwandeln das Land der Freien und Tapferen in einen Mad-Max-Mikrokosmos, der allein vom (Un-) Recht des Stärkeren regiert wird.

Zuschlagen, bis keiner sich mehr rührt

Offenbar sorgt ein Szenario, das die Überlebenden als Gruppe zeigt, die sich friedlich und kooperativ zusammentut, um den Zombies zu trotzen, für Langeweile. Gewalt und Anarchie wirken wesentlich interessanter. Diese Haltung passt in eine Gegenwart, die generell von Alltags-Misstrauen und Sorge geprägt wird. Literatur, Film und Fernsehen haben immer zeitgenössische Strömungen aufgegriffen, unterhaltsam aufbereitet und dabei überspitzt. Im 21. Jahrhundert glaubt der Bürger nicht mehr an einen Staat, der für das Wohl der Allgemeinheit steht. Politisch und wirtschaftlich triumphiert der Eigennutz, die Rezession hat sich dauerhaft eingerichtet, vorbei ist die Zeit des Tellerwäschers, der es aus eigener Kraft zum Millionär bringt.

Eine junge Autorin wie Knapp hat nie andere = "bessere" Zeiten kennengelernt. Da sie keine Ahnung hat, wie sich das Zombiehorror-Rad neu erfinden ließe, übernimmt sie eine Weltsicht, die ihr selbstverständlich scheint. Originell glaubt sie zu sein, indem sie als "Held" einen Mann präsentiert, der schon vor der Apokalypse isoliert von der Gesellschaft lebte. Cyrus V. Sinclair ist demnach ein gefühlskalter Egoist, der buchstäblich über Leichen geht, wenn er sich allzu intensiv gestört fühlt.

Allerdings zeigt Knapp weder Einfühlungsvermögen noch Konsequenz, wenn sie Cyrus denken und handeln lässt. So wie sie ihn schildert, spielt Cyrus den Psychopaten nur, wobei er sich abermals an einschlägigen TV-Vorbildern orientiert. Da ist nichts, das den Leser erschrecken könnte. Man vergleiche Cyrus Sinclair mit Hannibal Lecter oder gar Henry Bunkowski - oder lieber nicht. Ohnehin lässt Knapp ihren Helden auftauen und plötzlich echte Gefühle entdecken. Einen nachvollziehbaren Auslöser gibt es dafür nicht, obwohl die Autorin Cyrus zwingt, viele Seiten darüber nachzugrübeln: Passagen, die der Leser schnell lernt zu überspringen, weil sie eher peinlich als anrührend sind.

Die Freude am Fauligen

Die Figurenzeichnung ist generell kein Qualitätsmerkmal dieser Zombie-Apokalypse. Knallhart will Knapp wirken, doch ihr gelingen höchstens Abziehbilder. Die konsequente Beschränkung auf wenige Figuren erleichtert ihr die Arbeit, verengt die Handlung aber auf die typische und auf Dauer eintönige Abfolge bekannter Hit-&-Run-Ereignisse.

Wenn gar nichts mehr vorangeht, rücken die Untoten vor. Sie sind hier beinahe schon Lückenbüßer, die sich mit Strolchen aller Art abwechseln, um Cyrus und seine Begleiter in die Zange zu nehmen. Ihr Grauen haben diese Untoten weitgehend eingebüßt, selbst wenn sich Knapp müht, Fäulnis und Verstümmelung auf ein möglichst hohes (bzw. niedriges) Niveau spekulativer Drastik zu hieven. Auch in diesem Punkt sind ihr die "Walking-Dead"-Macher haushoch überlegen.

Erstaunlicherweise scheint diese Eintönigkeit die Fans des harten Horrors nicht zu stören. Permuted Press, jener US-Verlag, der die Zombie-Apokalypse publizierte, bestreitet fast sein gesamtes, zumindest quantitativ eindrucksvolles Programm mit zum Verwechseln ähnlich gewirkten Horror-Garnen. Offensichtlich gibt es ein Publikum, dem ewige Beiß- und Metzel-Szenen genügt, um sich unterhalten zu fühlen.

Schreck nach Vorschrift

Um das Grauen plastisch zu gestalten, bedient sich Knapp einer betont simplen Sprache. Es sind keine Geistesriesen, sondern Unterschichten-Außenseiter, die sich zu ihrer Flucht-Odyssee zusammentun. Sie denken subtextfrei und handeln spontan; ausnahmsweise geschmiedete Pläne werden in der Hitze des Gefechts über den Haufen geworfen.

Statt uns diese Zeitgenossen näherzubringen, werden sie uns erst recht gleichgültig: Knapp versteht es anders als beispielsweise Stephen King nicht, den Stil zu nutzen, um Emotionen zu schüren. Gabriella, Blaze, Frank und Cyrus wirken nicht lebendiger als die Zombies, denen sie die Schädel spalten. Dass Cyrus sein Frettchen inniger liebt als seine Gefährten, verleiht ihm weder Profil noch Charaktertiefe.

Die karge Struktur verwandelt die Story in eine Endlosschleife. Knapp hängt Schlacht an Schlächterei. Auf diese Weise lassen sich Seiten füllen. Dennoch bricht die Handlung unvermittelt mit einem Cliffhanger ab: Weiter geht's in einem zweiten Teil, dem eine weitere Fortsetzung folgt: Mindestens eine Horror-Trilogie muss es heutzutage sein. Die Dichte des zugrundeliegenden Plots ist dabei Nebensache. Das Ergebnis muss man wie gesagt lieben. Kennen muss man es nicht.

Zombie-Apokalypse

Eloise J. Knapp, Festa

Zombie-Apokalypse

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