Böser Clown

  • Saphir im Stahl
  • Erschienen: Januar 2015
  • 1
Böser Clown
Böser Clown
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Carsten Kuhr
78°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2016

Thriller aus Deutschen Landen frisch auf dem Lese-Tisch

Was macht man, wenn man als Darsteller eines Fieslings in der letzte Folge einer leidlich erfolgreichen Vorabendserie von einem Hoteldach stürzt, und sich dabei in der Realität schwer verletzt? Richtig, man hängt den ungeliebten Schauspielerberuf an den Nagel und sucht sich, weitab jeglicher Medienaufmerksamkeit, einen neuen Job.

Arlo Panofsky ist im Dienstleistungsbereich, genauer gesagt, als Insektenvernichter unterwegs. Einst gehörte ihm ein Anteil an der eher mäßig florierenden Produktionsfirma, die die Zander-Squad Serie erdachte und fürs Fernsehen umsetzte, jetzt wohnt er in einem heruntergekommenen Haus weitab jeglicher Ansiedlung, und hat zu seinen alten Kollegen keinen Kontakt mehr. Dass ein Multi einen Relaunch der Zander-Squad plant ahnt er nicht, es würde ihn aber auch nicht sonderlich interessieren. Aus dem Verkauf ihrer Firma hat er damals gutes Geld bekommen, jetzt muss er sehen, wie er über die Runden kommt.

Dass einer seiner Kompagnons kürzlich bei einem Autounfall ums Leben kam, dass dessen Vater etwas von Mord daherschwafelt ist ihm reichlich schnuppe, bis eben jener Vater ihn entführt und dafür sorgt, dass Arlos alter-ego, der Clown wieder ins Zentrum der Medien-Aufmerksamkeit rückt. Nachdem sich Unbekannte an ihre Fersen heften, und Anschläge auf ihr Leben passieren, scheint doch irgend etwas an den durchgeknallten Verschwörungstheorien des Alten zu sein.

Zur gleichen Zeit begleiten wir eine junge Journalistin. Als Voluntärin und Mädchen für alles hat sie sich der Klatschreporterin schlechthin angeschlossen, und darf sich dafür von dieser ausnutzen und beleidigen lassen. Dass sie einen Instinkt für die Story hat, dass sie recherchieren und schreiben kann, interessiert in der Welt, in der die nächste Schlagzeile schon veraltet ist, niemand - bis ausgerechnet sie eingeladen wird, eine Exklusivstory zu schreiben.

Vor Jahren, nachdem die Zander-Squad Reihe abgesetzt wurde, hat eine offensichtlich geistig gestörte Frau die Haupt-Darsteller ermordet. Keiner ahnt, dass die Zander-Squad, eine Gruppe genialer Erfinder, die sich der Jagd auf Superschurken verschrieben haben, tatsächlich existiert. In den unzugänglichen Regionen der Schweizer Alpen haben sie ihr Hauptquartier, mit der Jules Verne, einem Zeppelin, der technisch fast allem in der Luft fliegenden überlegen ist, gehen sie auf die Jagd nach Diktatoren und möchtegern Weltbeherrschern.

Während die Spezialisten des Konzerns versuchen, ihr Filmprojekt um die Neuauflage der Zander-Squad zu retten, entbrennt ein von beiden Seiten gnadenlos geführter Krieg um die Zukunft der Menschheit - wie er sensationeller fürs Kino nicht erdacht werden könnte ...

Nach einem etwas zögerlichen Auftakt geht es mit Tempo hinein in die Action

Andreas Zwengel ist mir mit seinen Erzählungen und Romanen schon länger aufgefallen. Mit Die Welt am Abgrund legte er einen überzeugenden Steampunk Roman vor, mit der Anthologie Panoptikum bewies er, dass er die Varianten der phantastischen Literatur perfekt beherrscht. Seit Kurzem gehört er zum Autorenkreis von Ren Dhark und schreibt für die Reihen des Blitz Verlages.

Zunächst tat ich mich mit vorliegenden Roman schwer. Er beginnt ganz in der Realität, zeigt uns einen ehemaligen Schauspieler, der eigentlich nur seine Ruhe möchte, eine junge Journalistin aus schwierigem Elternhaus und eine, für eine gute Story über Leichen gehende Sensationsreporterin - soweit so gut. Doch was hat das alles mit der im Waschzettel genannten TV-Serie zu tun?

Bis zur Auflösung dieser Frage dauert es etwas, so dass ich, zwar durchaus interessiert, aber auch ein wenig hilf- und orientierungslos der Handlung folgte. Zwar waren die Figuren vielschichtig gezeichnet, so manche von ihnen persifliert überzeichnet, doch in ihrer Mischung und Zeichnung durchaus interessant, allein es fehlte an dem roten Faden.

Im zweiten Teil wird dann der Vorhang gehoben, und plötzlich erschließt sich dem Leser der Sinn des Auftakts. Und gar plötzlich beginnt der Plot Tempo aufzunehmen. Es kommt zu Entführungen, Enthüllungen und Kämpfen, da fahren Luftschiffe durch den Himmel, geht ein exzentrischer Privatmann mit Billigung der internationalen Politik im Geheimen auf Verbrecherjagd quer über alle Grenzen hinweg. Hoppla, der wurden dann Versatzstücke von Action-Hero und Superheldenserien aufgegriffen, mit viel Geheimnissen und Thrillerelementen gekoppelt und dem Leser kredenzt. Das ist in sich oft unglaubwürdig, in sich so manches Mal unlogisch, überbrodelnd - aber auch ein packender Lesespass. Skurrile Erfinder mischen sich mit Spezialisten für die Lösung von Problemen, man fiebert mit, ob und wie unsere liebevoll gezeichneten Helden das Abenteuer wohl unbeschadet überstehen werden, wie all die unterschiedlichen Teile zueinander passen. Das zieht den Leser dann mit zunehmender Dauer immer mehr in seinen Bann, und plötzlich ist er da, der Sog, den jeder gute Thriller auszeichnet.

Nach einem etwas verwirrenden Beginn mausert sich der Roman dann zu einem Lesespaß abseits der großen, ausgetretenen Pfade, misch geschickt Elemente unterschiedlichster Sub-Genres zu einem ganz eigenen Ganzen und unterhält packend.

Böser Clown

Andreas Zwengel, Saphir im Stahl

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