War of Gods - Krieger des Nordens

  • Mantikore
  • Erschienen: Januar 2018
  • 0
War of Gods - Krieger des Nordens
War of Gods - Krieger des Nordens
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Michael Drewniok
85°1001

Phantastik-Couch Rezension vonNov 2018

Legendärer Held mit überirdischen Wurzeln

Svipdag, König von Norwegen, fällt ins Nachbarland Dänemark ein. Dessen König Gram fällt im Kampf gegen den Usurpator. Seine Witwe flieht mit dem kleinen Hadding, dem Kronprinzen. Sie weiß, dass Svipdag diesen töten würde, könnte er seiner habhaft werden. Daher versteckt sie ihn bei Vagnhöfdi, dem Riesen, und dessen Familie. Dort wächst Hadding zu einem mächtigen Kämpfer heran und verlässt sein Exil, um sich in der Welt einen Namen zu machen und Anhänger um sich zu scharen, mit denen er den Thron von Dänemark zurückerobern kann.

Nach vielen Abenteuern gelingt ihm das, doch obwohl Haddings Kraft, Mut und Intelligenz bald überall gerühmt werden, ist es die heimliche Hilfe der Götter, die ihn manche Schlacht gewinnen lässt. Göttervater Odin selbst steht oft an seiner Seite. Dennoch ist Hadding kein Günstling der Götter, von denen einige ihm sogar nach dem Leben trachten. Aber Hadding geht seinen Weg. Als König von Dänemark führt er sein Land zu neuer Blüte. Mit Haakon, König von Norwegen, schließt er ein Bündnis und heiratet dessen Tochter Ragnhild, die er zuvor aus den Fängen eines Riesen errettet hat. Sie schenkt ihm einen Sohn und eine Tochter. Seinen ärgsten Feind, König Uffi von Schweden, kann Hadding niederringen.

Immer wieder greifen neue, machthungrige, unerschrockene Gegner an, aber Hadding behält das Heft in der Hand. Doch er wird älter. Ragnhild, seine Königin, stirbt bei der Geburt eines dritten Kindes. Frodi, der Kronprinz, ist ein Abenteurer, der wenig von der Verantwortung hält, die das Amt des Königs fordert. Ulfhild, seine Tochter, wächst zu einer unruhigen, unzufriedenen Frau heran, die sogar ein Attentat auf den ungeliebten Vater versucht. Zermürbt von der Last seines Amtes, legt Hadding das Schicksal des Königreiches in die Hände seiner Nachfolger. Er erinnert sich einer göttlichen Prophezeiung, dass nur er selbst dereinst sein Leben beenden werde. So erhängt er sich am Ast einer Eiche - und erwacht im Reich der Götter, wo ihn Odin erwartet: Hadding ist Njörd, Gott des Meeres, den Odin zu einem Menschenleben auf der Erde verdammt hatte ...

Ein Helden- bzw. Büßerleben auf zwei Ebenen

Im Krieg der Götter - auf der einen Seite die Asen, die über den Himmel, den Wind und das Wetter herrschen, auf der anderen die Wanen, Herren der Erde und des Meeres - war Njörd, ein Wane, einst in die Hände seiner Gegner geraten, die ihn übel gedemütigt und misshandelt hatten. Ein für beide Seiten verlustreicher Krieg wurde schließlich beigelegt, doch Njörd wollte den Frieden nicht anerkennen, denn er hatte Rache geschworen. Um den Konflikt nicht erneut aufflammen zu lassen, verurteilte ihn Odin zu einem Dasein als Mensch. Im Tod kehrte Njörd in den Götterhimmel zurück; er hatte seine Lektion gelernt und seinen Zorn überwunden.

Mit „Krieg der Götter“ greift Poul Anderson einen Stoff aus der dänischen Heimat seiner Vorfahren auf: die Legende vom legendären König Hadding, wie sie der Ge-schichtsschreiber Saxo, genannt Grammaticus („Meister der Worte“), um das Jahr 1200 in seiner „Gesta Danorum“ („Die Taten der Dänen“) aufgezeichnet hat. (Die Entstehungsgeschichte seines Romans schildert Autor Anderson übrigens selbst in einem interessanten Nach¬wort, das der Verlag der deutschen Ausgabe dankenswerterweise beigefügt hat.)

Anderson bedient sich - wie übrigens schon einmal 1973 in „Hrolf Krakis Saga“ - einer glut- und blutvollen Vorlage aus dem frühen Mittelalter und verwandelt sie in eine packende Geschichte. Behutsam auf den Geschmack des modernen Lesers abgestimmt, entwirft der Autor das komplexe Bild einer archaisch-mythologischen, aus heutiger Sicht ¬exotischen und rätselhaften Welt, in der Menschen und Götter wie selbstverständlich neben- und miteinander leben.

Spannende Saga mit Botschaft

Anderson war es wichtig, nicht ein weiteres Fantasy-Garn zu schreiben, „in der hauptsächlich gezaubert und mit den Schwertern gerasselt wird“ (zitiert aus dem erwähntem Nachwort). Geschichtsschreibung ist keine Erfindung der Neuzeit. Schon unsere Ahnen zeichneten die Ereignisse der Vergangenheit und die Viten jener, die sie prägten, auf. Allerdings gibt es einen elementaren Unterschied. Heute soll nach Möglichkeit sachlich über tatsächliches Geschehen informiert werden. Als die „Gesta Danorum“ entstand, herrschte eine gänzlich andere Auffassung von ‚guter‘ Überlieferung vor: Die Historie war ein Gestaltungselement; sie wurde ‚angeglichen‘, um einem gewünschten Bild zu entsprechen.

Personen der Geschichte und mythologische Gestalten wurden zu Archetypen. Krieger, Könige, Thronräuber, Götter: Sie hatten bestimmten Verhaltensvorgaben zu genügen. Dadurch wirken sie statisch - eine Eigenschaft, die Anderson übernimmt, obwohl dies im Rahmen eines Romans riskant ist. Hadding ist keine Figur, mit der sich der Leser identifizieren kann. Generell bleiben uns die Protagonisten emotional fern. Sie wirken wie Schauspieler, die ihre Rollen zelebrieren.

Ausgleichend hebt Anderson den allegorischen Charakter der Handlung hervor. Auch sie folgt einer Choreografie. Lange vor Shakespeare wussten Autoren sehr gut, was Menschen bewegt - im Guten wie vor allem im Bösen. Hadding wird geprüft und geläutert. Dabei erlebt und erleidet er exemplarisch, was diesen Prozess aus zeitgenössischer Sicht nachvollziehbar macht. Da Autoren seit jeher darauf achten, dass ihre Geschichten spannend sind, um ein kritisches Publikum in ihren Bann zu ziehen, konnte Anderson aus einem Stoff schöpfen, der an Dramatik und Drastik nichts zu wünschen übrig lässt.

Düster-Fantasy abseits ausgetretener Pfade

Mit seiner weiter oben zitierten Aussage spielt Anderson auf eine bekannte Misere an: Neun von zehn Fantasy-Romanen sind heutzutage simple Tolkien-Abklatsche (wobei der Altmeister durch seinen modernen Epigonen George R. R. Martin und dessen „Game-of-Thrones“-Epos ergänzt bzw. verdrängt wird). Eine publikumswirksam buntgemischte Gruppe aus schönen Prinzessinnen, edlen Rittern, Elfen, Zwergen und ähnlichen Gut-Wesen kämpft in einer pseudo-mittelalterlichen Welt gegen böse Zauberer, machtgierige Könige, Drachen und andere Finsterlinge - dies über mindestens fünfhundert Seiten und in fünf, zehn, zwanzig oder noch mehr Bänden.

In den Buch¬läden biegen sich die Regale unter wieder und wieder breitgetretenem Quark. Andersons Nordmann-Saga stellt eine angenehme Abwechslung dar; eine im besten Sinne altmodische Geschichte, die mit Schwung und ohne Längen über 400 Seiten erzählt wird und dann zu einem Ende findet, das keine Fortsetzung androht.

Lobend hervorgehoben sei auch die Übersetzung, die sich große Mühe gegeben hat, den getragenen Tonfall einer uralten nordischen Saga ins Deutsche zu retten. Das mag für ‚normale‘ Leser, die ihre Fantasy in simpler Sprache vorziehen, eine Herausforderung darstellen, ist jedoch ein Stilmittel, das dem Stoff entspricht. Man gewöhnt sich außerdem daran. Stattdessen irritiert die Entscheidung, diesen Roman unter dem Originaltitel „War of Gods“ herauszubringen. Was ist gegen „Krieg der Götter“ einzuwenden?

War of Gods - Krieger des Nordens

Poul Anderson, Mantikore

War of Gods - Krieger des Nordens

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