Der Oktobermann: Eine Tobi-Winter-Story (Hörbuch)

  • Jumbo
  • Erschienen: September 2019
  • 1
Der Oktobermann: Eine Tobi-Winter-Story (Hörbuch)
Der Oktobermann: Eine Tobi-Winter-Story (Hörbuch)
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Marcel Scharrenbroich
68°1001

Phantastik-Couch Rezension vonNov 2019

Schon beim Hören nicht mehr fahrtüchtig…

Blumig erzählt (0,0 ‰)

Wer kennt es nicht, wenn ein Mord einem den wohlverdienten Urlaub verhagelt? Da will man mal schön ausspannen, besucht die Eltern und >schwuppdiwupp< ist’s vorbei mit der Ruhe. Ich bin mir sicher, dass es vielen von uns schon so erging. Naja… zumindest denen, die beim Bundeskriminalamt (BKA) arbeiten. Oder genauer gesagt, in der Abteilung KDA… was für „komplexe und diffuse Angelegenheiten“ steht. Das dürfte die Trefferquote schon etwas eingrenzen… hoffe ich.

In genau dieser Abteilung arbeitet Tobias Winter. Regelrecht in eine Polizisten-Familie hineingeboren, ist es nicht verwunderlich, dass der Sohn des städtischen Polizeipräsidenten, dessen Onkel ebenfalls seit 30 Jahren im aktiven Dienst ist, eine ähnliche Laufbahn einschlagen würde. Dass Tobi sich allerdings mal mit Magie und übernatürlichen Vorkommnissen beschäftigen würde, hat er sich bei der Wahl seines Berufes nicht unbedingt vorgestellt. Damit beschäftigt sich das KDA nämlich: Mit unerklärlichen Phänomenen, Zauberei und allem weiteren, was sich keiner logischen Schublade zuordnen lässt. Ein paar Tage wollte Tobi im Kreise seiner Familie in Mannheim ausspannen, doch seine Chefin macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Es gibt Arbeit. Eine Leiche wurde gefunden… und allem Anschein nach, werden seine speziellen Fähigkeiten benötigt.

Schon drei Jahre im Amt und in den Künsten der Magie bereits einigermaßen bewandert, führt Tobi sein aktuellster Fall nach Trier, der ältesten Stadt Deutschlands, die mit zahlreichen historischen Sehenswürdigkeiten aufwarten kann und deren römische Baudenkmäler zum UNESCO-Welterbe gehören. Dort weist ein Leichenfund, am Fuße eines rheinland-pfälzischen Weinberges, unnatürliche Merkmale auf, die das Interesse des KDA geweckt haben. Kaum in Trier angekommen, wird Tobi Winter von den örtlichen Behörden eine Partnerin an die Seite gestellt: Vanessa Sommer (einen kurzen Applaus für dieses Wortspiel… so viel Zeit muss sein). Frau Sommer und Herr Winter machen sich also auf zum Tatort, einer Abflussrinne neben einem Feldweg. Vor Ort kann Winter Rückstände von Magie feststellen, was ihm zeigt, dass mit dem KDA genau die richtige Abteilung im Einsatz ist.

Der aufgefundene Leichnam weist einen enormen Schimmelbefall auf, weswegen der Fund als mögliche „biologische Gefahr“ klassifiziert wird. Davon können die beiden Ermittler sich bei der Obduktion selber überzeugen. 90% des Körpers des toten Mannes mittleren Alters sind mit einem grauen, pelzigen Pilz bedeckt. Tod durch Ersticken, da auch die Lunge mit dem Schimmel bedeckt ist. Die zuständige Professorin kann den Pilz genau bestimmen, was Vanessa auf den Plan ruft. Erfreulicherweise ist die Kollegin nicht nur ortskundig eine wahre Hilfe, sondern kennt sich auch noch im Weinbau aus, was an der Mosel jetzt nicht sooo außergewöhnlich, aber dennoch sehr praktisch ist. Sie erkennt nämlich, dass es sich bei dem Pilz um „Edelfäule“ handelt. Der Schimmelpilz Botrytis cinerea tritt gelegentlich auf Weintrauben auf und diese werden manchmal sogar absichtlich von den Winzern damit infiziert, um ein besonderes Aroma beim Wein hervorzurufen.

Vanessas Recherchen führen die beiden zu einem Weingut, das perfekt in die bis dato bekannte Faktenlage passt. Das Weingut Stracker stellt edelsüße Weine her UND gehört zu dem Weinberg, an dem die zugewucherte Leiche gefunden wurde. Hier startet eine investigative Schnitzeljagd für das Duo, die sie von Weingütern zu einem Wein-Club, Flussgöttinnen der Kyll und der Mosel und einer fast schon verjährten Rache führen. A votre san>hicks!<té…

Im Abgang etwas schal (0,8 ‰)

Viel Text, um eine eigentlich simple Geschichte zu beschreiben, nicht wahr? Ist mir auch gerade aufgefallen… Tatsächlich handelt es sich bei „Der Oktobermann“ nur um einen Kurzroman. Gerade einmal 208 Seiten fasst die gedruckte Ausgabe, während die vier Audio-CDs der Hörbuchfassung aus dem Jumbo Verlag 289 Minuten Eurer Zeit in Anspruch nehmen. Durch das recht kurze Vergnügen dauert es auch nicht lange, bis wir mit der ersten Leiche konfrontiert werden und der Fall an Fahrt aufnimmt. 208 Seiten braucht ein Stephen King allein, um zu beschreiben, was seine Hauptfigur zum Frühstück hatte… und dabei kennen wir noch nicht mal deren Namen! SO sieht es doch aus… anderes Thema. Ist die erste Fährte einmal aufgenommen, arbeitet das frisch formierte Ermittler-Duo sich peu à peu durch seinen ersten gemeinsamen Fall. Dies geschieht unterhaltsam, aber sehr entschleunigt. Ich möchte nicht sagen langweilig, denn dafür waren mir die Charaktere zu sympathisch. Krimi- und Mystery-Freunde, denen es nichts ausmacht, etwas seichter und mit viel Lokalkolorit unterhalten zu werden, dürften ein paar schöne Stunden (im besten Falle an einem verregneten Sonntag auf der Couch) mit „Der Oktobermann“ haben. Wer er rasant und mit ordentlich Thrill mag, ist eher weniger gut beraten.

Nicht corky… dafür etwas korkig (1,2 ‰)

Dafür, dass die Stadt Trier statistisch „nur“ zwei Morde pro Jahr verzeichnet, lässt Autor Ben Aaronovitch ja schon fast den Ausnahmezustand über dem malerischen Städtchen an der Mosel ausbrechen! Sein britischer Kollege Peter Grant könnte darüber wohl nur müde lächeln. Dieser stammt nämlich ebenfalls aus der Feder von Aaronovitch und durfte seit seinem ersten Einsatz in „Die Flüsse von London“ bereits sieben weitere Fälle lösen, die Novelle „Geister auf der Metropolitan Lane“ eingeschlossen. Ein regulärer achter Band der „Rivers of London“-Reihe ist mit „False Value“ im englischen Original für Februar 2020 vorgesehen. Selbst in die Welt der Comics hast es Police Constable Grant schon verschlagen! Drei Bände wurden bisher in Deutschland veröffentlicht: „Autowahn“, „Die Nachthexe“ und „Schwarzschimmel“.

In der „Oktobermann“ beweist Ben Aaronovitch, dass er sich für seinen ersten Deutschland-Ableger seiner Erfolgs-Reihe (über 1 Million verkaufter Exemplare!) bestens vorbereitet hat. Historische Fakten, typisch deutsche Eigenarten und viele, viele, kleine Details hat er in seine Novelle eingebaut, sodass man fast vergessen könnte, dass es sich um einen britischen Autor handelt. Das muss man dem Schriftsteller, der auch schon Drehbücher für die Kult-Serie „Doctor WHO“ beisteuerte wirklich zugutehalten… auch, wenn er es hin und wieder ZU gut mit dem Ausschmücken meint. Ebenso wie Peter Grant, berichtet auch Tobi Winter aus der Erzähler-Perspektive, was Stammleser der „Flüsse von London“ einen leichten Einstieg verschafft. Auch Neuleser sollten sich schnell zurechtfinden, da der erste Tobi Winter-Fall kein Vorwissen voraussetzt und sich mit Anlehnungen an den großen britischen Bruder dezent zurückhält und Verweise auf das Nötigste reduziert.

*nacktaufdemtischtanzend* „WIR - WOLL’N - DEN - DIETMAR HÖR’N, WIR WOLL’N DEN DIETMAR HÖR’N…!!!“ (2,9 ‰)

Das große Plus des Hörbuchs ist der Erzähler. Hier darf abermals der hervorragende Dietmar Wunder ran, der auch die Peter Grant-Abenteuer für den Jumbo Verlag eingesprochen hat. Der preisgekrönte Berliner Schauspieler und Synchronsprecher, der vielen als Stammsprecher von Adam Sandler, Sam Rockwell, Don Cheadle und 007 Daniel Craig vertraut sein dürfte, zeigt in „Der Oktobermann“ viele Facetten seines Könnens. Seine markante Stimme verleiht Vanessa Sommer eine charmant-nölige Kauzigkeit, die mir sofort sympathisch war. Dumm nur, dass ich bei Tobi Winter immer die Visage von David Spade vor dem inneren Auge hatte… wobei der Fehler da eindeutig bei mir zu suchen ist.

Fazit:

Es geht um Mord, eine gut funktionierende und charmante Zweckgemeinschaft, ein wenig Magie und um Wein. Viel Wein. Und dann… um noch mehr Wein. Es ist ja schön, dass Ben Aaronovitch die Örtlichkeiten an der Mosel so detailliert beschreibt, aber irgendwann war es dann doch zu viel. Vielleicht spielt sein nächster Deutschland-Trip ja in Krombach oder Warstein… ich hätte da so eine Idee…

Fans der „Rivers of London“-Reihe dürften die hier und da eingestreuten Anspielungen auf Peter Grant und seine Arbeit im britischen Königreich gefallen. Interessierte Hörer/Leser können „Der Oktobermann“ mal als kleine Verkostung antesten und wer weiß… vielleicht zieht es Euch bei Gefallen danach ja auch an die Themse?

Der Oktobermann: Eine Tobi-Winter-Story (Hörbuch)

Ben Aaronovitch, Jumbo

Der Oktobermann: Eine Tobi-Winter-Story (Hörbuch)

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