The Best of SNAFU: Military-Horror

  • Festa
  • Erschienen: Januar 2018
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The Best of SNAFU: Military-Horror
The Best of SNAFU: Military-Horror
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Michael Drewniok
50°1001

Phantastik-Couch Rezension vonMai 2020

Acht Mal im Kampf gegen unfair übernatürliche Gegner

- Greig Beck: Das Fossil (The Fossil; 2014), S. 7-65: Als ein zeitreisender Forscher seine Strahlwaffe unter Neandertalern verliert, soll ein Team von Spezialisten aus der Zukunft sie ohne Rücksicht auf Verluste zurückholen. Fündig werden sie erst im 21. Jahrhundert, wo es unmöglich ist unbemerkt zu bleiben.

- Jonathan Maberry/Bryan Thomas Schmidt: Back to Black (Back to Black; 2016), S. 66-184: In einer von Zombies überrannten USA treffen sich alte Freunde endlich wieder; dummerweise geschieht dies im Camp des selbsternannten ‚Generals‘ Black, der die Apokalypse nutzt, um ein Terror-Regime zu etablieren.

- Alan Baxter: Begraben im Gewölbe (In Vaulted Halls Entombed; 2015), S. 185-225: Auf der Jagd nach Terroristen geraten US-Soldaten in eine Höhle, die sich als Gefängnis erweist, dessen Wächter ungebetene Besucher buchstäblich verschwinden lassen.

- H. P. L. Johnson: Jagd auf den Mann an der Spitze (Taking Down the Top Cat; 2015), S. 226-252: Ein Drogenboss kennt sich in der mittelamerikanischen Mythologie aus, weshalb ein US-Kommandotrupp, der ihn in seiner Dschungelvilla ausheben will, auf einen Gegner trifft, den Waffen-Hightech nicht aufhält.

- Tim Marquitz/J. M. Martin: Von Sturm und Feuer (Of Storms and Flame; 2015), S. 253-282: Ein Krieg zwischen Wikingern wird durch Hexen, Geister und Monster dramatisch verschärft.

- Kane Gilmour/Jeremy Robinson: Machtdemonstration (Show of Force; 2015), S. 283-332: Ein Spezialisten-Team soll in der Wüste Gobi eine Brutstätte von Terroristen und Giftgaskochern ausräuchern, die sich jedoch auf monströse Verstärkung verlassen können.

- Richard Lee Byers: Ungeziefer (Vermin; 2016), S. 333-398: Ende des 11. Jahrhunderts müssen normalerweise spinnefeindliche Kreuzzügler und Türken irgendwo im Heiligen Land im Kampf gegen einen Hexer und seine tückischen Kreaturen zusammenhalten.

- Michael McBride: Gift (Venom; 2016), S. 399-476: Im zentralafrikanischen Dschungel soll ein Kommandounternehmen feststellen, wer die Bewohner eines Dorfes abgeschlachtet hat. Vor Ort stellt sich heraus, dass die Ursache medizinisch relevant, aber mörderisch schwierig einzudämmen ist.

Einheizen im Dies- und Jenseits

Vorab zwei Definitionen: „SNAFU“ ist die Abkürzung für „Situation Normal, All Fucked Up“ = „Lage wie üblich: Alles im Arsch“. Kürze und Knackigkeit weisen darauf hin, dass hier (US-amerikanische) Soldaten das Copyright beanspruchen. Sie dürfen sich berufsbedingt zwar fürchten, sollen aber nicht zurückweichen, auch oder gerade wenn es der gesunde Menschenverstand fordert. Hinzu kommt das an allen Fronten der Weltgeschichte beklagte Unwissen vorschriftsverliebter, ortsferner (oder gar liberaler) Vorgesetzter = „Etappenhengste“, die nie wissen, was wirklich vorgeht sowie Verstärkung und Nachschub dort verweigern, wo beides benötigt wird: Wenn gar nichts mehr geht, hilft Galgenhumor.

„Military Horror“ - Begriff Nr. 2 - umschreibt nicht jenen Stumpfsinn, der den Soldatenalltag außerhalb des Gefechts charakterisiert, sondern ist der Name für ein Subgenre der Phantastik, das schon länger existiert, sich aber seit einigen Jahren besonders prächtig entwickelt; dies parallel zur „Military Science Fiction“ und folgend dem „Military Thriller“, mit dem es begann.

Der Kampfeinsatz ist ein Abenteuer zumindest für diejenigen, die ihn als Leser oder Zuschauer oder am Joystick ‚miterleben‘. Entsprechende Fiktionen gehören zur Populärkultur. Wieso sollten sie die Phantastik aussparen? Neu ist höchstens eine Detailversessenheit, die ursprünglich dem Thriller à la Tom Clancy selig vorbehalten war: Exzessiv kommt Militärslang zum Einsatz, der Fachkenntnis vorgeben soll. Waffen werden detailliert beschrieben, was ihre Wirkung ausdrücklich einschließt. Das vermittelte Wertesystem hinter dem Abzug ist übersichtlich: Wir können die da oben in der Befehlskette nicht leiden, tun aber unsere Pflicht, ohne ausgiebig nach Sinn und Zweck zu fragen.

Gewalt ist hier durchaus eine Lösung

Während im Militär-Thriller gern heulende Muselmänner = ‚Terroristen‘ ausgetilgt werden, sind es in der Military-SF Außerirdische, die man oft, aber nicht immer fern der Erde attackiert. Der „Military Horror“ nimmt die Unholde der Nacht aufs Korn: Wer hier von eisenharten Kämpfern in Stücke gehauen oder geschossen wird, ist bereits tot oder erfüllt die Kriterien des „Monsters“, das ebenfalls ausgeschaltet gehört.

Weil zumindest Zombies höchstens durch ihre Überzahl gefährlich werden, aber ansonsten enttäuschend einfach niedergestreckt werden können, stützt sich auch der „Military Horror“ auf den Faktor Mensch, wenn ‚richtige‘ Bösewichte ihr Unwesen treiben sollen. Terroristen („Begraben im Gewölbe“, „Machtdemonstration“) und Warlords gilt es zu verfolgen, ebenfalls schurkentauglich sind Gangsterbosse, abtrünnige Militärs oder Loser mit Cäsarenkomplex. Sie rekrutieren Söldner, Rednecks u. a. Gesindel, das die Apokalypse auf Knopfdruck in plündernde, mordende, frauenschändende Wilde verwandelt, die ebenfalls den Tod ‚verdienen‘ („Back to Black“, „Jagd auf den Mann an der Spitze“).

Der fährt eine reiche Ernte ein. Ihn bei seiner Arbeit zu beobachten ist der Primärzweck dieser Geschichten, die Stimmung oder Raffinesse dagegen oft vermissen lassen. Zumindest in dieser Sammlung stellen sich beide selten ein („Begraben im Gewölbe“, „Ungeziefer“, „Gift“). Lieber wird geschossen und gestorben, die Handlung beschränkt sich auf Jagd (und Rückzug). Eine echte Auflösung bleibt aus, viele Geschichten brechen ab; dies auch, weil sie zu Serien gehören, die sich sammlungsübergreifend, aus Haudrauf-Modulen zusammensetzen, die mehr oder weniger inhaltsähnlich angeflanscht werden („Von Sturm und Feuer“, „Back to Black“, „Machtdemonstration“). Ansonsten setzt mancher ratlosen Verfasser auf den finalen Knall, der höchstens Leichen, aber keine Spuren hinterlässt und Fragen vorbeugt („Das Fossil“, „Gift“).

Action statt Ahnung

„Hit and Run“ heißt die Devise. Sind die Unholde nicht von dieser Welt, bescheren sie ihren Opfern besonders drastische Lebensenden („Das Fossil“, Begraben im Gewölbe“). Das trägt hoffentlich über die oft erheblichen stilistischen Schwächen hinweg, die sich bis in Details fassen lassen. Besonders tief im Tal der Ahnungslosen hockt diesbezüglich Greig Beck, der uns sein ebendort ersponnenes Deutschlandbild präsentiert: Da ermitteln „Wachtmeister Artur Amos“ und „Kommissar Ed Heisen“; der Fall führt u. a. in die „Wilsonstraße“; ebenfalls ins Gras beißen müssen u. a. „Rudi Hokstetor“ oder die alte „Frau Silberman“. Auf dem Niveau der in die Jahre gekommenen TV-Serie „The Walking Dead“ ärgern Jonathan Maberry und Bryan Thomas Schmidt mit ähnlich breitgequarkten, geschwätzigen Mumpitz. Durch besonders absurde Missachtung der Logik fällt H. P. L. Johnson unangenehm auf.

Interessanterweise steigert sich die Qualität der Storys, je weiter man sich dem Buchende nähert. Hat man die ersten 200 dürftigen Seiten überstanden, stellt sich endlich Lektürespaß ein. Heraus stechen „Von Sturm und Feuer“ und vor allem „Ungeziefer“. Die Handlungen spielen in der Vergangenheit. Waffenfetischismus und Pathos schlagen weniger unangenehm in Kulissen durch, die eher der „Dark Fantasy“ angehören. Richard Lee Byers traut sich an eine doppelzügige Handlung, die nicht nur leichenreich ist, sondern sogar über Einfälle sowie Humor verfügt. Vor allem letzterer ist in diesem Genre selten, klammert man jene dumpf-groben Landser-Scherze aus, die  eine ansonsten ‚männlich‘ verleugnete Kameradschaft chiffrieren sollen.

Um es abschließend noch einmal deutlich zu machen: Dieser Rezensent weiß, dass „SNAFU“ keinen feinsinnigen Horror liefern soll. Ungeachtet dessen sollten die Mindestanforderungen einer erzählenden Unterhaltungs-Literatur gewahrt bleiben. Tod und Verstümmelung allein können Handlung, Logik oder Ideen nicht ersetzen. Solange diese Trias gewahrt ist, darf ruhig der blanke Blödsinn blühen, wie Kane Gilmour und Jeremy Robinson es demonstrieren: Sie übertreiben schamlos, ohne ihre Leser mit bleierner Ernsthaftigkeit oder tumben Blazkowicz-Klonen zu malträtieren.

Anmerkung: Während hierzulande der „Military Horror“ noch ein Nischendasein fristet, können anderenorts (kleine) Verlage ihr Programm damit gestalten. Dieser Band ist eine Auswahl aus bisher mehr als einem Dutzend SNAFU-Sammlungen, die der australischen Cohesion Press seit 2014 die Existenz sichern.

Fazit:

Acht Kurzgeschichten und Novellen zeigen Krieger der Vergangenheit sowie Soldaten der Gegenwart und Zukunft im Kampf gegen Untote, Außerirdische und Monster. Die Handlung ist identisch mit Vorstoß und Rückzug, die immer wieder von Kämpfen unterbrochen werden, deren Blut-und-Metzel-Faktor den Unterhaltungswert bestimmt: vor allem in der ersten Hälfte dominieren stimmungsfreie Action und grobe Horror-Einlagen; dann wird es besser = spannender und manchmal beinahe gut.

The Best of SNAFU: Military-Horror

Greig Beck, Jonathan Maberry, Michael McBride, Jeremy Robinson, Festa

The Best of SNAFU: Military-Horror

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