Die Gilde der Schatten

  • ivi
  • Erschienen: Januar 2022
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Die Gilde der Schatten
Die Gilde der Schatten
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Andrea Betschart
72°1001

Phantastik-Couch Rezension vonMai 2022

Lektüre mit Licht und Schatten

Eine mysteriöse Diebesgilde, die ihre Machenschaften im Verborgenen ausübt, und in einer geheimnisvollen unterirdischen Stadt lebt... da wäre ich nur zu gerne Mitglied. Leider habe ich bis jetzt keine Anfrage bekommen. Ganz anders sieht das bei Farisio aus. Da er jedoch kein Interesse hat, sich freiwillig der Gilde anzuschliessen, entführen sie kurzerhand seinen Schützling. Ob das eine gute Basis für die gewünschte Zusammenarbeit ist?

Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt

Der Waisenjunge Farisio haust in den Strassen von Wirilat und schlägt sich mehr schlecht als recht durchs Leben. Hunger und Armut sind seine treuen Begleiter und stets muss er sich etwas einfallen lassen, um Geld in der Tasche zu haben. Auf einem seinen Streifzügen entdeckt er in einer Mülltonne ein kleines Mädchen. Farisio nimmt sich ihrer an und tauft sie Ileja. Um sie beide über die Runden zu bringen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als zu stehlen. Er stellt sich bei seinen Beutezügen derart geschickt an, dass er die Aufmerksamkeit der zwielichtigen Gilde der Schatten auf sich zieht. Sie wollen ihn unbedingt als neues Mitglied gewinnen, was er aber vehement ablehnt. Daher entführt die Gilde kurzerhand Ileja und setzt sie als Druckmittel ein. So in die Enge gedrängt, stimmt Farisio schliesslich zähneknirschend einer zweimonatigen Probezeit zu.

Beim obligatorischen Einstufungstest stellt sich heraus, dass Farisio über extrem seltene Begabungen verfügt und in Zukunft die Gilde anführen soll. Seine aussergewöhnlichen Fähigkeiten und Talente rufen sogleich Neider auf den Plan. Dermassen im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, gefällt Farisio gar nicht. Wie soll er denn so heimlich für sich und Ileja die Flucht planen?

Familie, Freundschaft und Geheimnisse

Die Kindheit von Farisio war alles andere als glücklich. Er wuchs ohne Vater auf und seine Mutter hat ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er für sie eine masslose Enttäuschung ist. Es erstaunt daher nicht, dass es sein grösster Wunsch ist, Anschluss und ein Zuhause zu haben. Ausgerechnet bei der Gilde der Schatten findet Farisio, was er sich so sehnlich wünscht: Freundschaft und Familie. Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein. Gerade zu Anfang macht er Bekanntschaft mit Mobbing, und muss sich mehr als einmal gegen Ungerechtigkeiten zur Wehr setzen. Dennoch lässt sich der junge Mann nicht unterkriegen und schafft es, Freundschaften zu knüpfen. Gozdek hat mit Farisio einen sympathischen Protagonisten geschaffen, der feste Wertevorstellungen hat und Widerständen mutig und selbstlos entgegentritt. Dabei ist er die ganze Zeit darauf bedacht, sein grösstes Geheimnis zu wahren. Farisio trägt eine dunkle Macht mit sich herum, deren Ausbruch er nur mit grösster Anstrengung verhindern kann. Es gibt noch viel mehr Mysterien im Zusammenhang mit Farisio, was ihn zu einer gelungenen Hauptfigur macht.

Gekonntes World-Building trifft auf schwierigen Start und Schluss

Es fiel mir anfangs schwer, richtig in die Splitterwelt einzutauchen. Es prasseln so viele Eindrücke und Informationen auf einem ein, dass es schwierig ist, den Überblick nicht zu verlieren. Auch mit der Hauptfigur Farisio brauchte ich eine gewisse Anlaufzeit. Ich stellte ihn mir stets als Jungen vor und war dementsprechend überrascht, als ich im Verlauf der Geschichte erfuhr, dass er bereits 22 Jahre alt ist. Sind diese Klippen aber einmal umschifft, entfaltet sich eine tolle und gut durchdachte Welt, die Nicole Gozdek mit vielen fantasievollen Details ausgestattet hat.

Die Gilde der Schatten punktet ebenfalls. Die Hierarchien und Strukturen sind klar und logisch nachvollziehbar, es gibt eine interessante Entstehungsgeschichte, und die vielen unterschiedlichen Talente und Begabungen der Mitglieder lesen sich spannend und abwechslungsreich. Erfrischend fand ich, dass Gozdek komplett auf eine Liebesgeschichte verzichtet hat. Mir hat die romantische Komponente überhaupt nicht gefehlt, da es auch ohne mehr als genug Unterhaltung gibt.

Im Buch tauchen neben Farisio noch viele Charaktere und Nebenhandlungen auf. Diese sind für die Story nicht in jeder Hinsicht ein Gewinn. Einige der Figuren bleiben sehr flach, so dass sie die Personenanzahl nur unnötig aufbauschen. Das gleiche gilt für die kleineren Handlungsstränge. Weniger "Abzweigungen" hätten mehr Platz für die eigentliche Geschichte gelassen. Am Ende des Buches bleiben zahlreiche Fragen ungeklärt, was für mich den grössten Minuspunkt darstellt. Inwiefern diese beantwortet werden ist unklar, da Nicole Gozdek aktuell nicht weiss, ob sie eine Fortsetzung schreiben wird.

Fazit:

Der Einstieg in "Die Gilde der Schatten" gestaltet sich zäh und es dauert eine Weile, bis man sich in der Geschichte zurechtfindet. Es lohnt sich jedoch, dran zu bleiben. Denn das World-Building wie auch der flüssige Schreibstil überzeugen. Leider bleiben am Ende viele Fragen offen und es ist noch ungewiss, ob es eine Fortsetzung geben wird. Zu hoffen wäre es, da ich die Splitterwelt und ihre Bewohner sehr gerne nochmals besuchen würde.

Die Gilde der Schatten

Nicole Gozdek, ivi

Die Gilde der Schatten

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