Anubis

  • Bastei-Lübbe
  • Erschienen: Januar 2004
  • 14
Anubis
Anubis
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Lars Hermanns
40°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJul 2006

Das hätte er besser gelassen...

Professor Mogens VanAndt lehrt Archäologie an einer kleinen Universität an der amerikanischen Ostküste. Private Gründen haben ihn einst von Harvard in ein kleines verlassenes Nest flüchten lassen. Doch nun scheint es, dass sich sein Leben ändern soll. Sein ehemaliger Kommilitone Jonathan Graves, den er zudem mit verantwortlich für sein gescheitertes Leben zeichnet, erscheint unvermittelt auf der Bildfläche und lädt ihn nach Kalifornien in die Nähe von San Francisco ein. Dort soll VanAndt an einer archäologischen Sensation teilhaben, welche die Geschichte gänzlich umschreiben wird. Widerwillig macht er sich auf den Weg, nicht ahnend, worauf er sich dabei einlässt. Sehr schnell muss VanAndt erkennen, dass sein Leben, wie er es in den vergangenen Jahren verbracht hat, nach dieser Zeit in Kalifornien nicht mehr so sein würde, wie er es gewohnt war. Er wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Und diese hat sehr schmerzliche Spuren auf seiner Seele hinterlassen...

Ein Versuch, an den Cthulhu-Mythos anzuknüpfen

Allein schon der Titel ";Anubis"; lässt erahnen, dass es bei dieser Geschichte in irgendeiner Weise um altägyptische Mythologie gehen muss. Handelt es sich bei Anubis doch letztendlich um den Totengott mit Schakalskopf. Und tatsächlich tauchen in der Geschichte auch Wesen auf, die man mit viel Phantasie als Anubisse bezeichnen könnte. Werden diese doch irgendwie wolfs- oder schakalsähnlich beschrieben, mit langer Schnauze und spitzen Fangzähnen. Doch damit hören die Zusammenhänge auch schon auf.

Die Story beginnt sehr langatmig, setzt sich langatmig fort und will so überhaupt keinen erkennbaren Höhepunkt erreichen. So dauert es ohnehin schon sehr lange, ehe man erfährt, wann die Geschichte überhaupt spielen soll. Nämlich irgendwann zu Beginn des frühen 20. Jahrhunderts. Dies erfährt man aber auch nur, weil die Beschreibung der Automobile darauf schließen lässt. Und das ist in meinen Augen nicht gerade förderlich, wenn man beim Lesen versucht, sich die Geschichte plastisch vor Augen führen zu wollen.

In der gesamten Geschichte spielen praktisch nur drei Personen eine größere Rolle:
PROFESSOR MOGENS VANANDT ist der Protagonist, dessen Geschichte wir als Leser direkt miterleben dürfen. Wir sehen alles, was er sieht, was er denkt und was er fühlt. Altersmäßig ist er Ende dreißig und trauert seit Jahren dem Tod seiner Freundin nach, die er einst schändlich im Stich gelassen hat.

DR. JONATHES GRAVES ist Mogens ehemaliger (ein Jahr jüngerer) Kommilitone, der ihn nach Kalifornien geholt hat. Er wird immer wieder als düstere Figur beschrieben, vor der sich sogar eine Katze fürchtet. Großer Wert wird dabei auf seine Hände gelegt, die er stets unter schwarzen Lederhandschuhen versteckt, und die eine Art von Eigenleben entwickelt zu haben scheinen. Darauf wird gegen Ende des Buches etwas näher eingegangen, obgleich man dies nicht wirklich als überraschende Enthüllung bezeichnen kann.

MISS PREUSSLER ist Mogens VanAndts Hauswirtin, bei der er seit Jahren lebt. Sie wird immer als sehr korpulent und unattraktiv beschrieben, mit einer nicht versteckten Zuneigung zu ihrem Professor. Sie reist VanAndt unverhofft nach Kalifornien nach, um nach dem Rechten zu sehen. Auch, um darauf zu achten, dass er wirklich wieder zu ihr zurückkehrt. Sie sorgt in der Geschichte immer wieder für eine Überraschung und soll vermutlich die Quotenfrau spielen. Ihr Alter ist nicht genauer definiert; man erfährt lediglich, dass sie einige Jahre älter als VanAndt ist.

TOM ist Dr. Graves jugendlicher Gehilfe, der sich rührend um das Archäologenteam kümmert. Er ist das Mädchen für alles und weckt in Miss Preussler nahezu mütterliche Instinkte. Eine Schlüsselrolle nimmt der Junge jedoch erst am Ende des Buches ein; wenn auch nicht allzu überraschend.

Wer nun erwartet, bei dieser Geschichte eine spannende Story um altägyptische Götter in Kalifornien vorzufinden, der wird leider maßlos enttäuscht werden. Zwar geht es irgendwie schon um die Entdeckung altägyptischer Artefakte unter der Erde Kaliforniens, doch geht gerade dies in der lahm erzählten Geschichte grundlos unter. Zu sehr versucht Wolfgang Hohlbein hierbei, nach Jahren wieder an den Cthulhu-Mythos von H.P. Lovecraft anzuknüpfen, wie ihm dies vor langer Zeit einst bei der Hexer-Saga gelungen ist. Dazu kommen noch Elemente, die einen irgendwie an ";Stargate"; erinnern. Herausgekommen ist hierbei aber leider nur ein jämmerlicher Versuch, dies in eine vermeintlich spannende Geschichte zu verpacken. Spannung will irgendwie kaum aufkommen. Und dies mag mit daran liegen, dass sich Wolfgang Hohlbein diesmal in extrem verschachtelte Sätze verstrickt. Kaum ein Satz ist kurz und knackig; beinah jeder zweite Satz ist dermaßen verschachtelt, das man nach der Hälfte das Lesens bereits wieder vergessen hat, wie der Satz überhaupt angefangen hat. Wovor einen die Deutschlehrer bereits in der Mittelstufe gewarnt haben, das wird hier par excellence betrieben. Und dies mindert den Lesefluss erheblich!

Eine Massenproduktion

Ich habe die Bücher der Hexer-Saga wirklich verschlungen. Hohlbein hat den Cthulhu-Mythos damals wirklich sehr gut aufgegriffen und umgesetzt. Doch bei Anubis kratzt er damit leider nur grob an der Oberfläche. Der Grundgedanke Lovecrafts, dass die ";Großen Alten"; so schrecklich aussähen, dass deren bloßer Anblick allein schon den Wahnsinn bedeute, wird bei Hohlbeins Darstellung in ";Anubis"; leider völlig außer Acht gelassen. Auch erwähnt Hohlbein den Begriff ";Die Großen Alten"; nur einmal kurz am Rande, ohne weiter darauf einzugehen. Wer sich nicht schon vorher mit anderen Büchern über dieses Thema befasst hat, kann damit praktisch gar nichts anfangen. Viel zu wenig wird bei ";Anubis"; auf eben dieses Thema eingegangen.

Ich finde es wirklich enttäuschend, wie Wolfgang Hohlbein hier mit einer Art Massenproduktion vor die Leser tritt. Was rein thematisch nach einer Hammerstory klingt, entpuppt sich leider schon sehr schnell als langatmige, langweilige Abenteuergeschichte nach Art eines Indiana Jones. Die Titelfigur kommt praktisch gar nicht vor, bzw. wird nur am Rande kurz als solche erwähnt. Die Wesen, die stattdessen vorkommen (und vermutlich den Anubis darstellen sollen), werden viel zu wenig beleuchtet, als dass man wirklich von einem Namensgeber einer Geschichte sprechen könnte. Auch sind in dieser Geschichte am Ende viel zu viele Fragen offen, als dass man das Buch später zufrieden zur Seite legen könnte. Da fallen die Wesen zunächst in eine Art Totenstarre, um dann teilweise doch recht agil zu werden. Wieso werden aber nicht alle Wesen wieder aktiv? Und wieso reagieren die Protagonisten nicht auf das Erscheinen des Großen Alten, wie man dies aufgrund des angeschnittenen Chtulhu-Mythoses erwarten würde?Interessant ist, wie Wolfgang Hohlbein am Ende der Geschichte noch das große Erdbeben vom 18.04.1906 mit einbaut, bei dem große Teile von San Francisco durch ein großes Feuer verwüstet worden sind. Dieser laue Versuch, einen Bezug zur Realität zu bilden, kann dem Leser eigentlich nur dazu dienen, eine genauere Definition der Zeit zu finden, in der die Geschichte spielen soll. Interessant, aber auch nicht wirklich bahnbrechend.

Wer wirklich gute Bücher von Hohlbein über den Ctulhu-Mythos lesen möchte, der möge sich lieber die Hexer-Reihe zulegen. Diese ist wirklich durchweg spannend und düster geschrieben und wird der Vorlage des H.P. Lovecraft wenigstens einigermaßen gerecht. ";Anubis"; hingegen enttäuscht auf der ganzen Linie!

Anubis

Wolfgang Hohlbein, Bastei-Lübbe

Anubis

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