Polaris

  • Bastei-Lübbe
  • Erschienen: Januar 2006
  • 0
Polaris
Polaris
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Carsten Kuhr
70°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJul 2006

SF-Krimi at its Best

Sechzig Jahre ist es her, da verschwand die Besatzung des Raumschiffes Polaris spurlos mitten im Raum. Rettungskräfte fanden nur eine abgeschaltete Künstliche Intelligenz und ein funktionstüchtiges, aber verlassenes Raumschiff. Auch die intensive Suche nach den verschwundenen sechs hochkarätigen Wissenschaftlern und der Pilotin führte zu nichts. Gerüchte über Aliens, die die Verschollenen entführt haben sollen, machen die Runde. Es bilden sich Vereine, die die Erinnerung an das Mysterium hochhalten, und auf Tagungen wird über die Ursachen spekuliert.

Der bereits aus dem Roman ";Die Legende von Christopher Sims"; bekannte Alex Benedict und seine Mitarbeiterin Chase sind freie Unternehmer. Im Auftrag ihrer zahlungskräftigen Kundschaft suchen sie nach raren Antiquitäten und haben sich in diesem schwierigen Metier einen Namen gemacht. Ihr Unternehmen steht bei den Sammlern für Seriosität und Diskretion. Als Reste der persönlichen Überbleibsel der Crew der Polaris versteigert werden, gelingt es ihnen vorab einige der Relikte zu erwerben. Kurz darauf explodiert eine Bombe und zerstört alle anderen Artefakte. Damit nicht genug, kurz darauf wird bei Alex eingebrochen, jedoch nichts gestohlen. Das Rätsel um den Einbruch weckt Alex' Neugier. Was und wer steckt hinter den Verbrechen, was ist vor 60 Jahren wirklich passiert, und warum versuchen Unbekannte alle Überbleibsel der verschwundenen Besatzung zu vernichten? Chase und Alex machen sich auf, das Rätsel akribisch zu erforschen und stossen bald auf erste Spuren. Doch dann bedrohen zwei Mordanschläge unser findiges Duo. Sind sie dem Geheimnis zu nahe auf die Spur gekommen?…

Jack McDevitt ist insbesondere für seine Romane um die Pilotin Hutch bekannt. Diesmal setzt er seinen Lesern andere Kost vor. Mehr ein Roman der sich Stilmittel aus Detektiv-Plots bedient als ein Weltraumabenteuer erwartet seine Leser. So gibt es diesmal keine untergegangene ausserirdische Kultur, die es zu erforschen gilt, keine monatelangen Reisen durch den Weltraum sondern, im Wesentlichen ein Planetenabenteuer. Zusammen mit unseren beiden Helden machen wir uns auf die Forschungsreise in die Vergangenheit. Geschickt lässt der Autor uns durch die Augen unserer Protagonisten immer wieder Hinweise zukommen, die ein Miträtseln ermöglichen. So wird die Suche nach der Wahrheit zur spannenden Beschäftigung mit Spuren, Vermutungen und Fakten. Auch wenn die Lösung sich ein wenig zu früh abzeichnet, bleibt die Spannungskurve durch die behutsame Enthüllung immer neuer Fakten, die jeweils das Puzzle neu ordnen, durchgängig und hoch.

Bannt des Leser ohne gigantische Weltraumschlacht

Wie das bei McDevitt üblich ist, kommt der Autor fast ohne Gewaltschilderungen aus. Entsprechende Vorgänge finden zwar Erwähnung, stehen aber nie wirklich im Zentrum, geschweige denn dass sie zum Selbstzweck werden. Die Faszination, die auch dieser Roman wieder ausstrahlt, kommt von der Jagd nach der Auflösung des verzwickten Rätsels, kommt von der Intimität, die der Autor uns vermittelt.

McDevitt versteht es wie wenige Andere, seine Leser in seine authentisch gezeichneten Personen hineinzuziehen. Dabei ist auffällig, dass er als Mann immer wieder Frauen ins Zentrum seiner Bücher stellt. Und diese Protagonistinnen werden uns als vielschichtige Menschen voller Ecken und Kanten beschrieben. McDevitt besitzt die Gabe, seine Personen als Unikate zu portraitieren. Selbst Nebenfiguren, die nur kurz im Text auftauchen neben plastisch Gestalt an, prägen sich, ob ihrer Besonderheiten ein. Noch mehr gilt dies natürlich für seine Handlungsträger. Zwar ist die Zeitdauer der Handlung zu kurz, um bei diesen merkliche Entwicklungen feststellen zu könne, dafür entschädigen aber ständig neue Facetten, die seine Personen offenbaren, und auch das Verhältnis zueinander ist ständig im Fluss.

Wieder einmal zeigt McDevitt, dass es keiner gigantischen Weltraumschlachten bedarf, dass keine globalen Katastrophen drohen müssen, um dem Leser förmlich an die Seiten eines intelligenten, kurzweiligen und fesselnden Buches zu bannen.

Polaris

Jack McDevitt, Bastei-Lübbe

Polaris

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