Requiem für einen blutroten Stern

  • Drachenmond Verlag
  • Erschienen: Oktober 2023
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Requiem für einen blutroten Stern
Requiem für einen blutroten Stern
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Lisa Reim-Benke
70°1001

Phantastik-Couch Rezension vonFeb 2024

Viktorianisches London mit Vampiren

London, 1873: Der Pianist Cedric Edwards ist todkrank. Seine erste Ehefrau starb bereits an Tuberkulose und nun drohen die beiden Töchter und Cedrics zweite Frau Ruth allein zurückzubleiben. Das schwierige Verhältnis zu Ruth, seine Trauer um seine erste Frau und die Verantwortung für seine Töchter belasten Cedric zunehmend. Doch dann macht ihm seine Ärztin Dr. Shaw ein Angebot: Sie möchte an ihm eine neuartige Behandlungsmethode ausprobieren. Doch der Preis für die mögliche Genesung ist hoch und Cedric wird merken, dass Unsterblichkeit nicht immer eine erstrebenswerte Eigenschaft ist.

Auch der junge Dorián hat es nicht leicht. Er wird von einem merkwürdigen Gönner in ein Waisenhaus in Italien gebracht. Obwohl es ihm hier an nichts mangelt, bemerkt Dorián schnell, dass das Waisenhaus nicht das ist, was es zu sein scheint, und dass sein exzentrischer Retter eine Menge dunkler Geheimnisse verbirgt.

Schwere Entscheidungen und noch schwerere Schicksalsschläge

Eine Soap-Opera angesiedelt im Europa des 19. Jahrhunderts mit Vampiren. So lässt sich Anika Beers Roman wohl am besten charakterisieren. Ihr Roman ist dabei weit entfernt von den aufgeregten, düsteren Vampirabenteuern mit unbeschreiblich gutaussehenden Protagonisten. Diese Geschichte hier ist anders und doch bringt sie die allseits beliebte und teilweise abgenutzte Vampirthematik gut auf den Punkt.

Schon auf den ersten Seiten etabliert Anika Beer die schwermütige Atmosphäre, die sich durch das gesamte Buch zieht. Für dieses Buch sollte man auf jeden Fall in der richtigen Stimmung sein. Das Vampir-Thema ist dabei eigentlich „nur“ Mittel zum Zweck. Der gedrückten Stimmung folgend geht es um die inneren Konflikte der Figuren, um ihre Entwicklungen und Entscheidungen. Und das ist der Autorin ausgezeichnet gelungen!

Anika Beer kann exzellent mit Worten umgehen. Ihr Stil ist eloquent und präzise, sodass sie es auf wenigen Seiten – ach was, eigentlich schon in wenigen Zeilen – schafft, den Figuren Leben einzuhauchen. Ganz fasziniert beobachtet man Cedric und Dorián deshalb auf ihrem Weg und leidet mitunter heftig mit ihnen mit. Trotzdem kann sich der Roman nicht von einem typischen Problem befreien, an dem viele charakterlastige Werke leiden: Es zieht sich. Einige Situationen wiederholen sich, ohne dass dabei ein neuer Aspekt gezeigt werden würde. Irgendwann dreht sich alles nur noch im Kreis und macht das anfänglich enthusiastische Lesen zu einer schleppenden Bemühung.

Historisch ≠ historisch

Das historische Setting bietet einige interessante Schauplätze und Kontexte. An manchen Stellen finden sich jedoch ein paar Unstimmigkeiten. So ist Dr. Shaw beispielsweise Psychoanalytikerin, bevor es die Psychoanalyse überhaupt gab. Solche Fehler betreffen zwar nur Details, wer sich aber wie ich davon immer wieder aus dem Lesefluss reißen lässt, sollte sich entsprechend wappnen.

Ein weiteres Problem bei Anika Beers Werk – und bei historischen Romanen im Allgemeinen – ist oft der Umgang mit dem damaligen Zeitgeist. Dass sich die Rollenbilder, Einstellungen und moralischen Überzeugungen von unseren unterscheiden, ist vollkommen klar. Dennoch verhalten sich die Protagonisten oft ganz anders als ihre Mitmenschen und sodass ihre Lebensweise mehr der unserer heutigen Gesellschaft gleicht. Natürlich kümmert sich Cedric auch um die Kindererziehung, natürlich kann er mit den gesellschaftlichen Normen nichts anfangen und natürlich hat seine erste Ehefrau gearbeitet und nebenher noch studiert. Hier spürt man immer wieder die Handschrift der Autorin aus dem Jahre 2023. Und wenn man solche Protagonisten in fast jedem historischen Roman findet, wirkt das irgendwann doch sehr absurd.

Fazit:

„Requiem für einen blutroten Stern“ ist ein melancholisches Vampir-Drama, das viel Fokus auf die Charaktere legt. Tiefgründig und eindrucksvoll geschrieben, aber bisweilen auch langatmig und mit Fehlern im historischen Setting. Insgesamt eine Mischung, die wahrscheinlich nicht jedem gefallen dürfte, aber auch viele Fans finden wird.

Requiem für einen blutroten Stern

Anika Beer, Drachenmond Verlag

Requiem für einen blutroten Stern

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