Der Knochenwald

  • Penhaligon
  • Erschienen: September 2023
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Der Knochenwald
Der Knochenwald
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Julian Hübecker
75°1001

Phantastik-Couch Rezension vonOkt 2023

Mehr Psycho als Horror

Mitten im Wald auf einem Berg findet sich ein Holzhaus nebst Lager- und Klohütte. Hier leben die Eheleute Mattie und William und ernähren sich von dem, was der Wald hergibt und sie selbst anbauen können. Was friedlich klingt, ist für Mattie aber wie ein Gefängnis: Wiederholt geschlagen und gedemütigt, muss sie sich ihrem Mann unterordnen. Bis eines Tages ein Ungeheuer im Wald erscheint und den Berg für sich beansprucht …

„Sie würde nicht darüber nachdenken, wie seltsam das alles war, denn William sagte immer, was sie zu denken hatte (…).“

Mattie weiß, wie eine gute Ehefrau sich zu verhalten hat: Sie hat ihrem Mann zu gehorchen, für ihn zu sorgen, stellt keine Fragen und gibt schon gar keine Widerrede – und sie hat ihm einen Sohn zu schenken. Ansonsten hat der Mann das Recht, seine Frau zu bestrafen und zu disziplinieren. Daher muss William sie auch ständig schlagen: weil sie keine gute Ehefrau ist. Aber sie kann nicht anders: Sie ist neugierig und neuerdings ist da die Stimme in ihrem Kopf, die sich William widersetzen will.

Alles beginnt damit, dass Mattie einen Fuchskadaver auf der Lichtung findet, nicht unweit der einsamen Berghütte, in der die beiden leben. Sie befürchtet einen großen Bären. William und sie machen sich auf die Suche und stoßen auf eine große Höhle, in der feinsäuberlich sortiert die Knochen unterschiedlicher Lebewesen zu finden sind. Für William steckt da klar ein Dämon hinter, den er töten muss, eine Prüfung Gottes; hat William diese Aufgabe bestanden, schenkt Gott ihm sicherlich einen Sohn.

Doch nicht nur William und Mattie sind auf den Dämon aufmerksam geworden, sondern auch drei Kryptozoologen, die eine unbekannte Spezies vermuten. Die drei – CP, Griffin und Jen – stoßen aber auf die Eheleute und sind entsetzt über die verschüchterte und mit Blutergüssen übersäte Mattie. William dagegen ist fuchsteufelswild wegen der Eindringlinge, aber hat anscheinend auch ein wenig Angst vor ihnen – so glaubt Mattie es wahrzunehmen. Was verbirgt William? Und wer sind Samantha und Heather, an die sich Mattie immer mehr erinnert?

Ein Mix aus Psychohorror und Übernatürlichem

Das neue Buch von Christina Henry unterscheidet sich von ihren anderen dahingehend, dass es weder eine Märchen-Adaption ist noch eine mystisch angehauchte Horrorgeschichte. Vielmehr steht der Terror Williams seiner Frau Mattie gegenüber im Vordergrund, während sich eine übernatürliche Komponente einschleicht. Das Ungeheuer wird dabei nie klar benannt; einzig eine klauenbewerte Pfote/Hand/Pranke bekommen die Protagonisten zu Gesicht und vernehmen wiederholt das grausige Gebrüll der Kreatur.

Für Mattie ist die Kreatur jedoch ein Befreiungsschlag, denn erstmals traut sie sich, an eine Flucht von William zu denken. Daher lag auch die Vermutung nahe, dass dieses Ungeheuer in irgendeiner Weise mit ihr zusammenhängt – so wie es beispielsweise in „Sleepy Hollow“ oder „Der Geisterbaum“ der Fall war. Allerdings ist bis zum Schluss keine Verbindung ersichtlich und der rationale Teil der Lesenden bleibt unbefriedigt. Damit muss man klarkommen: Die Kreatur ist eine Randerscheinung und zentrales Element gleichzeitig. Matties Flucht wird durch ihr Auftauchen vorangetrieben, Williams Wahnsinn bekommt neue Züge. Vor allem aber findet Mattie nach und nach heraus, wo sie eigentlich herkommt.

Den letzten Punkt hat Christina Henry wieder sehr schlüssig durch Rückblenden und Erinnerungen Matties aufgebaut. Ihre Art zu schreiben ist für das Horror-Genre optimal, weil sie mit Informationen spielt und sie häppchenweise und immer angedeutet den Lesenden serviert. In dieser Hinsicht darf man sich wie gewohnt auf spannende Horror-Literatur freuen.

Fazit:

Christina Henry erfindet sich immer wieder neu! Die Psycho-Elemente weiß sie geschickt für sich einzusetzen, doch verliert sie den Horror dabei aus den Augen. Die Verbindung zwischen zwei wesentlichen Elementen – Mattie und der Kreatur – fehlt leider, um ein schlüssiges Bild zu liefern.

Der Knochenwald

Christina Henry, Penhaligon

Der Knochenwald

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