Stadt der Dämonen: Ein Daniel-Faust-Roman (1)

  • Heyne
  • Erschienen: März 2024
  • 0
Stadt der Dämonen: Ein Daniel-Faust-Roman (1)
Stadt der Dämonen: Ein Daniel-Faust-Roman (1)
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Marcel Scharrenbroich
88°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2024

Hartes Pflaster Unterwelt

Willkommen im zehnten Kreis der Hölle

Taschenspieler, Kleinganove und Gelegenheitsdetektiv. Daniel Faust hat es ebenso dick hinter den Ohren, wie sein Nachname es vermuten lassen könnte. Und er kennt sein Revier. Spartanisch eingerichtet, knapp bei Kasse, jedoch stolzer Besitzer eines ramponierten Fords und einer stattlichen Sammlung leerer Schnapsflaschen. Von der Hand in den Mund… beziehungsweise gleich in die Kehle. Klingt nach einem Marlowe‘esquen Schnüffler ohne Perspektive, der sich mit Vorliebe in verrauchten Spelunken herumtreibt und stets darauf wartet, dass eine aufregende Blondine hereinstöckelt und ihn mit dem vermeintlichen „Fall seines Lebens“ in den Abgrund reißt. Ja, genau DAS wäre der klassische Hardboiled-Noir-Stoff. Doch wir sind hier weder bei Raymond Chandler, noch streifen wir zu trübseligen Jazz-Klängen durchs nächtliche L.A., New York oder Chicago. Wir befinden uns nämlich in der Glitzermetropole schlechthin, Nevadas Zocker-Paradies und geldverschlingende Touristen-Hochburg. Und wir haben es nicht mit Kartentricks oder Hütchenspielern zu tun. Ich rede hier von Magie… richtiger Magie. Willkommen in der Welt der Zauberer und Dämonen. Willkommen in Vegas, Baby!

Abwärtsspirale

Von der Hand in den Mund… hatten wir schon gesagt. So ist es nicht verwunderlich, dass Daniel Faust als Privatermittler einen gut bezahlten Fall nur schwer ablehnen kann. Einen Fall, den die Polizei selbst schon zu den Akten gelegt hat. Schnell. Zu schnell? Ein alter Mann, Jud Pankow sein Name, ist sich dessen sicher. Es geht um seine Enkelin Stacy. Sie wurde tot in einem unterirdischen Sturmtunnel gefunden, ertrunken…, wenn man den offiziellen Berichten Glauben schenken mag. Nun, Jud tut das nicht. Nachdem das Mädchen ihr Elternhaus verlassen hatte, geriet es auf die schiefe Bahn. Lernte zwielichtige Typen kennen, die es alles andere als gut mit ihr meinten. Artie Kaufman, ein schmieriger Porno-Produzent, nahm sie unter seine Fittiche. Machte sie zum „Star“ in der Szene. Und die Filme waren… hm, eher spezieller Natur. Roh, brutal, erniedrigend. Etwas, worauf Jud Pankow keinen Einfluss nehmen konnte. Und was ihm nun das Herz zerreißt. Spätestens jetzt klingeln bei Faust alle Alarmglocken. Er weiß, was für ein Sündenpfuhl diese Stadt unter ihrer dauerleuchtenden Fassade ist. Selbst ohne den magischen Krimskrams. Aussicht auf eine ordentliche Bezahlung, schön und gut. Doch als er Jud in die verzweifelten Augen schaut, würde er diesen Job auch umsonst übernehmen. Und damit beginnt sein großer Fall… ganz ohne laszive Blondine. Was jedoch nicht heißt, dass seine Ermittlungen ihn nicht in den Abgrund ziehen werden.

Einen ersten Vorgeschmack bekommt Daniel Faust, als er sich unter die pulsierende Stadt begibt, um den Fundort von Stacys Leiche nach Spuren zu erkunden. Dort erfährt er von einem Obdachlosen, dass der Körper des Mädchens dort abgelegt wurde. So viel zur vermeintlichen Todesursache, dass sie dort während eines Unwetters ertrunken sei. Außerdem sollen Cops involviert sein. Dass Gesetzeshüter und Korruption in der sündhaften Stadt gerne mal im Doppelpack aufkreuzen, ist für den erfahrenen Daniel Faust nichts Neues. Dass er in den Tiefen des Tunnels aber einen rachsüchtigen Geist antrifft, der vielleicht einmal Stacy war, und den er sich trotz seiner Schutzzauber nur schwer vom Leib halten kann, hebt die Geschichte auf ein ganz anderes, übernatürliches Level.

Daniels weitere Ermittlungen führen ihn knietief in den Porno-Sumpf. Er lässt sich mit gefährlichen Leuten ein, in der Gefahr, sein Glück überzustrapazieren. Glücklicherweise hat er aber auch Verbündete… Freunde, die er „Familie“ nennt. Und die steht ihm als Teil eines geheimen, okkulten und vor den Augen der Öffentlichkeit verborgenen Zirkels mit Rat und Tat zur Seite. Hilfe ist nur zu gerne willkommen, denn Daniels Feinde sind mit den Mächten der Hölle im Bunde. Eine blutrot gesponnene Intrige reicht bis zum Herrscher der Unterwelt persönlich… und lässt Daniel Faust auf die schöne Caitlin treffen. Der rechten Hand des Höllenfürsten.

Ein Fest für Urban-Fantasy-Freunde

„Ach neeee… nach Ben Aaronovitchs „Die Flüsse von London“-Geschichten, den „Alex Verus“-Romanen von Benedict Jacka, Jim Butchers „dunklen Fällen des Harry Dresden“ und den „magischen Buchhändlern von London“ aus der Feder von Garth Nix NOCH eine fortlaufende Urban-Fantasy-Reihe?“, höre ich hier manchen laut denken? JA, denn gut geschriebene Spannungsliteratur mit magischem Touch kann es nicht genug geben! Zumindest dann, wenn man sich in diesen Gefilden gerne bewegt, ja, sogar heimisch fühlt. So kommen Freundinnen und Freunde dieser Phantastik-Sparte hier voll auf ihre Kosten, denn Craig Schaefer (Pseudonym der Autorin Heather Schaefer; „Die Geister von New York“) gelingt es ganz vorzüglich, klassische Kriminalliteratur mit dem Übernatürlichen zu vermengen. Gleich Daniel Fausts erster Fall legt ein ordentliches Tempo vor und etabliert Stück für Stück die Welt hinter/unter der Glitzermetropole. Schaefer hält sich nicht lange mit Fakten auf, um den Charakter gleich zu Beginn auf Teufel komm raus (*hi, hi, hi*) zu etablieren. Faust wird gleich mit Tatsachen konfrontiert, der Rest ergibt sich im weiteren Verlauf. So bekommen wir immer wieder Interessantes über ihn und auch die dämonische Welt abseits der einarmigen Banditen und Black-Jack-Tische serviert. Erzählt wird das Ganze aus Fausts Perspektive, was der Neo-Noir-Story noch den klassischen Hardboiled-Schliff verleiht. Schaefer hält sich auch nicht zurück, wenn es um explizite Beschreibungen geht. Stacys hartes Schicksal ist extrem brutal beschrieben, während es bei einer prickelnden Sex-Szene schmerzhaft-lustvoll zur Sache geht (*rrrrrrr*).

2014 unter dem Titel „The Long Way Down“ in den Staaten erstveröffentlicht, schlägt die Reihe um Daniel Faust dank HEYNE nun auch bei uns auf. Mit „Sophias Geister“ ist ein weiterer Band bereits erhältlich. Geht man aber nach den US-Veröffentlichungen, steht uns noch Einiges bevor. Allein Daniel Faust schlägt sich bereits durch elf Bücher, doch damit nicht genug. Mit „Harmony Black“ und „The Revanche Cycle“ entstanden daraus bereits mehrteilige Ableger und in der „Wisdom’s Grave Trilogy“ kam es sogar zu einem Crossover beider Serien mit Daniel Faust. Weitere Spin-offs sind „The Midnight Jury“ und „Charlie McCabe“. Wir kratzen also noch an der Oberfläche!

Fazit:

„Stadt der Dämonen“ ist ein Auftakt nach Maß und lässt uns in einer Achterbahnfahrt zwischen Glitzer- und Unterwelt durch einen höllischen Tunnel voller Twist-Loopings und Crime-Kurven rasen.

Stadt der Dämonen: Ein Daniel-Faust-Roman (1)

Craig Schaefer, Heyne

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