Splittertal - Im Schatten der Berge

  • Einhorn-Verlag
  • Erschienen: April 2023
  • 1
Splittertal - Im Schatten der Berge
Splittertal - Im Schatten der Berge
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Marcel Scharrenbroich
70°1001

Phantastik-Couch Rezension vonDez 2023

Wege und Umwege

Ins offene Messer

Tief im Gebrochenen Gebirge befindet sich das Dorf Splittertal. Umgeben von schwebenden Felsen und Inseln, die exotische Wesen und eine farbenfrohe Flora beheimaten. In den vier Siedlungen von Splittertal leben die Arahmi. Ein fast vergessenes Volk, welches dort den dringend benötigten Schutz findet. Denn die Arahmi haben viele Feinde und werden von diesen gnadenlos gejagt. Darunter auch die Ellehniten. Vor ihnen warnt regelmäßig der mysteriöse Seher des Dorfes, der sein Gesicht hinter einer Knochenmaske verbirgt. Seine Träume sind Visionen. In diesen sah er, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis das kriegerische Volk die letzten Arahmi in ihrer Zuflucht aufspüren würde. Dies predigt der Seher auch immer wieder den jüngsten Bewohnern Splittertals. Ebenso, dass die Kinder ihren Beitrag für eine funktionierende – und vor allem sichere – Gemeinschaft leisten müssen. Unter ihnen befindet sich die sechzehnjährige Netipha, die schon seit ihrer Geburt in Splittertal lebt. Für sie sind die mahnenden Worte des Sehers fast schon ein alter Hut.

Nun hat der Seher aber eine besondere Aufgabe für die Jung-Arahmi. Zusammen mit dem liebenswerten Tuk, ihrem besten Freund, soll Netipha zum ersten Mal ohne die Begleitung eines Erwachsenen das Dorf verlassen. Die beiden sollen den sogenannten Kleinen Bruder besuchen, einen schwebenden Berg in der Umlaufbahn von Splittertal. Dort sollen sie ein Ei eines Pfauenhabichts bergen und es dem Seher bringen. Eine Frage nach dem „Warum“ ist nicht gestattet, schließlich muss jeder einmal seinen Teil beitragen. Eine nicht ungefährliche Aufgabe, wie Netipha und Tuk schon bald am eigenen Leib erfahren müssen. Ihre Mission ist zwar erfolgreich, doch zu welchem Preis? Beide kehren mit Narben zurück, die sie fortan kennzeichnen. Doch damit ist ihr Weg noch lange nicht beendet… er fängt gerade erst an. Und der Seher spielt nicht mit offenen Karten, wie alle Beteiligten schon sehr bald sehen werden.

Weltenschöpfer

„Splittertal“ ist nicht nur die Reise von Netipha und Tuk, die auf die harte Tour die Schwelle zum Erwachsensein überschreiten, sondern auch von zahlreichen anderen Charakteren. Zum Beispiel vom Schatzjäger/Plünderer Berrel, des grünhäutigen Orks Arrosch, von Netiphas Ziehmutter Anita, Georg, einem ehemaligen Obersten Wachhabenden von Splittertal, oder gar Karr, dem Seher, höchstselbst. Wege trennen sich, während Schicksale unausweichlich miteinander verknüpft sind.

Autor Adam Frost nutzt diesen ersten Band, um möglichst viel der von ihm erdachten Welt vorzustellen. Dass er dafür Netipha und Tuk gleich mal in ihr Unglück rennen lässt, ist ein gelungener Kniff. Da die Gepflogenheiten von Splittertal selbst uns am Anfang bereits vom Seher während seiner Ansprache vorgebetet werden, sind wir ungefähr auf dem gleichen Stand wie Netipha und Tuk, was das Treiben außerhalb des Dorfes angeht. Wir entdecken die Welt – oder zumindest einen kleinen Teil davon – durch die Augen der Protagonisten. Da die fantasievolle Umgebung nur so von Pflanzen und eigenartigen Geschöpfen wimmelt, finden sich immer wieder Zeichnungen im Buch, was eine gelungene Abwechslung bietet. Zwischendrin gibt es eingeschoben alte Aufzeichnungen des Sehers, die dem Worldbuilding dienlich sind.

Für einen Auftaktband klingt das doch geradezu perfekt, nicht wahr? Nun ja, in der Theorie schon, doch in der Praxis wird es uns Lesern nicht einfach gemacht. Die Kapitel sind zwar kurz und knackig gehalten, jedoch wechselt Frost ständig von Charakter zu Charakter. Zahlreiche Figuren machen es schwer, die Übersicht zu behalten. Das erfordert beim Lesen viel Aufmerksamkeit, denn ehe man sich versieht, ist man plötzlich aus dem Flow. Auch erschließt sich erst spät, wo und wie überhaupt der rote Faden gespannt ist, was schnell zu Frust führen kann. Ich persönlich war mehrfach nah daran, komplett aus der Story geworfen zu werden. So muss es freilich nicht jedem gehen, doch konzentriertes Lesen ist hier durchaus angeraten.

Liegt gut in der Hand

Der nicht gerade für Fantasy-Literatur bekannte EINHORN Verlag (obwohl sich das bei dem Namen doch regelrecht anbietet!) hat mit „Splittertal – Im Schatten der Berge“ ein absolut hochwertiges Buch auf den Markt gebracht, das regelrecht „Fantasy“ schreit. Ein dezentes – und doch so vielsagendes – Frontmotiv, goldene Spotlack-Lettern, schnörkelige Verzierungen und eine samtweiche Oberfläche, die immer wieder zum Greifen verführt. Ein schmuckes Hardcover, das jedes Fantasy-Regal bereichert.

Fazit:

„Splittertal – Im Schatten der Berge“ macht im Grunde das, was jede Genre-Saga erstmal macht: eine Welt vorstellen, Charaktere etablieren und Weichen für Kommendes stellen. Das gelingt zwar, macht es durch die recht unkonventionelle Erzählweise aber häufig unnötig kompliziert. Ob ich in eine kommende Fortsetzung leicht wieder einsteigen könnte, wage ich deshalb zu bezweifeln… lasse mich aber gerne eines Besseren belehren, sollte Adam Frost bald wieder nach Splittertal einladen.

Splittertal - Im Schatten der Berge

Adam Frost, Einhorn-Verlag

Splittertal - Im Schatten der Berge

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