Five Minds

In einer fernen Zukunft wird die Lebenszeit der Menschen reguliert. Jeder muss sich für eine von vier vorgegebenen Optionen entscheiden. Zugegeben, mir erscheint keine besonders erstrebenswert. Eine davon jedenfalls ist die Vereinigung von fünf Persönlichkeiten in einem Wirtskörper. Mike, Ben, Sierra, Kate und Alex haben sich genau dafür entschieden. Fast 25 Jahre leben sie so schon unter diesen Umständen zusammen, als kurz vor dem anstehenden Wechsel in einen neuen Wirtskörper das eigentlich Unmögliche geschieht. Einer von Ihnen ist offenbar aus dem Körper verschwunden.

Fünf mal vier Stunden

„Five Minds“ ist das Debüt des britischen Autors Guy Morpuss. Bereits 2021 im Original erschienen, veröffentlicht der Atrium Verlag das Werk nun auch in einer Übersetzung von Joachim Körber bei uns. Die raffiniert einfach konstruierte Prämisse fesselt von Anfang an. Morpuss erzählt die Ereignisse zunächst aus Sicht der fünf genannten Charaktere in chronologischer Reihenfolge. Jede Persönlichkeit ist nur vier Stunden am Tag bei Bewusstsein. Diese Stunden verlaufen dabei stets ohne das Wissen der Übrigen ab. Nur ein internes Nachrichtensystem ermöglicht gegenseitigen Austausch. Trotz eines gemeinsamen Körpers sind Konflikte und Meinungsverschiedenheiten nicht ausgeschlossen. Und es gibt immer wieder Überraschungen, welchen Ort und Zustand der jeweilige Vorgänger für gewählt hat. Das Verschwinden von Mike stellt jedenfalls alle vor eine gänzlich neue und unerwartete Herausforderung.

Wo ist Mike?

Morpuss erzählt spannend, auch weil er die Handlung kompakt verdichtet. Er überführt die Lebenskonstellation mit den übergeordneten Regularien ohne ausufernde Details in ein nachvollziehbares Zukunftsszenario. So entwickelt sich schnell eine dichte und packende Atmosphäre. Wichtiger Schauplatz ist ein sogenannter Death Park. Hier können die Menschen in virtuellen - aber lebensechten - Spielen Lebenszeit gewinnen oder auch verlieren. Ein nicht ungefährliches Unterfangen, denn natürlich ist auch Tür und Tor für kriminelle Machenschaften geöffnet. Für uns Lesende gerät das zusätzlich unterhaltsam. Denn die ausgetragenen Spiele an denen teilgenommen wird, sind stets wie kleine abgeschlossene und sehr ideenreich aufbereitete Episoden.

Im Vordergrund steht die Aufklärung um das mysteriöse Verschwinden von Mike. Als alle befürchten, dass offenbar einer von ihnen verantwortlich ist, hält mehr als nur Misstrauen Einzug. Bei den mühsamen Ermittlungen geraten sie an zwielichtige Gestalten, sehen sich immer wieder mit den individuellen Eigenheiten und Entscheidungen ihrer Mitstreiter konfrontiert. Die Gefahr für die „Five Minds“ nimmt dabei mit jeder fortschreitenden Stunde zu.

Auch wenn die Auflösung leider nicht sonderlich überraschend oder außergewöhnlich gerät, passt sie dennoch gut zur Geschichte. Aber die Stärke von „Five Minds“ bleibt der clever und temporeich erzählte Weg von fünf Menschen, die eine für alle von ihnen tödliche Bedrohung abwenden müssen. Gemeinsam in einem geteilten Körper, in einem regulierten, aber ebenso gefahrvollen System, ist jeder von ihnen auch immer wieder auf sich allein gestellt.

Fazit:

„Five Minds“ ist ein packender Sci-Fi-Thriller, der geschickt klassische Krimi-Handlung mit einem faszinierenden, futuristischen Setting verbindet. Guy Morpuss weckt mit seinem Debüt gleich mal Erwartungen an weitere Veröffentlichungen, die hoffentlich nicht lange auf sich warten lassen. „Blake Lake Manor“ ist jedenfalls im englischen Original bereits erschienen. Hoffnungsvoll wartend auf die Ankündigung der deutschen Übersetzung, würde ich mich ebenso über eine Verfilmung dieses Erstlings freuen.