Die besten Stories von 1939

  • Moewig
  • Erschienen: April 1982
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Michael Drewniok
90°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2025

15 Science-Fiction-Highlights aus klassischer Zeit

15 (US-amerikanische) Erzählungen aus dem Jahre 1939, als das „Golden Age of Science Fiction“ begann:

- Isaac Asimov/Martin H. Greenberg: Vorwort (Introduction), S. 7-9:

- Eando Binder: Ich, der Robot(„I, Robot“), S. 10-28: Adam Link schreibt die kurze Geschichte seines mechanischen ‚Lebens‘ auf, das ihn in seiner Arglosigkeit zum Schrecken der Menschen werden ließ.

- Robert Bloch: Richard Claytons seltsame Reise(The Strange Flight of Richard Clayton), S. 29-41: Ohne Kontakt zur Außenwelt sitzt er in seinem Raumschiff auf dem Weg zum Mars fest und verliert allmählich den Verstand.

- H. L. Gold: Der Ärger mit dem Wasser(Trouble with Water), S. 42-68: Herman merkt rasch, dass es ein Fehler war, seinen Ärger an einem zauberkräftigen Wassergnom auszulassen.

- Lester del Rey: Feierabend(The Day Is Done), S. 69-87: Der letzte Neandertaler fragt sich, wie es geschehen konnte, dass nun der ‚moderne‘ Mensch die Welt der Steinzeit beherrscht.

- A. E. van Vogt: Der schwarze Zerstörer(Black Destroyer), S. 88-126: Coeurl ist außerirdisch stark, listig und ständig hungrig, was die Menschen, die seinen Planeten besuchen, erst bemerken, als er ihr Raumschiff schon in seine Gewalt gebracht hat.

- C. L. Moore: Mächtiger als die Götter (Greater Than Gods), S. 127-172: Der Blick in zwei mögliche Zukünfte enthüllt ihm, welchen Weg die Menschheit dank seiner genialen Erfindung einschlagen könnte, doch die Erkenntnis ist jedes Mal erschreckend.

- Isaac Asimov: Tendenzen(Trends), S. 173-196: Stürzt die Menschheit in eine fundamentalreligiös forcierte Katastrophe, oder beweist das System seine Fähigkeit, kurzfristige Extreme auszubalancieren?

- L. Sprague de Camp: Die blaue Giraffe(The Blue Giraffe), S. 197-227: Irgendwo in Afrika tauchen plötzlich bizarr gefärbte und gestaltete Tiere und dann Menschen auf, die auf ihre Entdeckung nicht immer freundlich reagieren.

- Henry Kuttner: Der fehlgeleitete Heiligenschein(The Misguided Halo), S. 228-250: Er will unbedingt den irrtümlich erworbenen Heiligenschein loswerden, aber zum Sünder ist er einfach nicht geboren.

- Milton A. Rothman: Schwerwelt(Heavy Planet), S. 251-263: Auf einem Planeten mit gewaltiger Schwerkraft kämpfen Einheimische um ein irdisches Raumschiffwrack.

- Robert A. Heinlein: Die Lebenslinie(Life-Line), S. 264-288: Er weiß genau, wann du sterben wirst, weshalb nicht nur geschäftsgeschädigte Lebensversicherungen ihn ins Visier nehmen.

- Theodore Sturgeon: Ärger im Äther(Ether Breather), S. 289-307: Sie wollen nur spielen - und sorgen für skandalöse Störungen des irdischen Fernsehempfangs.

- Joseph E. Kelleam: Rost(Rust), S. 308-320: Die Menschheit ist tot, und die dafür verantwortlichen Roboter ‚sterben‘ nun ebenfalls aus.

- William F. Temple: Das vierseitige Dreieck(The 4-Sided Triangle), S. 321-349: Dass man Frauen nun kopieren kann, löst die Liebesprobleme dieser Welt auch nicht.

- Jack Williamson: Die Sternschnuppe(Star Bright), S. 350-383: Was ihn am Kopf traf, lässt ihn Wunder tun, was auf dieser Erde als Verbrechen eingestuft wird.

Ein Schatz wird gehoben

Im Jahre 1979 startete der Verlag DAW einen typischen Versuchsballon, der bei gelungenem Flug = massenhaft gekaufter Buchware in Serie gehen sollte bzw. konnte. Den Verlagsnamen bildeten die Initialen des Gründers Donald A. Wollheim (1914-1990), der selbst ein SF-Schriftsteller sowie Zeitgenosse jener Autoren war, an deren Verdienste man nun erinnern = an deren Werken man noch einmal verdienen wollte. Als Herausgeber gewann Wollheim Martin H. Greenberg (1941-2011) für die eigentliche Arbeit und Isaac Asimov (1920-1992) wegen seines SF-Ruhms.

Aus jedem Jahr ab 1939 sollten jene Storys ausgewählt werden, die das Genre geprägt und ihm neue Impulse gegeben hatten. Die SF war natürlich älter, aber 1939 galt (und gilt) als Jahr, in dem das „Goldene Zeitalter“ begann: Nachdem ab 1926 vor allem bunte, vordergründige Spektakel die zahllosen „Pulp“-Magazine dieser Zeit beherrscht hatten, tauchte plötzlich eine neue Generation von Autoren (und Herausgebern) auf, die der SF inhaltliche Intensität und formale Eleganz verliehen. (In den USA lief die Serie übrigens bis Asimovs Tod 1992: „The Great SF Stories Vol. 25, 1963.)

Zwei Jahre, bevor die USA in den Zweiten Weltkrieg eintraten, stürmten junge, enthusiastische Männer wie Robert A. Heinlein, A. E. van Vogt, Isaac Asimov oder Theodore Sturgeon, aber auch die eine oder andere Frau (C. L. Moore) die SF-Bühne, während sich bei denen, die schon länger dabei waren, die Spreu vom Weizen trennte: Jack Williamson hatte seine erste Story bereits 1928 veröffentlicht und entwickelte sich als Autor kontinuierlich weiter. Hinzu kamen heute in Vergessenheit geratene Namen (Milton A. Rothman, Eando Binder, Joseph E. Kelleam, William F. Temple), die zumindest zeitweilig mit frischen Ideen für ebensolchen Wind sorgten.

Die ewigen Fundamente der SF

So gibt selbst Isaac Asimov (1920-1992), der sein Licht nie unter den Scheffel stellte, offen zu, dass Eando Binder (= Otto Oscar Binder, 1911-1974) ihm, der als Schöpfer der legendären „drei Robotergesetze“ gilt, mit der Kreation eines emotionsfähigen Robots zuvorgekommen ist. Die zeitgenössischen Leser sprangen auf das Konzept an, obwohl der Autor sich mehr als nur ein wenig am klassischen „Frankenstein“-Vorbild orientierte (dies aber geschickt selbst thematisierte). Schleunigst machte Binder den ‚Tod‘ von Adam Link rückgängig, um ihn im Rahmen weiterer Geschichten einzusetzen.

In sämtlichen SF-Historien spiegelt sich die Wucht wider, mit der Alfred Elton van Vogt (1912-2000) das Genre im Sturm eroberte. „Der schwarze Zerstörer“ ist spannend, wobei der Autor über das reine Abenteuer hinausgeht. Van Vogt berücksichtigt philosophische und soziokulturelle Konzepte, die ein an sich simples ‚Problem‘ - den Kampf gegen eine außerirdische Superkatze - auf eine neue Ebene bringen: Nicht faustkräftige Abenteurer, sondern wissenschaftlich ausgebildete Menschen dringen ins All vor, um dort zu forschen, statt sich außerirdische Wunder nur anzuschauen (oder zu erobern bzw. niederzumachen).

Robert Bloch (1917-1994) und Lester del Rey (= Leonard Knapp, 1915-1993) verlagern zeitlose Fragen in die Zukunft bzw. in die Vergangenheit. Bloch greift in seinem (buchstäblichen) Kammerspiel auf Einsteins noch junge Erkenntnis zurück, dass die Zeit relativ ist, und konstruiert ein ‚Versuchslabor‘, in dem ein Mensch diese These als brutale Realität erlebt und erleidet. Del Rey beschreibt nur scheinbar humorvoll jenen (fiktiven) Moment, als der Neandertaler erkennen muss, dass seine Zeit abgelaufen ist: Veränderungen finden keineswegs ausschließlich in der Zukunft statt, sondern prägen die Menschheitsgeschichte von Anfang an. Die ‚Verlierer‘ geraten in Vergessenheit. Überaus düster und überraschend ‚modern‘ fasst es Joseph Everidge Kelleam (1913-1975) in „Rost“ zusammen: Sieger und Besiegte werden letztlich beide von der Zeit ein- und überholt.

Preis/e des Fortschritts

Dass sich die SF veränderte, spiegelte sich auch in einer noch vorsichtigen, aber bereits deutlichen Skepsis bezüglich einer hightechnisch hochentwickelten Zukunft wider, der ihr Schöpfer, der Mensch, geistig hinterherhinkt. Während Isaac Asimov optimistisch auf die ausgleichende Nivellierung durch die Geschichte setzt („Tendenzen“), zweifelt Catherine Lucille Moore (1911-1987) - in dieser Kollektion die einzige Autorin - daran: ‚Ihre‘ Zukunft wird durch den Amoklauf zweier divergierender Ideen geprägt, an deren Enden Degeneration oder Diktatur statt Fortschritt stehen. („Mächtiger als die Götter“. Der schließlich gewählte ‚dritte Weg‘ ist übrigens auch keine Lösung, da er sich ebenso verselbstständigen könnte.). Dass das Wissen um die Zukunft nicht gleichbedeutend mit Glück und Fortschritt sein muss, thematisiert knapp und recht sarkastisch Robert Anson Heinlein (1907-1988) in einer seiner frühen Erzählungen („Die Lebenslinie“).

Natürlich blieb auch die Ideen-SF weiterhin präsent. Doch sie löste sich von der reinen, dem Abenteuer verpflichteten Spekulation und bezog reale Naturgesetze ein. Ideen wurden auf entsprechende Konsequenzen durchdacht. Mit „Schwerwelt“ deklinierte Milton A. Rothman (1919-2001) durch, wie sich eine simple Auseinandersetzung verändern musste, wenn sie auf einer Welt mit (aus irdischer Sicht mörderischer) Schwerkraft stattfindet. (Menschen finden in dieser Story nur als blutrote Quetschpfützen auf dem Wrackboden Erwähnung.)

Was schiefgehen kann, wird schiefgehen: Als eigentlicher Erfinder von „Murphy’s Law“ gilt nicht (mehr) jener Airforce-Ingenieur, dessen Namen es trägt, sondern John W. Campbell, jr. (1910-1971), der als Herausgeber entscheidend dafür sorgte, dass die SF ihr „Goldenes Zeitalter“ erlebte. Wohin Campbells strenger Blick nicht fiel, konnte weiterhin mit Naturgesetzen und Konventionen gespielt werden. Das Magazin „Unknown“ wurde sogar eigens für ‚schräge‘ Phantastik gegründet. So konnte Horace Leonard Gold (1914-1996) die Begegnung eines gestressten US-Mannes mit einem weniger rachsüchtigen als listig-witzigen Kobolds schildern, ohne sich um das logische Fundament dieses Ereignisses kümmern zu müssen.

Humor ist (manchmal) zeitlos

Ein wenig mehr Mühe gab sich Lyon Sprague de Camp (1907-2000), denn „Die blaue Giraffe“ erschien in Campbells Magazin „Astounding“ und musste ‚plausibel‘ aufgelöst werden. De Camp zollte diesen Tribut - und entzündete trotzdem ein Feuerwerk noch heute frischer, bizarr-großartiger (wenn auch nicht mehr politisch korrekter) Einfälle. Auf ähnlichem Niveau kann ihm Henry Kuttner (1915-1958) begegnen, der wie Gould eine rational selbst aus SF-Sicht unmögliche Ausgangssituation grotesk eskalieren lässt. Im Vergleich dazu erschöpft sich der Witz bei Theodore Sturgeon (1918-1985) und Jack Williamson (1908-2006) auf milden Klamauk bzw. die bärtige Erkenntnis, dass sich mancher Wunsch besser nicht erfüllt.

Weibliche Leser könnten sich an dieser gerühmten, aber auch zeitgenössischen Science Fiction stoßen. Stellvertretend für die Gesamtsituationen werden Frauen (= „Mädchen“) auch in dieser Sammlung umworben, gerettet und geheiratet. Sind einige (Alltags-) Jahre vergangen, verwandeln sie sich in Ehefrauen, werden dick, sind ständig unzufrieden, verschwenderisch, oberflächlich und wahre Drachen, vor denen nur ein Wunder (aus dem Weltall) den Gatten retten kann. Demgegenüber durchaus ernstgemeint, aber gerade deshalb irritierend schreibt William Frederick Temples (1914-1989), der das klassische Dreieck Mann - Mann - Frau um eine Klon-Kopie besagter Frau erweitert („Das vierseitige Dreieck“), Sätze wie [Joan] war äußerst vernünftig (ein seltener Zug für eine Frau) und absolut selbstlos. Sie besaß ein Gehirn, das für die Beschäftigung mit den Naturwissenschaften wie geschaffen war, und doch waren ihr Geschmack und ihre Neigungen einfach und unkompliziert.“ dürften heute auf leichtes Befremden stoßen ... Doch die Science Fiction war (und ist) ein Spiegel ihrer Entstehungszeit.

Anmerkung: Ungeachtet der Seitenstärke leidet diese Übersetzung weiterhin unter der zeitgenössischen Seitennormierung: Es fehlen Storys von Don Steward alias John W. Campbell, jr. („Cloak of Aesir“), John Taine („The Ultimate Catalyst“), L. Sprague de Camp („The Gnarly Man“), Nelson Bond („Pilgrimage“) und Robert A. Heinlein („Misfit“).

Fazit:

Mit inhaltlicher und formaler Wucht begann 1939 das „Goldene Zeitalter“ der Science Fiction. 15 kürzere und längere Erzählungen verschaffen einen Überblick, sammeln einst beinahe revolutionäre Ideen und von der Zeit zernagte Ansichten. Spannend, tragisch, witzig: Das gesamte Spektrum wird bedient.

Die besten Stories von 1939

Martin Greenberg, Isaac Asimov, Moewig

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