Streiter wider die Magie
- Pabel
- Erschienen: Mai 1979
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Zwischen Heldentat und Heldentot
Drei längere Fantasy-Erzählungen der Kategorie „Schwerter & Zauberei“:
- Hugh Walker: Vorwort, S. 7-10
- Fritz Leiber: Der Eiszauberer (The Frost Monstreme; 1976), S. 11-59: Erzmagier Khahkht, der über Frost und Sturm herrscht, plant aus dem hohen Norden erst die Frostinsel und dann ganz Nehwon zu unterwerfen. Für den Kampf gegen den Zauberer werden die Abenteurer Fafhrd und der Graue Mausling angeheuert.
- Lin Carter: Die Gebräuche der Nomaden (The Curious Custom of the Turjan Seraad; 1976), S. 60-97: Halbgott Amalric und sein Begleiter, der Zauberer Ubonidus, treffen in der Wüste jenseits des Xodargebirges auf die Turjannomaden, die sie solange freundlich aufnehmen, bis ihre Gäste ahnungslos gegen einen elementaren Stammesbrauch verstoßen.
- John Jakes: Fluch der Dürre (Storm in a Bottle; 1977), S. 98-161: Brak, der Barbar, geriet in die Gefangenschaft von König Magnus, der ihn nur freilassen will, wenn es Brak gelingt, den Dürre-Zauber zu brechen, der über seinem Reich liegt. In seiner Not schlägt der Barbar ein - und stößt nicht nur auf schwarze Magie, sondern auch auf ein Komplott gegen den König.
Mit List und (Schwert-) Tücke gegen bösen Zauber
Diese kleine, aber feine Sammlung startet mit einer Geschichte von Fritz Reuter Leiber, jr. (1910-1992), der einmal mehr auf seine berühmtesten Schöpfungen zurückgreift. Fafhrd und der Graue Mausling gehen zwar auf eine Idee zurück, die Leiber Mitte der 1930er Jahre gemeinsam mit Harry Otto Fischer (1910-1986) entwickelte, doch während dieser nur einige Fragmente hinterließ, war Leiber als professioneller Autor die treibende Kraft hinter einem Zyklus aus Romanen, Novellen und Storys, die ab 1939 erschienen und die Geschichte der beiden ungleichen ‚Helden‘ bis 1988 fortsetzten.
Zu Klassikern wurden Fafhrd und der Graue Mausling nicht nur aufgrund des Einfallsreichtums, mit dem Leiber die uralte Welt Nehwon zum Leben erweckte. (Schwarzer) Humor prägte viele dieser Erzählungen, doch er nahm sein Werk und damit seine Leser ernst. Ungeachtet der typischen Elemente actionbetonter „Sword-&-Sorcery“-Fantasy - Kämpfe mit blutgierigen Kriegern, Monstern, Untoten etc. - etablierte Leiber eine zusätzliche Ebene, die auch in „Der Eiszauberer“ für ungewöhnliche, aber keineswegs stimmungsfeindliche Momente sorgt.
Leiber steigt nicht umgehend in die eigentliche Handlung ein, sondern lässt Fafhrd und den Mausling in einer Taverne sitzen und über ein Leben philosophieren, das ihnen viele Abenteuer beschert hat, aber selten Liebe und keine Familien. Im Grunde haben sie nur einander, und das wissen sie, weshalb sie später in der Lage sind, eine an sich schlau gestellte Falle, die der Zauberer Khahkht ihnen stellt, als solche zu erkennen und ihr zu entkommen. Sogar diesem Magier, der so gnadenlos über Leben und Tod gebietet, gönnt Leiber in einem Epilog einen Moment menschlicher Schwäche, als er ihn heimlich ein Feuerchen anfachen lässt, „denn selbst Khahkht friert“.
Lebensgefahr aus gänzlich unerwarteter Richtung
Linwood Vrooman Carter (1930-1988) fungiert nicht nur als Herausgeber dieser Sammlung, sondern schrieb selbst eine Story. Amalric und Ubonidus waren schon in einem früheren Buch der „Flashing-Swords“-Serie aufgetreten, die in fünf Bänden zwischen 1973 und 1982 erschien. Bereits diese Geschichte vertraute allzu sehr auf Klamauk bzw. Flachwitz und Fantasy-Routinen, was begründen mag, dass Carter, der eigentlich dazu neigte, seine Helden in mehrbändige Abenteuer zu verwickeln, Amalric und Ubonidus rasch wieder aufgab.
In der Tat setzt Carter (zu) stark auf seine bemüht farbenfrohe Prosa, um einem Garn, das ohne Originalität und zielgerichtete Handlung vor sich hindümpelt, förmlich gewaltsam Humor einzuflößen. Der wirkt ähnlich abgestanden wie die beiden Hauptfiguren, die jegliches Charisma oder wenigstens individuelle Charaktere vermissen lassen, sondern nur Klischees verkörpern.
Wer ist hier der Barbar?
John Jakes (1932-2023) dürfte seinen Lesern primär als Verfasser jener Romane in Erinnerung geblieben sein, die sich in neun Bänden um die turbulenten Erlebnisse der Kent-Familie drehen. Diese spielen in den USA der Jahre 1770 bis 1900, wobei vor allem jene Trilogie, die den Bürgerkrieg (1861-1865) abdeckt, Jakes nicht nur in die Bestsellerlisten brachte: Kaum ein TV-Zuschauer entkam 1985, 1986 und 1994 den Mini-Serien „Fackeln im Sturm“ (und besonders dem Liebling des weiblichen Publikums: Patrick Swayze als Orry Maine).
Der Erfolg der Kent-Chronik krönte ein schon damals buntes und titelreiches Œuvre, das sämtliche Genres der Unterhaltung (SF, Fantasy, Western, Krimi ...) umfasste. 1950 hatte Jakes seine erste Kurzgeschichte veröffentlicht. Ab 1968 schrieb er Romane und Storys um den Barbaren Brak, den er nach dem Vorbild von Conan formte. Robert E. Howard (1906-1936) hatte diesen brachialen Glücksritter mehr als drei Jahrzehnte zuvor zahlreiche Abenteuer erleben lassen und dabei dem Genre Impulse gegeben, die es nachhaltig prägten. Conan erlebte in den 1960er Jahren eine Renaissance, und nicht nur Jakes ergriff die Chance, sich mit einem eigenen Barbaren anzuhängen.
Brak gehört immerhin zu den ‚besseren‘ Conan-Wiedergängern. Jakes erfüllt ihn - dies zieht sich als roter Faden durch diese Serie - mit der Sehnsucht nach der sagenhaften Stadt Khurdisan, die irgendwo im Süden dieser Welt liegen soll. Aus dem kalten Norden stammend und barbarentypisch mit Bärenkräften ausgestattet, bahnt sich Brak seinen Weg dorthin, wobei ihm das Schicksal in Gestalt schwarzer Magie, menschlicher Heimtücke oder blutrünstiger Monster ständig Knüppel zwischen die Beine wirft. Zwar ist er keine Intelligenzbestie, aber auch kein Dummkopf sowie ein Mann mit Grundsätzen. Das bringt Brak, dem ein gegebenes Wort heilig ist, wie in diesem Fall in Schwierigkeiten, zumal er immer wieder feststellen muss, dass die Wertewelt seiner ‚zivilisierten‘ Mitmenschen in dieser Hinsicht sehr viel flexibler ist.
Anmerkung: Aufgrund der in Deutschland viele Jahre üblichen Seitennormierung konnte das „Flashing-Swords“-Material nicht in eigenen Bänden erscheinen. Die Storys mussten aufgeteilt werden. „Streiter wider die Magie“ enthält Material aus den Teilen 3 (Leiber und Carter) und 4 (Jakes). Glücklicherweise sind die übrigen „Flashing-Sword“-Storys in anderen Bänden der „Terra-Fantasy“-Serie enthalten.
Fazit:
Drei triviale, aber unterhaltsame Fantasy-Geschichten, die um Schwerter und Magie kreisen. Die Autoren sind einerseits auf rasante Handlungsverläufe fokussiert, nehmen sich aber manchmal die Zeit, das Genre und seinen Regeln spielerisch zu hinterfragen. Sie kommen trotzdem auf den Punkt, statt eine Story zu vielhundertseitiger Schinken-Fantasy aufzublähen.

Lin Carter, Pabel
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