Blutspur

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2007
  • 19
Blutspur
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Carsten Kuhr
85°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJan 2007

Jedem seine Buffy

Seitdem der Bastei-Lübbe Verlag mit seinen »Anita Blake«-Romanen aus der Feder von Laurell K. Hamilton Furore machte und sich die Bücher der toughen Vampirpfählerin verkaufen wie warme Semmeln, sind die Konkurrenten auf der Suche nach vergleichbaren Werken. Knaur konnte mit Jim Butchers »Die Fälle des Harry Dresden« punkten, dtv die »Sookie Sackhouse« Reihe von Feder & Schwert übernehmen, Blanvalet versucht mit »Max Frei« und »Jason Dark« verlorenes Terrain gutzumachen. In der Phalanx der grossen Publikumsverlage blieb Heyne lange aussen vor. Man suchte nach einer Reihe, die eigenständig daherkommt, die keine Reminiszenzen an die weichgespülte »Buffy« aufkommen lässt. Mit Kim Harrisons Romanen um »Rachel Morgan« wurde man fündig, das erste Buch wurde denn auch als grossformatiges Paperback auf den Büchertisch gebracht.

Rachel strampelt sich frei

Rachel Morgan arbeitet als Hexe und »Runner« für die Inderland Security. Seit ein genetisch veränderter Virus, der über Tomaten übertragen wurde, fast alle Menschen getötet hat, hatten Hexen, Vampire, Werwölfe und ähnliches Gezücht ihr grosses Coming Out. Nur mit Hilfe der übernatürlichen Wesen gelang es der Menschheit zu überleben. Nun, Jahrzehnte später aber beäugen sich die beiden Arten immer noch mit Misstrauen und Argwohn. Während das FIB der Menschen dort als Gesetzeshüter für Recht und Ordnung sorgt, wurde die Inderland Security gegründet, um die magischen Wesen zu zügeln und zu kontrollieren. Rachels Job ist es, straffällige Vampire, Werwölfe oder schwarze Magier zu überführen und gefangen zu nehmen. In der letzten Zeit aber steht sie auf der Abschussliste ihres Vorgesetzten. Nachdem sie ein paar Mal angeeckt ist und einige Jobs in den Sand gesetzt hat - nicht ihr Fehler versteht sich -, bekommt sie solch hehre Aufgaben zugeteilt, wie Trolle unter Brücken zu vertreiben, oder Leprechauns in schmierigen Kneipen hopps zu nehmen. Verständlich, dass sie die Nase bis oben voll hat und kündigt. Problem, und das gross geschrieben - niemand kündigt bei der I.S., ausser man verfügt über genügend Kleingeld, um den Boss zu schmieren. Nicht genug, dass sie keine Knete hat, sie nimmt auch noch lvi, die erfolgreichste Vampir-Runnerin des Büros, mit in die neue Selbständigkeit. So etwas kann sich das I.S. nicht gefallen lassen, und nur allzu bald machen sich Kopfgeldjäger aller Couleur - allen voran bösartige Fairies - auf, sich die Belohnung zu verdienen. Gut dass sie eine ganze Familie aufgeweckte Pixies auf ihrer Seite hat. Doch dann legt Rachel sich mit dem organisierten Verbrechen an. Ausgerechnet der honorable Abgeordnete Trent soll ein Drogenschmuggler, schlimmer noch ein Biodrogenproduzent sein. Und so braut sich unsere Hexe fix einen Transforamtionszauber zusammen, verwandelt sich in einen Nerz und dringt ein in die Höhle des Löwen... Vergessen Sie Buffy und Angel, Rachel hat es drauf.

Das Buch packt seinen Leser von Seite eins ab, und lässt ihn nicht mehr los. Was zunächst aussieht, wie eine weitere Detectiv-Serie mit übernatürlichen Wesen, das entwickelt aber schnell ein faszinierendes Eigenleben. In einem bewusst schnottrigen Ton erzählt musste ich ein ums andere Mal über die nicht immer eben glücklich agierende Rachel lachen. Stur, emanzipiert, auf ihre Eigenständigkeit pochend, immer intuitiv handelnd, ist sie der genaue Gegensatz zu ihrer vorherplanenden Partnerin lvi. Während diese fast unterkühlt an ihre Fälle herangeht, riskiert die emotionale Bauchfrau Rachel es immer von Neuem, auf ihrem entzückenden Hinterteil zu landen, oder sich sonstwie in die Nesseln zu setzen. Gerade ihre überbrodelnde Sturheit aber macht Rachel zugleich als Figur so glaubhaft und liebenswert.

Überzeugende Anderswelt

Gleichzeitig gelingt es Harrison, uns ihre Welt in all ihren Grau- und Schwarztönen glaubhaft zu machen. Die unterschwelligen wie offen zutage tretenden Ressentiments der Arten untereinander, Neid und Missgunst aber auch Freundschaft und Aufopferbereitschaft gepaart mit einer immer wieder überraschende Wendungen nehmenden Handlung liessen die Zeit der Lektüre wie im Flug vergehen. Dabei ist Rachel im Gegensatz zu Anita Blake keine Einzelkämpferin, sondern ein Teamspieler. Die Vampirin lvi, die sich zu der strikt hetero-ausgerichteten Rachel hingezogen fühlt, ist eine der interessantesten Charaktere im Buch. Die ständige Verlockung in Gestalt ihrer Mitbewohnerin, deren Geruch, deren Blut sie permanent um sich hat stellt diese vor erhebliche, nachvollziehbare Gewissensnöte. Oder der Pixie Jenks der trotz seiner vorlauten Klappe treu bis zur Selbstaufgabe zu seinen Freunden steht. Hier wächst ein Team zusammen, dem es gelingt, in einer faszinierend fremdartigen und doch vertrauten Welt spannende Abenteuer zu bestehen und dem Leser damit vergnügliche Stunden abseits ausgetretener Pfade zu bescheren.

Blutspur

Kim Harrison, Heyne

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