Der Prüfstein des Drachen

  • Bastei-Lübbe
  • Erschienen: Januar 2007
  • 1
Der Prüfstein des Drachen
Der Prüfstein des Drachen
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Anna Hild
39°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2007

Ein bisschen Artussage, ein bisschen Märchen und gut schütteln.

Irene Radfords ";Der Prüfstein der Drachen"; greift auf ein sehr einfaches Rezept zurück: Drachen, gute und schlechte Magie, Zauberer, Hexen und kriegerische Lords sind die Zutaten, welche die Autorin zu ihrem Roman vermengt. Aus solchen Themen sind schon große Erzählungen entstanden. Doch hier mangelt es an den nötigen Feinheiten, die Gewürze stimmen nicht, und der Romanauflauf schmeckt schal nach Resteverwertung. Die Vereinigungsbestrebungen des Landes unter einen ‚guten‘ König erinnern doch recht deutlich an die Artussage - sogar einige ähnliche Requisiten fehlen nicht -, die regenbogenfarbene Welt der Drachenmagie schimmert in den Farben moderner Märchen und der Hexenmythos der guten Hexe mit Heilkräften lehnt sich recht eng an neo-paganistische Vorstellungen an. Die Verschränkung all dieser und weiterer literarischer sowie mythologischer Zutaten in einem Roman ist eine gewagte Aufgabe, die schon mal zu einem eher mittelmäßigen Lesegenuss führen kann.

Drachenmagie gegen Blutmagie

Im Lande Coronnan wüten schreckliche Kriege, die Lords des zersplitterten Reichs kämpfen schon seit vielen Jahren um die Vorherrschaft. Magier zaubern an ihrer Seite, der Beruf des Schlachtenmagiers ist der einzige, in welchem sie ihre Fähigkeiten gewinnbringend einsetzen können, so der allgemeine Glaube. Als Shayla, die Drachin, auf ihrem Weg zur Geburtshöhle ihrer Kinder ein solches Schlachtfeld kreuzt, trifft sie ein fehlgeleiteter Schlachtenzauber und tötet viele ihrer ungeborenen Kinder. In Wut und Schmerz tötet sie die sich bekriegenden Menschen mit magischem Feuer, bevor sie sich unter Schmerzen und mit einsetzenden Wehen zu einer sicheren Höhle rettet.

Einige Jahre später begleiten wir Nimbulan den Schlachtenmagier über ein weiteres Schlachtfeld. Die Kriege halten weiterhin unerbittlich an, das Land leidet, es gibt kaum noch junge gesunde Männer. Nimbulan wird gezwungen, auf dem Schlachtfeld seinen besten Schüler, welchen er wie einen Sohn liebte, zu töten, da er ihn verraten hatte und zum gegnerischen Lord übergelaufen war. Langsam wird ihm die Sinnlosigkeit der Kriege und seines Gebrauchs der Magie klar und er beschließt, sich dem Töten zu entziehen und ihm mit Hilfe des friedensstiftenden Lord Quinnault ein Ende zu bereiten.

Als nächstes treffen wir Myrilandel, eine Hexe, so benannt, weil sie unausgebildet von einer Magierschule Magie ausübt, und diese ausschließlich zu Heilzwecken. Magie ist für sie eine lebensgefährliche Angelegenheit, denn unkontrollierte Heilzauber können ihr alles Leben entziehen. Begleitet wird sie von ihrem Familiar, Amaranth, einem Flugflipper - ein mythisches Wesen, welches das Aussehen einer schwarzen Katze mit Flügeln hat. Myrilandels starker Drang zu heilen, wenn sie menschliches Leid spürt, führt sie zu dem gleichen Schlachtfeld, auf dem sich Nimbulan befindet. Er beobachtet eine ihrer Heilungen und interessiert sich für ihre starke Magie. Doch Moncriith, ein Blutmagier, der seine Magie nicht wie die anderen Begabten aus der Erde und ihren Kraftlinien zieht, sondern aus Blut und Leiden seiner Opfer oder seiner selbst, verfolgt alle Hexen und sieht in Myrilandel ihre Anführerin. Nimbulan muss sie vor seiner Verfolgung retten. Er ist fasziniert von Myrilandel und möchte sie in seine Obhut nehmen und ausbilden. Doch Myrilandel ist seinen Absichten gegenüber misstrauisch und flieht.

Von nun an streben beide unabhängig voneinander auf das gemeinsame Ziel hin, Frieden zu schaffen. Myrilandel muss sich zusätzlich ihrer eigenen Vergangenheit, die sie nicht kennt, stellen und herausbekommen, wer sie wirklich ist. Nur gemeinsam jedoch finden sie zu Shayla und den übrigen Drachen, die sich versteckt gehalten hatten und nun bereit sind, ihre Art der Magie zu teilen, um den Menschen und den Drachen Frieden zu schenken. Nimbulan sieht die Chance, mit der Drachenmagie die Magier zu vereinen und ihre Rolle in den Kriegen endlich zu beenden. Doch alte und neue Feinde und Verräter unter Freunden stellen sich seinem Plan entgegen.

";Wo bin ich?"; fragte sie den Sonnenstrahl

Das fragt sich der Leser auch so manches mal, denn nicht immer sind die Aufenthaltsorte der Hauptfiguren feststellbar. Es scheint, als ob die Autorin die logische Struktur ihrer Kapitel nicht wirklich im Griff hat. Personen tauchen unerklärlicherweise an Orten auf, an denen sie nicht wirklich sein können, Ungenauigkeiten in logischen Anschlüssen häufen sich. Dies vermittelt unweigerlich den Eindruck, dass hier etwas sehr schnell produziert wurde und dem Lektorat so einiges entgangen ist.

Die Personen wirken überzeichnet, wodurch zwar für die ‚Helden‘ noch Sympathie aufkommt, bei den Schurkengestalten gleitet die Darstellung dann allerdings zu sehr ins Pathetische ab. Psychologische Motive zu finden fällt der Autorin schwer, und dass Goldesliebe gepaart mit einem tiefen Minderwertigkeitskomplex einen langjährigen Vertrauten Nimbulans zum Verrat bringt, wirkt in der Tat zu oberflächlich und unglaubwürdig. Moncriith der Blutmagier kämpft mit der Verdrängung eigener Sünden und überträgt sie auf einen Sündenbock aus seiner Vergangenheit, ein gängiges Motiv, aber hier in der Darstellung derart übertrieben, dass es dem Leser nicht ermöglicht wird, sich in dessen Triebkraft hineinzuversetzen. Es scheint fast, als ob Autorin es nicht über sich brachte, den ‚Schurken‘ wirklich schurkig zu machen, denn niemand fällt ihm tatsächlich zum Opfer. Der mächtige, bösartige Blutmagier wirkt so gut wie nie richtig gefährlich, eher wie ein zahnloser Hund, der bellt, aber eben nicht beißt. Die Talente der Schurken, böse Pläne voranzutreiben sind ebenso wenig ausgeprägt, wie die Fähigkeit der Helden, Dinge um sich herum zu erkennen. Zu oft reagieren sie in extremer Weise blind und blauäugig.

";Der Prüfstein der Drachen"; basiert auf schwachen Schurken und überaus emotionalen Helden. Die Bilder und Metaphern, die Irene Radford für die Gefühle ihrer Helden findet, liegen hart an der Schmerzgrenze des Kitsches. Nur an wenigen Stellen gelingen ihr dann doch einmal Bilder von großer Schönheit. Leider geschieht dies viel zu selten, um die schale Mischung des restlichen Romans aufzufangen.

Der Prüfstein des Drachen

Irene Radford, Bastei-Lübbe

Der Prüfstein des Drachen

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