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  • Aufbau
  • Erschienen: Januar 2005
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Klaus-Günther Beck-Ewerhardy
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Phantastik-Couch Rezension vonJun 2007

Strukturen und Strukturiertheit

CERN wurde in den letzten Jahren bereits durch Dan Browns ";Illuminati"; ziemlich bekannt und hat diese Bekanntheit sicherlich mehr als verdient, auch wenn die meisten Menschen diese Einrichtung und ihre Bedeutung nicht wirklich kennen oder verstehen. Zum Teil beruht das Konzept dieses Romans genau auf dieser Unkenntnis der breiten Masse.

Eine Besuchergruppe des Teilchenbeschleunigerlabors CERN in der Nähe von Genf sieht sich einige Dinge unter Tage an, bevor sie in ";Elferpäckchen"; wieder mit dem Aufzug ans Tageslicht gebracht werden soll. Doch bevor die letzte Gruppe die Oberfläche wieder erreicht, sehen die anderen, dass sich um sie herum einige Dinge grundlegend gewandelt haben. Die Zurückgebliebenen bewegen sich nicht mehr, die Etagenanzeige des Aufzuges erlischt und einige Vögel hängen regungslos in der Luft wie ein starres Mobile. Und die Uhren zeigen 12:47:42. Und zwar zunächst ohne jede Veränderung. Die in der Lobby des Teilchenbeschleunigergebäudes Versammelten scheinen in eine Welt eingetreten zu sein, die in einem sonnendurchfluteten Dornröschenschlaf gefangen zu sein scheint. Das Licht brennt ständig, die Luft ist irgendwie anders und speziell der Schall funktioniert nur innerhalb klarer ";chronosphärischer"; Bereiche, die der Erzähler und seine Begleiterinnen und Begleiter mit sich herum tragen.

Veränderte Gesetzmäßigkeiten

Und auch sonst scheinen die physikalischen Gesetzmäßigkeiten sich grundlegend verschoben zu haben, so dass die Wissenschaftler und ihre Gäste ganz neue Verhaltensweisen erlernen müssen. Das Verhältnis von Nähe und Entfernung untereinander spielt eine große Rolle, aber auch der Umgang mit den in der Zeit ";Eingefrorenen"; bedarf einer gewissen Finesse, denn das Aufeinandertreffen der ";Chronosphären"; und ";eingefrorener"; Lebewesen ist für Letztere in der Regel eher eine traumatische Erfahrung. Und so werden schnell Regeln zum Umgang mit den ";Eingefrorenen"; aufgestellt, um den möglichen Schaden so gering wie möglich zu halten.

Veränderungen im Umgang

Diese Regeln werden in einem Schriftstück und einer Art Magazin niedergelegt, während die Zeithabenden beginnen, die Grenzen ihrer neuen Welt zu erkunden und die Probleme von Nahrungsaufnahme und -abgabe zu klären haben. Doch mehr und mehr neigen die Menschen dabei dazu, sich innerhalb des gigantischen Wachsfigurenkabinetts, in dem sie nun zu Leben scheinen, von ihren Schicksalsgenossinnen und - genossen zu entfernen und deren Gesellschaft nur noch von Zeit zu Zeit aktiv zu suchen. Denn nach dem ursprünglichen Schock über das Geschehene suchen sie jetzt eine Orientierung für sich selbst in der neuen Welt und das bedeutet für den Erzähler und einige andere vor allen Dingen eine Orientierung in Bezug auf sich selbst. Danach beginnen viele, ihre Situation - und die Reg- und Wehrlosigkeit der ";Eingefrorenen - zu missbrauchen, ohne dass dies zunächst sonderlich thematisiert wird. Der Zerfall des moralischen Empfindens und Handelns geht relativ schleichend vor sich, führt aber schließlich bei der Bewusstwerdung zu depressiven Schüben und bei einigen der Beteiligten zu einer ungewöhnlichen Art des Fanatismus.

Langweilige Handlung und eine überladene Sprache

Diese Zustände Schock, Orientierung, Missbrauch, Depression und Fanatismus geben dem Roman seine Struktur, wobei diese Entwicklung bei der Betrachtung einer lang währenden Krisensituation nicht wirklich ungewöhnlich ist. Die Menschen versuchen hier eine Ordnung in eine für sie neue Welt zu bringen und ihrem Zusammen- und Getrenntsein eine Struktur und eine Regelhaftigkeit zu geben, die sich allerdings erst im Versuch-und-Irrtumsverfahren vor den neuen Realitäten bewähren muss. Insofern erinnern diese Entwicklungen ein wenig an ";Herr der Fliegen"; und ähnliche Romane, wobei hier nicht Kinder, sondern vorwiegend Erwachsene die Reflexionsfiguren sind.

Die Handlung tröpfelt vor sich hin, springt immer wieder zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her und wird laufend von größtenteils überflüssigen Betrachtungen pseudophilosophischer Banalitäten und Nichtigkeiten unterbrochen. Dabei bedient sich der Autor einer prätentiösen Sprache, deren Aufschlüsslung den Lesefluss noch zusätzlich hemmt, ohne dass Erkenntnisgewinn nach Aufschlüsseln der Sprache und Aufwand in einem adäquaten Verhältnis zueinander stehen. Ich persönlich kann nur aus tiefstem Herzen von der Lektüre dieses Buches abraten.

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Thomas Lehr, Aufbau

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