Der letzte Steinmagier

  • Cora
  • Erschienen: Januar 2008
  • 1
Der letzte Steinmagier
Der letzte Steinmagier
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Carsten Kuhr
87°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJan 2008

Steine statt Zauberstab

»Als Magier musst du ein guter Lügner sein. Du musst das Unmögliche zum Möglichen, den Traum zur Wirklichkeit und die Lüge zur Wahrheit machen.«

Jahrzehnte ist es her, dass ein abtrünniger Steinmagier die schwangere Kaiserin und fünf ihrer Leibwächterinnen mittels eines einzigartigen Zaubers versteinert hat. Tausende von lebendigen Steinkriegern bewachen seitdem Irishien, die Hauptstadt und die unbelebte Herrscherin des alten Reiches. In den Provinzen tobt seit Jahren ein gnadenlos geführter Krieg. Es geht um Macht und Reichtum, Einfluss und letztlich darum, dass einer der Warlords sich zum neuen Kaiser aufschwingen will.

Dayku Quan hat mit seinen Truppen und unterstützt von Zauberern, Unsterblichen und Magiern seinen Herrschaftsbereich immer mehr ausgeweitet. In der Schlacht von Wuchao treten neben den Heeren der Fürsten auch die letzten Steinmagier und Schicksalspriesterinnen zum Kampf an. Die Steinmagier schlagen ihre letzte Schlacht, das Erbe der Wurishi, wie die Steinmagier respektvoll genannt werden, scheint verloren, und damit auch die letzte Hoffnung, die Kaiserin aus ihrer Erstarrung zu befreien. Doch der erst neunzehnjährige Yu, Adept eines der größten Steinmagier, der je auf Erden gewandelt ist, hat überlebt.

Dies ist seine Geschichte - eine Saga voller Gefahren und Abenteuer, Verfolgungen und Kämpfe, Erkenntnisse und Verrat. Zusammen mit vier Gefährten, einer der unsterblichen Leibwächterinnen der Kaiserin, zwei ebenfalls mittels Seelenzauber unsterblichen Adeligen und dem Prinz der Diebe und Räuber macht Yu sich, immer verfolgt von den Häschern Daykus auf, das Unmögliche zu wagen, den Kreis der Steinkrieger zu durchdringen und den unheiligen Zauber rückgängig zu machen...

Die Entdeckung des fernen Ostens - oder Federflug, Magie und Ehre statt Streitaxt und Armbrust

James Sullivan war mir bislang nur von dem zusammen mit Bernhard Hennen verfassten Roman »Die Elfen« ein Begriff. Nun legt er ein Werk vor, das ein wenig anders daherkommt als der durchschnittliche Fantasy-Roman: Nicht um spitzohrige Elfen, trinkfreudige Zwerge oder weise Drachen geht es, sondern um eine Welt, die an fernöstliche Kulturen erinnert. Schon die Namen der Protagonisten weisen den Weg. Und vor den Augen des Lesers eröffnet sich das Panorama einer gänzlich ungewohnten Lebens- und Denkweise. Es geht um persönliche Ehre, um Ansehen und Pflichtgefühl, um irgendwie exotische Magie.

Auffallend, dass diese ausgesprochen überzeugend ausgestaltete Welt mehr im Hintergrund bleibt, lediglich eine stimmige Kulisse für die spannende Queste um die Erforschung der alten Zaubersprüche und die Befreiung der Kaiserin bildet. Dabei reift unser jugendlicher Protagonist aufgrund der überstandenen Abenteuer für meine Begriffe fast ein wenig schnell zum charismatischen Anführer der Truppe.

Die Entdeckung einer ganz anderen Art der Magie - Steine statt Zauberstab

Als geschickter Schachzug erweist sich die Idee, verdienten Gefolgsleuten der Mächtigen durch ein steinernes Abbild, das sorgfältig versteckt und beschützt werden muss, ewige Jugend zu schenken. Hinzu gesellen sich lebendige Steinkämpfer - die Terrakotta-Armee, aber auch die Golems einer Mary Gentle lassen grüssen - schlitzohrige Diebe, die nur die Reichen berauben und wackere, ehrfurchtgebietende Gegner.

Stichwort Widersacher: Neben dem bösen Verfolger Gling We bleibt Dayku merkwürdig blass. Das liegt daran, dass er leider selten direkt in das Geschehen eingreift und kaum wirklich auftritt. Er ist die böse, aber diffuse Macht im Hintergrund, sein Denken, seine Motivation - abgesehen von seiner Machtbesessenheit - bleiben leider aussen vor.

Erfreulicherweise kommt der Plot mit erstaunlich wenig Gewalt und Blutvergießen aus. Wenn es denn einmal zu Auseinandersetzungen kommt, werden diese kurz, ohne falsches Pathos abgehandelt, Sullivan interessieren glücklicherweise seine Gestalten weit mehr als große Schlachtengemälde. Auch wenn seine Figuren letztlich in ihrer jeweiligen Rolle noch mehr Entwicklungspotenzial haben - der ehrbare Dieb, die treue Leibwächterin, der aufrechte Gegner - und das Finale, komplett mit Happy-End, was kaum eine Überraschung für den Leser bereit hält, ist der Roman kurzweilig und spannend. Von geschmeidigem Stil und inhaltlich ohne Brüche überzeugt das Buch besonders durch sein ungewöhnliches Setting, und macht Appetit auf mehr. James A. Sullivan als neue große Hoffnung der deutschsprachigen Fantasy zu bezeichnen, wäre etwas verfrüht. Aber er ist auf dem Weg dorthin.

Der letzte Steinmagier

James A. Sullivan, Cora

Der letzte Steinmagier

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