Tausendsturm

  • Loewe
  • Erschienen: Januar 2008
  • 2
Tausendsturm
Tausendsturm
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Carsten Kuhr
65°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJan 2008

Epische Fantasy aus deutschen Landen frisch auf den Tisch

Eine epische Fantasy-Saga wartet darauf, entdeckt zu werden. Seit Jahrtausenden haben sich die Götter, nachdem die letzten Drachen geschlagen schienen, aus ihrer Welt zurückgezogen. Seitdem ruhen die zwei magischen Schwerter aus den Schmieden der Götter fast vergessen von den Menschen in der Schatzkammer des Königs von Citheon und in der Kriegerschule der Eborins. Doch es gärt im Reich des Königs von Citheon. Seit Jahrzehnten unterdrückte Völker begehren auf, der eigentlich verbotene Sklavenhandel blüht und gedeiht ebenso wie die Aufträge für die Assassinnengilde.

Als ein frecher Dieb in die königliche Schatzkammer eindringt und eines der beiden Götterschwerter stiehlt und gleichzeitig ein seit Jahrzehnten besiegtes Übel, ein Zarg auftaucht, ist das Maß voll. Der König befiehlt, die letzten Überlebenden der ehemaligen Königsfamilie Erenor zu meucheln.

Der Dieb, der Prinz und die Wurzelbälger

Für Rai, den jungen Dieb, birgt sein Fischzug wenig Glück. Statt den königlichen Goldmünzen hat er in der Panik nur ein altes, schmuckloses Schwert mitgehen lassen, und nun suchen nicht weniger als drei der königlichen Regimenter nach dem Täter. Auf der Flucht werden er und sein Auftraggeber, der alte Kämpfer Barat, verletzt und gejagt. Sie fliehen in die Wildnis eines abgelegenen Fjordes und begegnen dort gar merkwürdigen Gesellen. Klein, wieselflink, wehrhaft und offensichtlich intelligent leben die Wurzelbälger in Höhlen unter dem Waldboden. Doch kaum ein wenig zu Atem gekommen, schlägt das Schicksal erneut erbarmungslos zu. Ein Priester des Cit ist auf der Jagd nach den Wurzelbälgern, und in den Maschen der priesterlichen Jagdgesellschaft fangen sich auch unsere Diebe. Von Sklavenhändlern werden sie auf die Insel Andobras entführt, und in die dortigen Erzminen verkauft. Hier, abseits jeglicher Hoffnung, ohne Licht und unter der Knute eines schrecklichen Despoten ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ungleichen Freunde sterben werden.

Rai aber will seinen verletzten und schwachen Freund nicht aufgeben, selbst wenn ihn das sein eigenes Leben kosten mag. Aufrecht steht er zu seinem Kameraden, sucht und findet Verbündete, ja einen Fluchtweg. Doch die Flucht allein ist ihm zu wenig. Er will die Sklaven, die Alten, Frauen und Kinder befreien. Nur einer kann ihm helfen: der im Gesicht grausam verstümmelte, einäugige Narbengesicht. Nur mit seiner Hilfe hat das waghalsige Unternehmen eine Chance auf Erfolg. Doch Narbengesicht ist ein verbitterter Einzelgänger, der ohne Hoffnung und ohne Mitleid mit seinen Mitgefangenen vor sich hinbrütet. Wer ist dieser einsame, gefühlskalte Mann? Was für ein Geheimnis verbirgt sich hinter seinen Narben? Währenddessen rüstet sich Fendland zum Krieg. Arden Erenor hat den feigen Anschlag der Attentäter überlebt und sich selbst zum König ausgerufen. Mit einem dem Träger magische Kräfte verleihenden Götterschwert an seiner Seite will er gegen die sein Land besetzenden Truppen aus dem fernen Tilet aufbegehren. Im Hintergrund ziehen die Priester des Cit die Fäden. Sie manipulieren, sie hetzen auf, sie horten Waffen und Gold, um ihre eigenen noch undurchschaubaren Pläne voranzutreiben. In dieser angespannten Situation wagen die Bergwerkssklaven den Aufstand ...

Ein Konkurrent für den Herrn der Ringe?

Michael Rothballer hat einen epischen Roman verfasst. Fast siebenhundert Seiten sind es geworden, und das ist nur der Auftakt einer projektierten Trilogie. In mehreren Handlungssträngen führt der Autor seine Welt, ihre Historie und die Gestalten behutsam ein. Das wirkt auf den ersten Blick so manches Mal ein wenig verwirrend, ahnt man doch noch nicht, wie die so unterschiedlichen Protagonisten miteinander in Beziehung gesetzt werden, gibt Rothballer aber den Platz, seine Handlung auf ein solides Gerüst zu setzen. Allerdings ist das sich aus der reichen Fülle der Figuren und deren Darstellung ergebende Bild fast schon unübersichtlich. Besonders in der ersten Hälfte des Werkes stellt uns Rothballer jede auch noch so unwichtige Figur ausführlich vor, beschreibt uns Beziehungs- und Familiengeflechte. Das geht naturgemäß auf Kosten der Handlung. Es dauert ein wenig, bis wirklich etwas passiert, bis der Autor mich mit seinem Plot wirklich zu packen wusste. Gerade im ersten Teil des Buches hätte eine Straffung dem Werk daher gut getan. Gut gelungen ist die überzeugende Zeichnung der Auftretenden. Das sind keine schwarz-weißen Figuren, das sind Menschen, die ungerecht handeln, die Gewissensbisse haben, Menschen, die aufgrund ihres persönlichen Werdegangs so und nicht anders agieren, deren Motivation wir nachvollziehen können. Viel Platz nimmt daher die Darstellung von Gefühlen im Roman ein. Neid und Geltungssucht, aber auch Wissensdurst und gekränkte Eitelkeit bestimmen das Handeln der Protagonisten.

Bewährte Rezepte

Dabei setzt Rothballer auf Altbewährtes. Die Missgunst von Stiefbrüdern, die Manipulationsgaben des Schreibers hinter dem Thron, die vermeintliche Ermordung der Geliebten durch einen Unfall, das Sklavendasein im Stollen und die Flucht vor Verantwortung, das sind altbekannte Themata gängiger Fantasy-Epen. Wohltuend fällt auf, dass Rothballer darauf verzichtet, die unvermeidlichen Elfen und Zwerge auftreten zu lassen, selbst die Drachen werden nur ganz kurz am Rande erwähnt. Die für mich interessanteste Schöpfung des Autors sind unzweifelhaft die Wurelbälger. Ihr Leben und Handeln bewegt sich gänzlich außerhalb der menschlichen Konventionen, ihre Herkunft, Kräfte und Rolle im Machtspiel bleibt bislang zumindest noch rätselhaft. Sind sie nur die von den Priestern geknechteten und missbrauchten Kreaturen, oder wird ihnen eine tragende Rolle zuteil? Die nächsten Bände werden es zeigen. Trotz der Fülle an Seiten, die dieser Roman dem Leser offeriert, bricht die Handlung letztlich ziemlich abrupt mit mehreren Cliffhangern ab. Als Sympathieträger fungiert der integere jugendliche Dieb Rai, der als einzige der auftretenden Hauptfiguren wirklich dazu einlädt, in seine Haut zu schlüpfen. Alle Anderen sind so grau gezeichnet, offenbaren für jede positive Charaktereigenschaft nur zu bald eine negative, als dass der Leser wirklich versucht wäre, mit diesen zu leiden und zu triumphieren. Alles in allem ein durchaus spannender, vielschichtiger, aber letztlich ein wenig zu lang geratener Auftaktband einer Trilogie, deren weitere Bände zu verfolgen sein werden.

Tausendsturm

Michael Rothballer, Loewe

Tausendsturm

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