Hurricane Moon

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  • Erschienen: Januar 2007
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Hurricane Moon
Hurricane Moon
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Henning Juknat
65°1001

Phantastik-Couch Rezension vonOkt 2008

Generation im All

Die Zivilisation auf der Erde befindet sich am Abgrund. Die letzte Hoffnung der Menschheit ist ein gigantisches Raumschiff, auf dem sich mehrere Tausend auserwählte Spezialisten aufmachen, einen bewohnbaren Ersatzplaneten zu finden. Doch der Trip in die fernen Weiten des Alls dauert am Ende viel länger als geplant und ist dabei voller Gefahren für das Schiff und seine Besatzung.

Was sich Alexis Glynn Latner in ihrem aktuellen Roman Hurricane Moon als Plot ausgesucht hat, ist freilich nichts gänzlich Neues. Robert Heinlein beispielsweise befasste sich schon früh mit einem Generationenschiff in Orphans of the Sky (1951), bevor TV-Serien wie Lost in Space (1965, basierend auf der Comic-Vorlage Space Family Robinson) und Kinofilme wie Silent Running (1972) ähnliche Ideen aufgriffen. Die Tatsache, ihr Raumschiff ";Aeon" zu nennen, könnte außerdem sogar eine passende Anspielung von Latner auf Greg Bears preisgekröntes Werk Eon aus dem Jahr 1985 sein (in welchem wiederum ein riesiger navigierfähiger Meteorit vorkommt, der über der vom atomaren Weltkrieg bedrohten Erde schwebt).

Latner jedoch konzentriert sich in ihrem Buch vor allem auf die medizinischen, gentechnologischen und sozialen Aspekte, die solch eine lange Expedition im Weltraum für die Crew mit sich bringt. Die Hauptfiguren sind dementsprechend auch die Chefärztin Catharin Gault und Joseph Devreze, ein Genie auf dem Gebiet der Molekularbiologe. Die beiden müssen gemeinsam mit dem Führungsstab der Kolonisten die großen Probleme lösen, die sich nach ihrer Zielankunft auf dem Planeten ";Green" ergeben. Auf diesem landen sie erst nach einem sehr langen Umweg - der erste anvisierte Planet hatte in der Zwischenzeit seinen Mond verloren und seine Umlaufbahn geändert - und nach über 1000 Jahren in Stasis, dem künstlichen Kälteschlaf. Solche Bedingungen wirken sich unweigerlich auf die Physis der Besatzung aus, zum Teil auf zerstörerische Weise: Fast alle Mitglieder erleiden schwerwiegende Defekte auf zellmolekularer Ebene.

Darüber hinaus ergeben sich mentale Auswirkungen für die Kolonisten, die etliche Lichtjahre entfernt feststellen müssen, dass die alte Heimat namens Menschheit auf der Erde nicht mehr existiert und sich gleichzeitig die neue Heimat als nicht so paradiesisch entpuppt wie zu Anfang gedacht. Und über dem zu bewohnenden Planeten thront außerdem stets unheimlich wirkend der vollständig mit Wasser bedeckte Planet ";Blue", der Hurricane Moon.

Dies führt auch zu verstärkten sozialen Verwicklungen unter den Beteiligten. Alle müssen in der Not zusammenhalten, jeder sucht Zuflucht und Halt bei seinen Kollegen. Die Protagonisten werden dabei nicht selten von erotischen Motiven geleitet. Zwischenmenschliche Beziehungen spielen in dem Roman eine sehr große Rolle, Begriffe wie ";sexual", ";attractive", ";satisfaction" oder ";love" sowie detaillierte ästhetische Beschreibungen körperlicher Merkmale prägen regelmäßig die Handlung.

Leider nur Durchschnitt

Wen das nicht abschreckt, genießt es einfach. Zwischen diesen romantischen Episoden wird man als Leser immer wieder abrupt auf die Gefahren der neuen Heimat der Aeon-Besatzung aufmerksam gemacht: beispielsweise kommt ein Pilot auf mysteriöse Art und Weise ums Leben, eine unerwartete Megaflut tötet zudem fast mehrere Wissenschaftler auf einer Erkundungstour. Diese Phänomene werden von der Autorin auf interessante menschliche Weise aufbereitet, denn Schuld daran hat allem Anschein nach insbesondere die pure Naivität der Besatzung, indem sie sich schlichtweg zu schnell zu sicher bzw. wie zuhause fühlt.

Latner macht nur einen, dafür aber leider einen schweren erzählerischen Fehler: Immer dann, wenn sie auf den bedrohlichen Hurricane Moon zurückkommt und ihre eigenen Figuren langsam aber sicher dem seltsamen (künstlichen) Ursprung des blauen Planeten auf die Spur zu kommen scheinen, lenkt sie den Handlungsstrang plötzlich wieder auf eine andere Situation. Anstatt hier bewusst einmal in die Tiefe zu gehen, verharrt sie oftmals scheinbar motivationslos an der Oberfläche. Diese ";Taktik" findet ihren Höhepunkt am Ende des Romans, als Joseph Devreze schließlich des Rätsels Lösung und damit die Er-lösung findet und der Leser sich fragt, wie es dazu kommt (und Gewisses ahnt), die Autorin allerdings nicht.

Alexis Glynn Latner besitzt zweifelsohne Talent und handwerkliches Geschick als phantastische Autorin, nicht umsonst schreibt sie regelmäßig für das ehrwürdige Magazin Analog und lehrt Creative Writing an einer texanischen Universiät. Mit Hurricane Moon ist ihr jedoch letztendlich nicht mehr als ein durchschnittlicher Science-Fiction-Liebesroman im Milieu der Gentechnologie gelungen.

Hurricane Moon

Alexis Glynn Latner, -

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