Das Erbe der Elfen (Die Hexer-Saga 1)

  • dtv
  • Erschienen: September 2019
  • 3
Das Erbe der Elfen (Die Hexer-Saga 1)
Das Erbe der Elfen (Die Hexer-Saga 1)
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Carsten Kuhr
85°1001

Phantastik-Couch Rezension vonOkt 2008

Die etwas andere Sword & Sorcery-Saga aus Polen

Geralt - der Name ist Programm, versteckt sich doch hinter dem Namen Gerald, den der Autor nur leicht abänderte, die Bedeutung ";Der mit dem Schwert herrscht" - verdingt sich als Hexer in einer mittelalterlichen Welt, um Ungeheuer zu bekämpfen. Trotz seiner weißen Haare wirkt er düster, ja abweisend auf seine Mitmenschen. Nur wenigen gelingt es, hinter die Schale zu blicken und das wahre Wesen des Hexers zu erkennen.

Nach der verlorenen Schlacht um Cintra war der Hexer verschwunden. Gerüchte wurden laut, ob auch er zu den vielen tausend Opfern der Schlacht gegen die Nilfgaarden gehöre oder ob er sich endgültig zurückgezogen hätte. Dabei wird er gesucht. Mächtige Fürsten, finstere Gestalten, Zauberer und Magierinnen, sie alle forschen nach dem Verbleib des kundigen Hexers mit dem silbernen Schwert. Schätze werden ausgelobt, Spione in Marsch gesetzt, Gefallen eingefordert, Menschen gar gefoltert, nur um dem Verschwundenen auf die Spur zu kommen. Und dies nur, weil er sich eines jungen Mädchens angenommen hat. Einem Mädchen, das nicht nur der königlichen Linie derer von Cintra und damit dem Älteren Blut entsprang, sondern das als Quelle auch magische Kräfte bündelt und einem zauberkräftigen Wesen zur Verfügung stellen kann.

In einer Welt, die am Rande eines Bürgerkrieges dahintaumelt, in der alle Nichtmenschen mit Misstrauen beäugt werden, und in der der nächste Feldzug auf allen Seiten vorbereitet wird, tut Geralt sein Möglichstes, um Cirilla zu schützen - und wer den mächtigen Hexer kennt, der weiß, dass er meist noch einen Trumpf im Ärmel hat. Doch dann wird er verraten ...

Zu anspruchsvoll für den deutschen Markt

Anfang der 90er Jahre entwickelte der polnische Autor Sapkowski seinen Helden - so man die düstere Gestalt denn als solches bezeichnen mag. Eher in der Tradition eines Elric von Melniboné als eines strahlenden Recken ging dieser in zwei so genannten ";Episodenromanen" auch in Deutschland auf Leserfang (Heyne Verlag), doch blieb dem Werk der Erfolg versagt. Die lose miteinander verbundenen Novellen in den Bänden ";Der letzte Wunsch" und ";Schwert der Vorsehung" entsprachen so gar nicht der Erwartungshaltung der Fans von Tarl Cabot, Conan und Co. Das war kein muskelbepackter Recke, der einen munteren Spruch auf den Lippen seine Gegner reihenweise niedermetzelte, der scheinbar problemlos Schätze und Frauen gleichermaßen eroberte. Das las sich schwieriger, weil niveauvoller. Ein dialoglastiger Stil, die Anspielungen auf Märchen insbesondere von Hans Christian Andersen und ein hintergründiger Humor waren damals einfach zu viel für den deutschen Markt. Während die Heyne-Lizenzen liegen blieben, konnte der Hexer in Polen einen Siegeszug ohnegleichen antreten. Neben den beiden einführenden Kurzgeschichten-Romanen verfasste der Autor in der Folgezeit eine fünf-bändige Saga, deren Titel es allesamt auf die polnischen Bestsellerlisten schafften.

Zwischenzeitlich bei dtv mit seiner Trilogie um dem Medicus ";Reinmar von Bielau" auch bei uns zu Bestsellerehren gelangt und mit dem Rückenwind durch das populäre PC-Rollenspiel ";The Witcher" begann dtv zunächst damit, die ersten beiden Episoden-Romane um den Hexer nachzudrucken. Und, was kaum einer erwartet hatte, die Bände erwiesen sich als Renner. So ist es nur folgerichtig, dass sein Verlag die neue Saga um den Hexer besonders herausstellt. Im Trade-Paperback, bei dtv unter der Bezeichnung Premium laufend, in einer hochwertigen Geschenkkassette wurde zur Buchmesse 2008 der erste der fünf Bände vorgelegt. Die weiteren Titel sollen im halbjährlichen Rhythmus folgen. Die Übersetzung der Pentalogie liegt, wie bereits die der ersten beiden Bücher, in den bewährten Händen von Erik Simon, dem es sehr gut gelingt, die sprachliche Gewandtheit des Autors zu bewahren.

Inhaltlich baut das Elfenerbe auf der Handlung der ersten Titel auf, ohne dass hier eine Lektüre zum Verständnis notwendig ist. Mit großem Geschick verpackt der Autor dabei Themen wie Fremdenfeindlichkeit, Gleichberechtigung oder die Vertreibung und letztlich Ausrottung von Naturvölkern durch die technisch wie zahlenmäßig überlegenen Menschen in seine Handlung, nimmt Anleihen beim Blitzkrieg und beim Überfalls Hitlers auf Polen zu Beginn des zweiten Weltkrieges und formt aus seiner überraschend realistisch und vielschichtig gezeichneten Welt einen düsteren Rahmen für seine Geschichte.

Dabei ist auch vorliegender Roman kein geschlossener Text in gewohntem Muster. Die jeweiligen Kapitel, sieben an der Zahl, sind jeweils sehr lang, bieten einen eigenen Spannungsbogen und liegen auch zeitlich zum Teil deutlich auseinander. Dazu kommt, dass die Konzentration auf Geralt als Handlungsträger zunehmend durchbrochen wird. Immer wieder rücken neue Gestalten ins Zentrum der Aufmerksamkeit, nutzt der Autor andere Sichtweisen, um uns seine Geschichte zu erzählen. Die Bekämpfung der Monster wird kaum mehr thematisiert, statt dessen wendet sich Sapkowski dem politischen Ränkespiel zu.

Mittels seines sehr bewusst eingesetzten Stilmittels der persönlich gefärbten Dialoge gelingt es dem Autor, seinen Gestalten Leben einzuhauchen und beiläufig fast Details seiner Welt mit einfließen zu lassen. So entwickelt sich Geralt im Verlauf der Handlung von einem fast gefühlskalt wirkenden Einzelgänger hin zu einem aufopfernd für Cirilla kämpfenden Mann, der zudem tragisch in einer Dreiecksbeziehung verzweifelt.

Gerade weil diese Saga uns anders als das Übliche daherkommt, weil sie eine dezidiert ausgearbeitete, überzeugende Welt präsentiert und vom Humanismus seines Erzählers geprägt ist, kann man die Lektüre nur jedem Fantasy-Freund, der offen für Neues ist, ans Herz legen.

Das Erbe der Elfen (Die Hexer-Saga 1)

Andrzej Sapkowski, dtv

Das Erbe der Elfen (Die Hexer-Saga 1)

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