Die Werwölfe

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2009
  • 1
Die Werwölfe
Die Werwölfe
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Marcel Buelles
74°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2009

Wie die Werwölfe ans Licht kommen - und mit ihnen die Dunkelheit

Der junge Cavaliere von Otranto, Niccolo Viviani, hat sein Herz an die bezaubernde Valentine verloren und hofft sie zu heiraten. Doch sein Vater, der Conte Viviani, bestimmt für ihn eine Karriere beim Militär. Die Idylle seiner toskanischen Heimat scheint ein jähes Ende zu finden, doch Niccolo darf noch eine "Grand Tour" machen - sich die Hörner abstoßen, etwas von der Welt sehen, wie es sich für einen Adligen zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts gehört. Aber seine Gedanken sind nur bei Valentine, die er in ihre schweizerische Heimat begleitet, bevor es zum Regimentsdienst gehen soll. Als er das malerische Dorf in der Nähe von Genf erreicht, lernt er einen außergewöhnlichen englischen Dichter und seine Freunde kennen, mit deren Ruf es nicht weit her ist: Lord Byron schert sich nicht um gesellschaftliche Zwänge. Was Niccolo aber noch nicht weiß, ist, dass Byron und seine Freunde mehr sind, als es den Anschein hat. Sie sind anders. Sie wollen ihn in ihr Rudel aufnehmen.

Ein Werwolf zu sein hat seine Vorteile - oder auch nicht

Viviani muß mit Entsetzen feststellen, dass Byron, sein Freund Bysshe Shelley und ihr Arzt Polidori Werwölfe sind. Seine Begeisterung für dieses neue Leben als anderes Wesen erlischt in dem Moment, als sie beim Initiationsritual angegriffen und fast getötet werden: Die Heilige Mutter Kirche hat etwas gegen die Ausgeburten der Hölle und alle, die mit ihnen zu tun haben. Von diesem Moment an ist Niccolo ein Gejagter und sie teilen sich auf, um dem Geheimbund des Vatikans die Jagd zu erschweren. Valentine läßt er zurück ohne ein Wort des Abschieds, und in ihrer Enttäuschung heiratet sie den Grafen Ludwig von Karnstein, der sein eigenes Geheimnis hat: Er ist ein Vampir, ein Beherrscher des Schattens, der auch vom Vatikan gejagt wird. Niccolo entschließt sich, nach den Ursprüngen der Werwölfe zu forschen und stößt bei seinen Recherchen auf dunkle Geheimnisse, mysteriöse Assassinen mit ungewöhnlichen Kräften. Eine gefährliche Reise quer durch Europa beginnt.

Eine Tour de Force durch die Literaturgeschichte

Wer sich ein wenig mit der Literaturgeschichte der Fantasy auskennt und schon einmal von Shelleys "Frankenstein" oder dem "Castle of Otranto" gehört hat, der ahnt vielleicht, was Hardebusch mit diesem Buch gelingt: Eine augenzwinkernde Hommage an ein bedeutsames Treffen ungewöhnlicher, kreativer Geister wie Byron und Bysshe Shelley in der Schweiz 1816. Der Erfolgsautor von "Die Trolle" und "Sturmwelten" verquickt handwerklich sauber große Poeten und ihre Lebensgeschichte mit dem nach-napoleonischen Europa, das zwar die althergebrachte Ordnung wieder hergestellt hatte, sich aber liberalem und demokratischen Gedankengut nicht auf Dauer erwehren konnte. Wo der Ursprung des Vampirromans, des Genres Horror und natürlich auch der Fantasy liegt, nämlich am Ufer des Genfer Sees, dort läßt Hardebusch Werwölfe und Vampire auferstehen und von der Macht jagen, die auf unserer Welt als Stellvertreter Gottes die Ausgeburten der Hölle jagt: dem Vatikan.

Es gibt keine andere Institution, die soviele Geheimbünde ins Leben gerufen hat oder gerufen haben soll, und auch in diesem Buch ist es nicht anders. Auf gut fünfhundert Seiten folgt der Leser dem jungen Cavaliere und späterem Conte auf seinen Abenteuern, bei denen er oft genug keine besonders gute Figur abgibt, denn sonderlich intelligent, selbständig und kreativ scheint er nicht zu sein. Umso spannender sind daher die Nebencharaktere, die die Geschichte kurzweilig, spannend und gut lesbar halten, um am Ende eine Lösung herbeizuführen, die auf weitere Abenteuer hinweist. Denn wer ist der Mann, der im Hintergrund von Rom aus die Fäden zieht und die Macht der Schatten nutzt? Wo kommen die Werwölfe wirklich her? Was geschieht mit Valentine, die am Ende des Buchs keine Wahl hat, als das Schicksal anzunehmen, daß Karnstein und Niccolo ihr mit Gewalt aufgezwungen haben? Fragen, die Hardebusch sicherlich gerne in einem weiteren Band beantworten würde.

Die Werwölfe

Christoph Hardebusch, Heyne

Die Werwölfe

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