Nur Drachen leben länger

Es ist schon ein Kreuz mit der Lust. Nicht genug, dass man einen passenden, noch dazu willigen Partner finden muss, bevor es dann brenzlig werden darf, gilt es die betörende Dame auch noch zu freien. Das heißt nichts weniger, als dass man in den gestrengen Augen der Eltern der holden Maid bestehen muss. Ein großes Säckel Gold am Gürtel hilft da in aller Regel, diese Barriere locker zu überwinden. Was aber macht man, wenn man ein zwar ganz ansehnlicher, aber bettelarmer Recke von untadeligem Ruf und verarmter Herkunft ist? Richtig, da gab es ja noch etwas - war da nicht vor Urzeiten dem, der den Drachen erschlägt, die Hand der Prinzessin versprochen worden?

Sir Terry und Prinzessin Gloria sind sich einig, so werden sie ihr Glück miteinander finden. Und wirklich, mit Fortune und Dusel gelingt es unserem wackeren Helden den feuerspeienden Drachen mit seiner Lanze den Garaus zu machen. Zu dumm dabei nur, dass die Heldentat jenseits der vor drei Wochen verlegten Grenze des Königreiches geschah - jetzt droht Terry statt der bezaubernden Maid Gloria die Hand der bekloppten Jane, der Kronprinzessin von Medulla, zuzufallen. Ein Glück, dass unser adeliger Held nicht auf den Kopf gefallen ist und sich in letzter Sekunde aus dem drohenden Fiasko herauswinden kann. Kaum nach Hause zurückgekehrt aber sieht er neues Unbill auf sich zueilen. Das Königspaar hat einen Bräutigam für ihre Tochter auserwählt - ein reicher Bäckerssohn soll die Hand ihrer Tochter erhalten. Nicht dumm, überlegt sich unser Liebespaar, wie man die ungewollte Hochzeit verhindern kann.

Gloria wird entführt, Terry rettet sie und alle lebten glücklich und zufrieden... - Sie kennen das ja, so zumindest der Plane der beiden Liebenden. Doch erstens kommt es meisten anders... - auch der dumme Spruch ist bekannt, - wird aus dem Betrug doch schreckliche Wahrheit. Zwei Helden, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten, Sir Terry und der verwöhnte Bäckerssohn brechen auf, ihre Liebste zu befreien..

Skurrile Situationskomik, Verballhornung gängiger Fantasy-Plots, da lacht das Herz und der Bauch bebt

Humorvolle Fantasy-Romane muss man wie die Nadel im Heuhaufen suchen. Nur ganz wenige Autoren wagen sich überhaupt an derartige Kombination heran. Zudem trennt sich hier sehr schnell die Spreu vom Weizen. Terry Pratchett hat das Maß der Dinge mit seinen Scheibenwelt-Titeln vorgelegt, Eoin Colfer und John Moore halten die Fahne hoch.

Schon mit seinem "Blödprinz Charlie" (Piper Verlag) bewies Moore, dass er wie wenige seiner Kollegen dazu in der Lage ist, sich selbst nicht immer bierernst zu nehmen und gängige Fantasy-Klischees durch den Kakao zu ziehen. Vorliegend setzt er noch einen drauf. Mit einem Gespür für aberwitzige Situationen und unerwartete Verhaltensweisen führt er dabei seine Leser ein ums andere Mal hinters Licht.

Wer ahnt denn schon, dass die holde, keusche Maid angesichts ihrer drohenden Verwendung als Hauptgang bei einem Greifendinner mehr als bestrebt ist, ihre Jungfäulichkeit loszuwerden? Statt also dem üblichen Kampf gegen das Fabelwesen steht die Verführung des zunächst nicht eben willigen Verehrers an.

Immer wieder streut der Autor solche, dem gewohnten zuwiderlaufende Ereignisse ein, besticht dabei nicht nur durch Situationswitz sondern auch durch Gestalten, die sich wohltuend ungekünstelt verhalten. Bei all dem Unbill, das unsere Helden, wenn man sie denn so überhaupt bezeichnen mag, ereilt, präsentiert sich die Handlung wohltuend straff und überraschend, liest sich das sehr augenfreundlich groß gedruckte Buch in einem Rutsch an einem der verregneten Herbst-Nachmittage durch. Dabei bestechen die Situationskomik ebenso wie die Verwendung gängiger Handlungsschemata, die überraschend und neu abgewandelt den Leser entzücken. Keine große Literatur, aber eine entzückende, das Zwerchfell trainierende Lektüre.