Dracula - Die Wiederkehr

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  • Erschienen: Januar 2009
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Dracula - Die Wiederkehr
Dracula - Die Wiederkehr
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Jochen König
32°1001

Phantastik-Couch Rezension vonDez 2009

Dracula eins mit der Rute übergezogen

24 Jahre nach den höchst dramatischen Ereignissen um Graf Dracula und seinen vermeintlichen Tod, wird Quincey Harker auf rabiate Art und Weise mit seiner Familiengeschichte konfrontiert. Ist er doch der Sohn Mina und Jonathan Harkers, die beide auf ihre Weise gegen den "Prinzen der Finsternis" kämpften.

Doch diesmal geht die Bedrohung in erster Linie nicht vom transsilvanischen Grafen aus, sondern von einer entfernten Verwandten, der mitleidlosen und nahezu unbezwingbaren Vampirin Erzsébet Báthory, die neben ihrer Vorliebe für Bäder in Jungfrauenblut, von Rache getrieben, sowohl die Kämpfer des Lichts, wie ihren Cousin Dracula auslöschen möchte.

Junior Harker findet sich an der Seite des berühmten rumänischen Schauspielers Basarab plötzlich im Mittelpunkt eines Gefechts, dessen Ursachen und Regeln er unter Mühen und vor allem mentalen Schmerzen erst lernen muss.

Als Kombattanten treten gegen die liederliche Gräfin Bathory an: Dr. Jack (einmal auch John) Seward, Mina und Jonathan Harker, Arthur Holmwood, jetziger Lord Godalming, Abraham Van Helsing und Graf Dracula höchstselbst, allesamt entliehen dem berühmten Roman Bram Stokers, der leibhaftig selbst einige unvorteilhafte Kurzauftritte hat.

Komische und gleichzeitig tragische Figur am Rande ist der stoische und vorgeblich tölpelhafte Polizeiinspektor Cotford, der ebenfalls bereits bei Stoker Erwähnung fand, und jetzt seine eigenwilligen Schlüsse bezüglich eines berühmten Serienkillers zieht, der sich Ende des 19. Jahrhunderts ausnehmend unhöflich gegenüber diversen Prostituierten zeigte.

Es kommt zu Scharmützeln der libidinösen und blutigen Art, Fehleinschätzungen und -tritte werden harsch abgestraft. Am Ende, nach mehreren Showdowns, als kaum noch jemand auf den Beinen steht, wartet auf die Überlebenden, Halbtoten, Schein- und ganz Toten eine Schlusspointe.

Grober Unfug

Dracula - Die Wiederkehr kommt die zweifelhafte Ehre zuteil, ein schlechtes Buch in einer noch schlechteren Übersetzung zu sein. Welcher Teufel mag den Übersetzer wohl geritten haben, aus dem allseits bekannten Unhold Jack the Ripper, "Jack der Schlitzer" zu machen? Was nur der gröbste Unfug eines jämmerlichen Buches ist. Wobei die Autoren sich nicht hinter dem Übersetzer zu verstecken brauchen. Die verschiedenen Formen von "der alte Mann", in Verbindung mit Abraham van Helsing, gab es anscheinend als Meterware zu kaufen, und wenn Mina Harker zum x-ten Mal innerlich bebend über ihren "Prinzen der Finsternis" räsoniert , wird jeder Geduldsfaden auf das Einfältigste strapaziert.

Obwohl beide Autoren im Nachwort versichern, dass sie große Kenner und Verehrer des Original-Draculas sind, geht ihnen eins ab, was zu einer gelungenen Fortsetzung, ja selbst zu einer Parodie gehört: Respekt.

Stoker und Holt holen zwar eine Vielzahl der Figuren aus Dracula auf's Parkett, gehen aber sehr würdelos mit ihnen um. Im teilweise fortgeschrittenen Greisenalter wird den ehemaligen "Kämpfern des Lichts" übel mitgespielt. Fast jeder wird auf die Bühne gezerrt und darf Federn lassen; selbst vor Bram Stoker machen die Autoren nicht halt. So ehrerbietig beide im Nachwort klingen, so degoutant stellen sie Stoker als zweitklassigen Autoren, mäßigen Plagiator und peniblen Bürokraten vor das entgeisterte Publikum. Ob das der Realität entspricht, ist dabei völlig egal, denn Dracula - Die Wiederkehr stellt keine Biographie dar, sondern eine lasche Fiktion, die des Vorführens eines hilflosen Mannes nicht bedurft hätte.

Wrestling mit Vampiren

Geist- und sinnlos stoppeln die Autoren zusammen, was nicht zusammen gehört. Graf Dracula, der sich in schattenhaften Auftritten als vampirischer Gotteskrieger gegen die fürchterliche Bathory behaupten darf (und dabei ziemlich blass aussieht) bleibt profillos; die Bathory selbst ist mehr übersäuerter Hulk als femme fatale; Vampirismus wird als Mischung aus Krankheit und Steroidüberschuss gedeutet. Das Stoker und Holt Coppolas Deutung des Vampir-Mythos mit einbauen, sei ihnen unbenommen, dass sie nach Lust und Laune Regeln brechen (oder auch nicht) fällt schon schwerer ins Gewicht, zeugt es doch von einem Mangel an Struktur und eigenen Ideen.

Die Geschichte plätschert recht spannungslos dahin, ab und an gibt es kleine Ausbrüche von Erotik und Gewalt, doch werden diese entweder holperig präsentiert, oder derart langwierig vorbereitet, dass die Spannung bricht, bevor sie gebogen wurde. So wird schließlich völlig egal, ob die Vampire bei Tageslicht zerfallen oder nicht, das Kruzifixe nur bei gläubigen(!) Vampiren Wirkung zeigen, Dracula sich im Spiegel rasieren kann und Knoblauch, sowie spitze Holzpflöcke kaum eine Rolle spielen.

Nach vierhundert Seiten nimmt die Spannung dann endlich einmal zu, es gibt einen furiosen Showdown in einem Bahnhof, der Dracula zwar wiederholt als Jammergestalt zeichnet, in dem aber trotzdem die Fetzen fliegen. Das erinnert zwar fatal an die actionlastigen Zugszenen in Die Hard 3 und vor allem Hellboy, ist aber tatsächlich recht mitreißend geschrieben. Leider lassen es die Autoren nicht dabei bewenden, sondern klatschen noch weitere Schlusskämpfe hinten dran. Einer lächerlicher als der andere. Erinnert fatal an choreographierte Wrestling-Kloppereien, während derer sich überlebensgroße Figuren vorgeblich zu Klump hauen lassen, um dann wieder aufzustehen und Paroli zu bieten.

Wirkt in vorliegendem Buch leider völlig unglaubwürdig, weil Bathory zum Hulk Hogan der Vampire aufgebaut wird, und ihre Gegner allesamt als unterlegene Sparringspartner agieren müssen. Da trifft Mina Harkers Ausruf:"Ich bin Draculas ehebrecherische Hure" die Gräfin schon ins Mark, und Dracula, der Findige, hat vielleicht auch noch den ein oder anderen Trick auf Lager. Mehr Leben (oder Tode) als eine durchschnittliche Katze besitzt er auf jeden Fall. Und einen guten Draht nach oben, bezeichnet er sich doch voller Überzeugung und entgegen Bram Stokers Deutung, als "Gotteskrieger".

Hilflos durch die Nacht

Quincey Harker staunt und wundert sich den ganzen Roman über, kapiert wenig, tut noch weniger, auch wenn er irgendwann feststellt, dass er schneller laufen kann als Usain Bolt. Nutzt ihm nichts, er bleibt weitgehend Zuschauer mit offenen Mund, darf aber ab und an das renitente Böckchen spielen, Schauspieleleve, der er ist. Das Ende schließlich verweist Richtung Packeis und lässt einen wahrhaft grauenhaften Gedanken wachsen: hat Mary Shelley etwa eine unbegabte Urgroßnichte, die möglicherweise die Legende von Baron Frankenstein und seinem Monster im Angesicht Draculas fortsetzen möchte?

Gab's doch schon: Wer erinnert sich nicht an den legendären Filmkracher: Draculas Bluthochzeit mit Frankenstein? DEN könnte ein zumindest namentlich wohl beleumdetes Trio oder Quartett immerhin in den Schatten stellen. Oder auch nicht...

Es gibt Bücher, die haben, auch bei einem Umfang von über fünfhundert Seiten, mit einem einzigen Satz verloren. Bei Dracula - Die Wiederkehr lautet dieser Satz: "Er konnte ihren kalten Atem auf seiner anschwellenden Rute spüren."
Die Rede ist nicht vom Nikolaus.

Einen mageren Spaß kann man sich daraus machen, all die Dracula-Darsteller der vergangenen Jahrzehnte zu finden, die im Buch kleine und größere Auftritte haben. Doch selbst diese minimale intellektuelle Herausforderung gönnen die beiden Autoren dem Leser nicht; erklären sie sich im Nachwort doch ausdrücklich. Und ausgerechnet der Darsteller, der, zwar missverstanden, den wohl größten Einfluss auf Draculas Wiederkehr hatte, findet keinen Eingang: Gary Oldman. Er darf es als Segen empfinden.

Kleines Gerücht zum Schluss: nachdem Jan de Bont bereits als Hauptverantwortlicher für die wahrscheinliche Verfilmung genannt wurde, sind mittlerweile derartige Pläne wohl auf Eis gelegt. Da können sie gerne bleiben. Zusammen mit der möglichen literarischen Fortsetzung.

Dracula - Die Wiederkehr

Dacre Stoker, -

Dracula - Die Wiederkehr

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