Dämonisches Tattoo

  • Otherworld
  • Erschienen: Januar 2010
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Dämonisches Tattoo
Dämonisches Tattoo
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Eva Bergschneider
46°1001

Phantastik-Couch Rezension vonFeb 2010

Passen Serienmorde, indianische Mystik und Lovestory in einen Roman?

Washington D.C. wird von einem Serienmörder in Angst und Schrecken gehalten. Vorzugsweise in beschaulichen Vorstadtvierteln, näht er allein gelassenen Ehefrauen Mund und Augenlider zu, spritzt ein Antigerinnungsmittel und schneidet ihnen schließlich die Kehle auf. Für die Polizei ist er ein Phantom, denn er hinterlässt keine Spuren, kommt stets unbeobachtet davon.

Schließlich erwischt er die Ehefrau des FBI-Agenten Frank Cassel. Noch am Tatort spricht der Indianer Joseph Quinn den ermittelnden Agenten, Franks Kollegen Chase Ryan an. Quinn behauptet, er könne ein Ritual durchführen, das dem Agenten hilft, den Mörder aufzuspüren. Chase lässt Quinn abblitzen. Doch Frank, wahnsinnig vor Trauer, sieht darin die Chance, den Tod seiner Diana zu rächen. Er bestellt Chase zu sich und zwingt ihm Quinns mystisches Tattoo auf. Frank spekuliert darauf, dass die Verbindung, die zwischen dem Agenten und dem Mörder besteht, den Tod des Killers zur Folge hat, wenn er Chase tötet.

Chase flieht mit dem Auto der Sensationsreporterin Kate Lombardi. Der Agent sieht nun durch die Augen des Mörders und der Mörder durch die seinen. Frank hat dafür gesorgt, dass er auch noch von den Cops verfolgt wird. Zudem bekommt der Killer durch einen Trick die Kontrolle über die Verbindung. Als Zwangsgemeinschaft tauchen Chase und Kate unter, jagen den Killer, erforschen die unberechenbare Kraft des Zaubers und kommen sich immer näher.

Spannender Aufbau - stereotype Charaktere - sprachliche Schnitzer

Nach Veröffentlichungen von High-Fantasy- und Vampirromanen wagte sich die deutsche Autorin Brigitte Melzer auf ein neues Terrain, das des Mystery-Thrillers. Die Verbrechen in der Geschichte erinnern an Serienkiller-Thriller à la Thomas Harris. Auch Melzers Killer in Washington D.C. tötet fortlaufend, verstümmelt seine Opfer und inszeniert seine Taten. So beginnt "Dämonisches Tattoo" mit dem bestialischen Mord an der Ehefrau eines FBI-Beamten.

Drei Monate später tritt dieser als weiterer Täter in der Handlung auf. Nimmt man Frank Cassel so lange nach der Ermordung seiner Ehefrau diese Wandlung zum potentiellen Killer ab? Es fällt schwer, denn man erfährt zu wenig über seine Entwicklung in der Zeit. Etwas mehr Tiefgang in Cassels Psyche, gern um des Überraschungseffektes willen im späteren Verlauf des Romans, hätte die Story glaubwürdiger gemacht.

Auch sonst wandelt die Autorin in "Dämonisches Tattoo", was ihre Charaktere angeht, auf hinlänglich ausgetretenen Pfaden. Ihre Hauptfiguren sind der zugeknöpfte, geheimnisvolle Superagent und die zickige, aufgetakelte Sensationsreporterin. "Dämonisches Tattoo" erzählt neben der Crime- eine Love-Story. Aus der anfänglichen Täter-Opfer Beziehung entsteht zunächst eine Zwangsgemeinschaft und schließlich Liebe. Dabei wird der einsame Wolf, der nur mit seiner Arbeit verheiratet ist, zum fürsorglichen Beschützer und die berechnende Reporterin zur liebevollen Frau. Aber auch hier überzeugt die Entwicklung nicht. Brigitte Melzer fehlen schon die sprachlichen Mittel, um ihren Charakteren Tiefe zu verleihen. Viele Dialoge, die humoristisch oder sexy wirken sollen, kommen langweilig oder einfach nur platt herüber. Zum Beispiel fühlt sich Kate von Chase angezogen, wie die Maus vom Käse [S. 195], droht beim Anblick seines Sixpacks zu sabbern [S. 198] und dergleichen mehr. Der Mittelteil des Buches dreht sich hauptsächlich um das "Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht"-Thema, ist wenig originell und unterbricht den bis dahin leidlich aufgebauten Spannungsbogen.

Wenigstens tritt hin und wieder der Killer in Aktion. Er aktiviert und kontrolliert die mystische Verbindung zu seinem Verfolger und lässt ihn an seinen Morden teilhaben. Der Gejagte manipuliert den Jäger, ist ihm und dem Leser stets einen Schritt voraus. So kommt in einigen dieser Szenen durchaus Gänsehautfeeling auf, wenn nicht unfreiwillig komische, sprachliche Mittel die Stimmung verderben. Nach einem vielversprechenden Auftakt und einem mäßigen Mittelteil, erwartet den Leser am Schluss ein rasantes Finale. Kate und Chase agieren hier auf getrennten Wegen und ersinnen raffinierte Schachzüge, um Frank und den Serienkiller zu stellen.

Unterm Strich hat Brigitte Melzer zu viel gewagt, als sie einen Serienkiller-Thriller mit mystischen Elementen und eine Romanze kombinieren wollte. Als Thriller überzeugt die Story, basiert auf einer guten Idee und enthält spannende Momente. Die mystischen Elemente hätten etwas intensiver behandelt werden dürfen. Den kurzen erklärenden Einschub am Schluss hätte man sich eher gewünscht, der Indianer Joseph Quinn hätte Potential für eine zentralere Rolle gehabt. Mehr Mystery hätte möglicherweise einen Teil der Liebesgeschichte verdrängt - was dem Roman sicherlich gut getan hätte.

Für kommende Veröffentlichungen wünsche ich Frau Melzer und ihrem Lektorat etwas mehr Gespür für Stil und sprachliche Mittel. Denn ungeschickt gewählte Metaphern und holprige Dialoge ruinieren in "Dämonische Tattoo" oftmals die Atmosphäre.

Dämonisches Tattoo

Brigitte Melzer, Otherworld

Dämonisches Tattoo

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