Flucht nach Faerie

  • Otherworld
  • Erschienen: Januar 2010
  • 0
Flucht nach Faerie
Flucht nach Faerie
Wertung wird geladen
Carsten Kuhr
70°1001

Phantastik-Couch Rezension vonMär 2010

Middle-of-the-road Fantasy, oder doch mehr?

Michael Krug, Herausgeber und Übersetzer in Personalunion, selbst bezeichnet den Roman auf dem Backcover als "klassische High-Fantasy par Excellence". Nun, da weiß man dann doch zumindest gleich, worauf man sich einstellen darf. Ein junger, natürlich trotz anfänglicher Defizite - zu einfach darf man ihm seine Queste schließlich nicht machen - charismatisch-erfolgreicher Held, dazu eine muntere Gesellschaft nicht minder befähigter Helfer und eine Welt, die vor dem Bösen gerettet werden muss. Man kennt das ja, seit dem "Herrn der Ringe" wurde diese Ausgangslage ungefähr eine Millionen Mal genutzt, um Manuskripte an den Käufer zu bringen.

Und wirklich, schon der Prolog weist den Weg. Da schleimt sich ein mächtiger Diener im Auftrag des Bösen bei seinem Herren, einem Typen, der Darth Vader schwach aussehen lässt, ein. Gegen eine Information erhält er den Aufenthaltsort eines unglaublich mächtigen magischen Artefakts, mit dessen Hilfe die letzte noch dem Bösen strotzende Gemeinschaft der Elben unterworfen werden kann.

Im nächsten Kapitel dann lernen wir unseren Helden, den späteren Hüter des Elbenartefakts kennen - und staunen nicht schlecht! Statt eines kraftstrotzenden Jünglings mit Waschbrettbauch und Bizeps wie Baumstämmen begegnet uns Alek Maurer, seines Zeichens Bäckerlehrling, mit allzu viel Speck rund um seine ausladenden Hüften. Das soll unser Held sein? Das ist doch eher eine Witzfigur.

Schlimmer noch, der Typ ist nicht nur fett, sondern auch noch verliebt. Dass er auf der Flucht vor dem Bösen seine Angebetete mitnimmt, ist noch verständlich, aber echtes Heldenmaterial ist diese, obwohl sie recht patent daherkommt, auch nicht. Dazu gesellt sich der Rausschmeißer der örtlichen Kneipe und ein depressiver Eremit. Das soll doch nicht wirklich Eglacia vor der Herrschaft Vorik Seths bewahren und dem Hexer Salim und seinen Schergen zeigen, was eine Harke ist - oder doch?

Na ja, es wird besser. Auf der Flucht mit dem Talisman von Salim gesellt sich doch tatsächlich ein Recke zu den Vieren. Ein Schwertkämpfer par excellence, allerdings mit einer kleinen Schwäche behaftet - er säuft wie ein Loch. Verfolgt von Kobolden, Orks und dem Verwüster durchqueren sie mystische Wälder, begegnen Horren, dem Hüter des Addinhains, durchqueren - oder eher ungehen - das Gebirge, in dem die verwunschenen Elbenleichen ruhen und erreichen schließlich müde, zerschlagen, um diverse Pfunde leichter am Schluss die Heimat der Spitzohren.

Hoppla, das ist eine gar ungewöhnliche Heldentruppe

Die Queste selbst bietet sich relativ gewohnt dar. Die Jagd der Bösen auf unsere Guten bewegt sich dabei, zwar routiniert verfasst, doch sehr im Bereich dessen, was wir aus diversen entsprechenden Zyklen kennen. Insofern ginge das Buch im Allerlei, das uns die Verlage allmonatlich präsentieren fast ein wenig unter, wenn, ja wenn es der Autor nicht verstehen würde, mit den Erwartungen seiner Leser zu spielen.

Natürlich sind die Bösen schlecht, insbesondere Salim und dessen Helfer werden arg schablonenhaft und oberflächlich dargestellt. Ganz anders dagegen unsere muntere, pardon eher müde und von Muskelkater geplagte Heldentruppe. Hier hat Beil mich gepackt, hat es geschafft, mich zu überraschen. Eingebettet in all die bekannten Versatzstücke eines zunächst stromlinienförmig geschriebenen Fantasy-Romans begegnen uns plötzlich Personen, die ein wenig, so manches Mal sogar ganz anders sind, als die üblichen Recken. Die glaubwürdig agieren, die sich fürchten, die müde sind, Hunger haben, einfach nur ihre Ruhe haben wollen. In diese Gestalten kann man hineinschlüpfen, hier kann man sich glaubwürdig einfinden und den inneren Schweinehund, der einem ins Ohr flüstert, doch einfach aufzugeben, überwinden. Das macht die Lektüre interessant, das lockert die Handlung mit Humor auf und überzeugt durch glaubwürdige Charaktere.

Ich bin gespannt, ob und wie es dem Autor gelingen wird, im nächsten Teil "The Sword of Kings" das sich momentan im Lektorat für die US-Ausgabe befindet, hier seiner Linie treu zu bleiben. Bis dahin solide, teilweise sehr lustig und flüssig zu lesende Unterhaltung

Flucht nach Faerie

Jason N. Beil, Otherworld

Flucht nach Faerie

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Flucht nach Faerie«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Sci-Fi & Mystery
(MUSIC.FOR.BOOKS)

Du hast das Buch. Wir haben den Soundtrack. Jetzt kannst Du beim Lesen noch mehr eintauchen in die Geschichte. Thematisch abgestimmte Kompositionen bieten Dir die passende Klangkulisse für noch mehr Atmosphäre auf jeder Seite.

Sci-Fi & Mystery