Schattenkrieger

  • Otherworld
  • Erschienen: Januar 2010
  • 4
Schattenkrieger
Schattenkrieger
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Anja Helmers
55°1001

Phantastik-Couch Rezension vonMär 2010

Die Erwählten gegen Nazimonster

Jack Chambers, ein hoch dekorierter Kriegsheld, wird von Albträumen geplagt. Während des zweiten Weltkriegs kämpfte er auf Seiten der Allierten im Hürtgenwald. Er schickt seinen Enkel Sean nach Deutschland, um ein altes Tagebuch und eine Karte an einen Freund auszuliefern. Auf dem Weg nach Heidelberg trifft Sean einen ehemaligen Kampfgefährten seines Großvaters. Rabbi Goldstein versucht mit allen Mitteln, Sean von der Übergabe des Tagebuches an General Briggs abzuhalten. Chambers Enkel lässt sich nicht beirren und begleitet den Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte zu einem kleinen Friedhof.

Dort wurden 1944 die gefallenen Kameraden von Jack Chambers Zug begraben. Nach über 60 Jahren sollen deren sterblichen Überreste auf Veranlassung von Chambers endlich in ihre Heimat überführt werden. Währenddessen vertieft Sean sich in das Tagebuch seines Großvaters und erfährt so von der selbstmörderischen Mission und einem grauenvollen Geheimnis, das niemals ans Licht der Welt gelangen darf.

Reales Grauen ist nicht genug

Über eine Rahmenhandlung aus der Gegenwart führt Brian Moreland den Leser zu den eigentlichen Geschehnissen im zweiten Weltkrieg. Die Schlacht im Hürtgenwald zählt zu den erbittertesten und verlustreichsten Kämpfen im Gedächtnis der Amerikaner und gilt als eines der letzten Mythen des zweiten Weltkriegs. Drachenzähne genannte Betonhöcker zur Panzerabwehr, der von den Alliierten als Siegfriedlinie bezeichnete Westwall und der ´Höllenwald', wie das dichte, unwegsame Waldgebiet in der Eifel auch genannt wird, erinnern an altdeutsche Mythen und an das Nibelungenlied. Solche Begriffe animieren förmlich und das nutzt der Autor. Aber das reale Grauen des monatelangen, furchtbaren Abschlachtens ist Moreland nicht genug, er fügt dem Ganzen übernatürliche Elemente hinzu.

In ´ewigen Nebel gehüllt' gebiert der ´bloody Huertgen' dunkle Schattensoldaten, die die GIs gnadenlos abschlachten und eine verlassene Kirche birgt ein grauenhaftes okkultes Geheimnis der Nazis.

Nebelmaschinen los

Die furchtbaren Zustände an der Front, die beklemmende Ausweglosigkeit und die schiere Brutalität der Grabenkämpfe werden glaubhaft geschildert und können niemanden kalt lassen. Als das Gesuch um Fronturlaub von Jack Chambers und seinen Männern abgelehnt wird, möchte man am liebsten dem arroganten Major Powell in den Hintern treten. Insoweit gelingt es dem Autor, zu überzeugen. Aber sobald die Handlung mehr und mehr ins übernatürliche abrutscht, schlagen die Schwächen des Buches zu. Der Autor bedient etliche Klischees, am Bild der Guten und Bösen wird keinen Deut gerüttelt und der Gegenspieler des Hauptprotagonisten wird sowohl von seinem Äußeren wie auch von seinen Eigenschaften eindeutig als Fiesling dargestellt. Die überzeichnete Figur des Lieutenant Fallon ist einfach nur ärgerlich, seine Entpuppung ist wenig überraschend. Mehr wiegt dagegen, dass es Moreland nicht gelingt, eine schaurige Atmosphäre zu erzeugen, trotz ausgiebig eingesetzter und detailreich beschriebener Horror- und Splattereinlagen. Zu sehr stört eine plakative Wortwahl bei einem begrenzten Wortschatz und die eingesetzten Mittel entsprechen mehr einem Drehbuch.

Zur Untermalung der düsteren Stimmung wird ständig die große Wetterkeule herausgeholt. Wie Versatzstücke einer Bühnendekoration werden Blitz, Donner, Nebel, Wind und Regen eingesetzt. Völlig unrealistische Wetterszenarien führen dazu, dass man sich automatisch wie beim Drehen einer Filmszene vorkommt, wo der Regisseur lautstark noch mehr Nebel einfordert oder um kräftigen Donner bittet. Dazu kommen unlogische Kleinigkeiten, die den Lesefluss stören und einer aufkommenden Stimmung einen Dämpfer versetzen.

Von Gott erwählte Krieger

Auch übertreibt Moreland das Einfügen von zu vielen Elementen. Man nehme von jeder Religion etwas, rühre ein wenig jüdische Kabbala, ein bisschen heidnische Runen hinein, packt die immer gern genommenen Freimaurer und typisch amerikanisches Pathos dazu und hat am Ende eine tolle Verschwörungstheorie, in der von Gott erwählte Männer gegen Nazimonster aus der tiefsten Hölle ankämpfen. Das wirkt arg überzogen, und dass sich die Protagonisten an manchen Stellen unverständlich blöd verhalten, zieht eine an sich dramatische Szene schnell ins Lächerliche.

Aber wer über all das hinweg lesen kann, bekommt mit "Schattenkrieger" eine trashige Horrorstory mit harter Action und reichlich Splattereinlagen. Der Stil ist einfach, mit kurzen Sätzen, und lässt sich flüssig lesen. Abgesehen von der Rahmenhandlung, die nichts wirklich zum Geschehen beiträgt, ist das Handlungstempo hoch.

Wer Tiefgang oder psychologisches Feingespür für das Grauen dieser historischen Schlacht sucht, sollte besser die Finger von "Schattenkrieger" lassen.

Schattenkrieger

Brian Moreland, Otherworld

Schattenkrieger

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