Tag der Finsternis

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2009
  • 2
Tag der Finsternis
Tag der Finsternis
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Eva Bergschneider
83°1001

Phantastik-Couch Rezension vonApr 2010

Spannender Endzeit-Horror

Im dreiundvierzigsten Jahr der kurischen Herrschaft führt Lieutenant David Valentine eine Gruppe Farmer aus der kurischen Zone in das "Freie Territorium". Die Gruppe mit Feldarbeitern, ihren Frauen und Kindern wird von den blutsaugenden Avataren der neuen Herrscher verfolgt. Valentine hofft darauf, sich mit seinen Schutzbefohlenen in einer nahe gelegenen Scheune verbarrikadieren zu können. Doch der vermeintlich sichere Ort erweist sich als tödliche Falle, Schlächter hielten sich im Keller versteckt.

Wie die meisten Menschen, hat der Junge David Valentine Angehörige an die Tod bringenden Handlanger der Kur verloren. Seine Mutter wurde von Quislingen (Kollaborateuren) missbraucht, sein Vater starb im Kugelhagel, als er seine Ehefrau retten wollte. Der elfjährige David kam durch die Schüsse alarmiert aus dem Wald nach Hause und fand seine Eltern und seine kleine Schwester grausam ermordet vor.

Der Padre Max nahm David auf und sorgte für eine den Umständen entsprechend gute Schulbildung, zu der auch die Geschichte der Kur und ihrer Machtübernahme auf der Erde gehörte. Doch als zwei Männer, Samuel und Finner, zu Besuch kamen, spürte David, dass er den Padre verlassen und dem Ruf der Rebellion folgen würde. Der Hexenmeister initiierte ihn zum "Wolf", zu einem Soldaten, der sein Leben der Bekämpfung der Kur und ihrer Handlanger und dem Schutz der verbliebenen Menschen widmet.

Vampiraliens

Der Titel "Vampire Earth", den auch die Originalbände dieser Serie tragen, ist etwas irreführend. Diese Vampire haben wenig mit der Menschenblut saugenden Rasse des klassischen Horrors und schon gar nichts mit den gezähmten Vampiren der Romantik-Fantasy gemein. Es sind Monster aus dem All. Sie kamen durch Sternenportale, lebten lange unerkannt auf der Erde und errichteten nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der menschlichen Gesellschaft eine Schreckensherrschaft. Die Kur sind eine Art der außerirdischen Spezies, der Weltenweber, die sich von den Auren (Geist, Seele) der Menschen ernähren und dadurch unsterblich werden. Sie haben Bestien und Instrumente konstruiert, die die Erdbevölkerung gerade soweit am Leben erhalten, wie es ihren eigenen Zwecken dienlich ist. Doch es gibt Menschen, die Widerstand leisten.

Der Leser begleitet im ersten Kapitel des Auftaktbandes "Tag der Finsternis" den ausgebildeten Widerstandskämpfer Valentine bei einem Rettungseinsatz und erlebt in den folgenden Davids Werdegang zum Wolf.

Jedes Kapitel leitet der Autor mit Erklärungen über die aktuelle politische Situation des Schauplatzes, auf dem die Ereignisse stattfinden, ein. Dort und in rückblickenden Erzählungen der Protagonisten erfährt der Leser, was es mit dieser Kur-Invasion auf sich hat und wie die verbliebenen Menschen überleben. Man befindet sich im Jahr 2065, im 43. Jahr der kurischen Herrschaft, doch die Menschheit scheint in das ausgehende 19. Jahrhundert, in eine "Westernlandschaft" zurückgeworfen zu sein.

Originell kombiniertes, packendes Endzeitepos

E. E. Knight verbindet in seiner Serie, von der in USA bereits 8 Bände erschienen sind, Elemente mehrerer Genre. Man liest einerseits einen Abenteuerroman, in dem die Kunst des Überlebens ein zentrales Thema ist. Man befindet sich ebenso in der Science-Fiction und lernt eine Alien-Rasse kennen, die ein apokalyptisches Terrorregime etabliert, das ihnen ein ewiges Dasein ermöglicht. Aus dem Horrorroman kennt man Menschenblut saugende Monster und Rassen mit übersinnlichen Fähigkeiten. Und mancher Endzeitroman hat hierarchisch strukturierte Widerstandsarmeen gegen Invasoren antreten lassen, unterstützt von mythologischen Überwesen, die den Kämpfern besondere Kräfte verleihen.
Keines dieser phantastischen Motive hat sich der Autor neu ausgedacht, allerdings in "Vampire Earth" zu einem ideenreichen und komplexen Gesamtwerk verschmolzen.

E. E. Knight erzählt aus der Perspektive des allwissenden Erzählers und schafft dadurch eine gewissen Distanz zu seinen Akteuren. Obwohl David Valentine klar als der Held der Geschichte aufgebaut wird, kommen in "Tag der Finsternis" auch seine Wegbegleiter, wie die "Katze" Everready oder sein Späher Gonzales zur Geltung. Die meisten der menschlichen Protagonisten erzählen ihre vom Verlust der Familie geprägten Geschichten und offenbaren ihre Motive, sich dem Widerstand anzuschließen. Trotz der übergeordneten Perspektive wachsen dem Leser die Figuren ans Herz.

Obwohl auch die "Kur" detailliert porträtiert werden, sind die Hintergrundinformationen zu den Aliens, den Weltenwebern und ihren Abtrünnigen, lückenhafter. Die Machtverhältnisse zwischen den außerirdischen Feinden und die eigentliche Rolle der Welteinweber bleibt zumindest im ersten Band ein Geheimnis.

"Tag der Finsternis" ist in erster Linie eine düstere Endzeitstory. Grausame und brutale Szenen werden unzweideutig plakativ beschrieben. Diese Szenen wirken allerdings authentisch, der Autor vermeidet den Eindruck, das Blut nur um der Wirkung willen spritzen zu lassen. Ein Spannungslevel auf höchstem Niveau ist von der ersten bis zur letzten Seite gegeben, auch das schnelle Erdzähltempo trägt zur anhaltenden Faszination bei. Es ist schade, dass man am Ende unmittelbar aus der Handlung heraus gerissen wird, die dramatische Flucht der Siedler aus dem ersten Kapitel bleibt offen im Raum stehen. So einen Cliffhänger hätte "Tag der Finsternis" eigentlich nicht nötig gehabt. Die Reihe wäre auch ohne spannend genug, um den Leser zum Kauf der Folgebände zu animieren. Zum Glück gibt es bereits zwei weitere Bände auf Deutsch: "Wolfsdämmerung" und "Donnerschläge", der vierte Band "Saat der Nacht" erscheint noch in diesem Monat. Wer also Lust auf ein aufregendes apokalyptisches SF-Abenteuer im Serienformat hat, dem sei die "Vampire Earth"-Serie empfohlen.

Tag der Finsternis

E. E. Knight, Heyne

Tag der Finsternis

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