Der Orksammler

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  • Erschienen: Januar 2010
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Der Orksammler
Der Orksammler
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Carsten Kuhr
75°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2010

Der zweite Fall des ungewöhnlichsten Ermittlerduos der Fantasy

Weit weg von den Metropolen der Welt, an einem Ort, wo sich Fuchs und Hase, pardon Ork und Troll, gute Nacht sagen, sammelt sich ein Heer. Während der General noch auf weitere Truppen wartet, sucht ein Monster die Söldner heim. Immer wieder verschwinden Orks, werden ihre Leichname kurz danach mit aufgerissenem Brustkorb und fehlendem Herz aufgefunden. Angst geht um im Heerbann, Angst vor einer alten Überlieferung - dem Orksammler.

Ganz klar, ein Fall für die besten Agenten des IAIT, des Instituts für angewandte investigative Thaumaturgie - denn ohne thaumaturgische Kräfte können die Verbrechen an den versierten Kämpfern ja wohl kaum begangen worden sein.

Und so müssen unsere beiden so ungleichen Ermittler ihren Urlaub abbrechen und sich in Richtung Torrlem, der Grabstadt, aufmachen. Meister Hippolit und sein Assistent, Jorg der Troll, besser bekannt unter dem Namen Jorge der Erwischer, machen sich auf, den Mörder der Grünhäutigen zu suchen.

Die Spur führt sie tief in die Katakomben Torrlems, der Stadt, in der alle Toten des Reiches ihre letzte Reise im Haus der ewigen Flamme, einen magisch befeuerten Hochofen, antreten, um zu geologisch unbedenklicher Asche verbrannt zu werden. Doch die Ermittlungen gestalten sich schwierig. Um mit Jorge zu sprechen: sie suchen ein Monster, das nicht nur sauschnell und geübt dabei ist, Orks die Pumpe herauszureißen, sondern auch irgendwann zufällig neben einem Versierten stand, als dieser sich mittels Thaumaturgie die Stiefelriemen zugeknotet hat.

Kann es sein, dass ein Ghoul hinter den Verbrechen steckt, wie unser sorgfältig rasierter Troll vermutet? Doch eigentlich wurden die Leichenfresser vor mehr als eintausend Jahren ausgerottet. Dass Hippolit von einer hübschen, auf den ersten Blick etwas naiven Sekretärin abgelenkt wird, trägt auch nicht dazu bei, die Ermittlungen voranzubringen. Doch dann erweist sich seine Flamme Lith als unausgebildete Versierte, die ihn davor warnt, in die Gänge unterhalb der Stadt hinabzusteigen, erwarte ihn doch dort nur der Tod - doch haben Hippolit und Jorge schon jemals auf Ratschläge und Warnungen gehört?

Ein altes Trollsprichwort sagt: Bücher sind gut, solange genügend nackte Weiber und Vögelei darin vorkommen (S. 112). Nackte Weiber gibt es wenig, dafür knifflige Rätsel und skurrile Gestalten zuhauf.

Mit dem Orksammler legt das Autorenduo Jens Schumacher und Jens Lossau den zweiten Band der "Kriminalfälle des IAIT" vor. Beide Autoren haben schon zuvor in diversen Projekten im Krimi- und Thrillerbereich zusammengearbeitet, sind aufeinander eingespielt und fabulieren wie aus einem Guss.

Inhaltlich löst man sich von dem sonst von Lyx gewohnten Urban- und Romance-Fantasy-Vorgaben und wendet sich einer ganz eigenen Mischung zu. Insoweit erhielt des Buch vom Verlag auch das Label Fantasy-Thriller, das so unzutreffend gar nicht ist.

In einer auf den ersten Blick typischen Fantasy-Welt, die neben den Menschen mit Zwergen, Elfen und Trollen besiedelt ist, muss ein ungleiches Ermittler-Duo magische Verbrechen aufklären. Die Welt selbst bietet sich dabei als eine phantastisch aufgepeppte Version des viktorianischen Zeitalters an. Dampfbetriebene Maschinen stehen Seite an Seite mit thaumaturgischen Gerätschaften, die phantastischen Rassen mit ihren jeweiligen Eigenheiten tragen zum Unterhaltungswert der Bücher bei.

Das Ermittlerduo lebt naturgemäß von seiner Gegensätzlichkeit. Auf der einen Seite der dank eines thaumaturgischen Unfalls im Körper eines zwölfjährigen Jünglings gefangene Meister Hippolit, immerhin Adept der neunten Stufe, also ein Meister seines Faches, das respektable Gehirn der beiden, auf der anderen Seite, der Muskelmann, Entschuldigung - Troll fürs Grobe mit seinen schlauen Sprüchen, der aber so tumb gar nicht ist, wie er immer tut. Hier Kultur, Wissen und Geist, dort Lebensfreude, Trunksucht und Sex, die Gegensätze könnten größer kaum sein, und doch funktioniert nicht nur die Zusammenarbeit sondern auch die Freundschaft der beiden.

Das Gebotene liest sich nach einem etwas behäbigen Auftakt dann spannend und flüssig auf einen Rutsch durch. Insbesondere die nicht immer ganz bierernsten Anmerkungen unseres ach so weisen Trolls tragen zum hohen Unterhaltungswert bei. Allerdings müssen die Verfasser aufpassen, es mit den Running Gags nicht zu übertreiben. Zwar ist es durchaus nachvollziehbar, dass der so distinguierte Hippolit mit seinem kindlichen Äußeren hadert, doch drohen sich die entsprechenden Lamentierereien totzulaufen.

Der Genremix aus Fantasy-Steam-Punk und Kriminalelementen dagegen wirkt frisch und spannend, zieht viel Faszination nicht nur aus den Gestalten sondern auch aus dem jeweiligen Ort der Handlung. Es geht natürlich in erster Linie um das "who did it and why", dennoch reichern die Autoren ihre Suche nach dem Täter und dessen Motiven immer wieder durch markante, weil ungewöhnliche Ortsbeschreibungen und gar seltsame Unikate an Figuren an. Das hat Tempo und Humor, liest sich interessant und spannend und weckt Appetit auf mehr.

Der Orksammler

Jens Lossau, -

Der Orksammler

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