Nachtgeister

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2010
  • 1
Nachtgeister
Nachtgeister
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Carsten Kuhr
60°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2010

Ein Supernatural-Klon?

New York, the Big Apple, der Melting-Pot schlechthin. Hier, in den engen Häuserschluchten findet man jede Art von Menschen. Menschen, die abgerutscht sind, die ihr Leben verpfuscht haben, aber auch Leute, die es geschafft haben, die mit Fleiß und Fortune ihr Glück gesucht und gefunden haben.

Die Brüder Cal und Niko aber gehören weder zu den einen noch den anderen. Sie versuchen nur eines, zu überleben. Seit Cal vor Jahren entführt wurde, und es ihm erst nach rund zwei Jahren gelang zu entkommen, sind die beiden auf der Flucht. Wer nun aber denkt, dass das organisierte Verbrechen oder ein Drogenring hinter Cal her ist, der sieht sich getäuscht. Nein, keine simplen Verbrecher hetzen sie, sie verbergen sich vor ganz besonderen Augen.

Unerkannt von der Mehrzahl aller Menschen leben in New York City ganz besondere Wesen. Da gibt es taxifahrende Ghoule, Werwölfe, die sich als Türsteher verdingen, Trolle unter der Brooklyn Bridge und Vampire, die des Nachts den Parties der High Society Glanz und Gloria verleihen. Und es gibt Gremlins.

Vor fünfzehn Jahren hat Cals Mutter allen Instinkten abgeschworen und ihren Körper verkauft. Nicht etwa einem Mann, sondern ein Auphe, ein Dämon, in der Sagenwelt auch unter dem Begriff Elf besser bekannt, hat die Frau geschwängert und einen Bankert - Cal - gezeugt. Mit dessen Hilfe, so der Plan, soll ein Tor geöffnet werden, das die grausame Herrschaft der Elfen über die Menschheit erneuern soll. Dass Cal und sein wehrhafter Bruder da nicht so ganz einverstanden sind, stört die Auphen nur unwesentlich. Cals Körper wird einfach von einem Banshee übernommen, und schon scheint die Zeit der Menschheit vorbei zu sein. Doch vor dem Armageddon hat das Schicksal noch Cals Bruder Niko und einen Puk, den letzten der alten Pan-Götter, gesetzt ...

Düster-realistische Übernatürliche und ein genervter Held

Einmal mehr liegt der Start einer neuen Urban-Fantasy-Saga hinter mir. Bei Rob Thurman aber geht es ungleich tempo- und actionreicher zu, als bei vielen der Konkurrenten. Hier stehen einmal nicht waschbrettbauch-gestählte Körper, laszive Verführungskünste und romantische Intrigen, sondern schlicht das Überleben im Mittelpunkt des Buches.

Entsprechend realistisch hat der Autor seine Welt ausgestaltet. Das ist weit entfernt von den durchgestylten Welten aus "Moderner Wohnen", das atmet mehr den Hauch des Überlebenskampfs in den Slums urbaner Moloche. Entsprechend wurden auch die Personen angelegt.

Nicht nur unserer Ich-Erzähler Cal, der zunächst aus Sicht des gejagten Wilds, später dann, nach seiner Übernahme durch den Dunkling als willfähiger Helfer der glaubwürdig böse gezeichneten Elfen agiert, auch seine Verbündeten, aber auch die Gegner sind von ganz besonderem Korn. Sie alle treibt ein dunkles Geheimnis, das es unter allen Umständen aufzuklären gilt. Für Romantik ist hier - bislang zumindest - ebenso wenig Platz wie für malerische Orte oder falsche Sentimentalität. Alles ordnet sich dem Kampf gegen die Bedrohung unter. Dabei nutzt der Autor bekannte Wesen, stellt diese aber ein wenig anders, nicht so idealisiert dar, wie wir dies mittlerweile gewöhnt sind. Die Elfen sind böse Wesen, denen es Freude bereitet, ihre Opfer zu quälen, die sich an keinerlei Abkommen halten, und nur ihr eigenes Wohl im Auge haben. Ähnlich sieht es mit den Ghoulen und dem Troll aus. Auch diese agieren außerhalb des verklärten menschlichen Verhaltenskodex, sind animalisch gezeichnete Wesen.

Die Darstellung des sich aufopfernd um seinen Bruder kümmernden Niko, den man als einzig auftretende Person eventuell als Held bezeichnen könnte, wirkt auf den erste Blick ein wenig unglaubwürdig. Würde ein Mensch, noch dazu für seinen Halbbruder wirklich sein gesamtes eigenes Leben sausen lassen und sich einzig auf den Schutz Cals konzentrieren? Die Glaubhaftmachung des entsprechenden Motivs bleibt uns der Autor noch schuldig. Dafür sucht er mit einem bewusst genervten Tonfalls, in dem der Ich-Erzähler von den Geschehnissen berichtet, seine Leser für diesen und seine Sichtweise einzunehmen. Dies gelingt überraschend gut, überbrückt gewisse Längen im ersten Teil des Buches und sorgt dafür, dass der Leser am Plot klebt.

Wer die TV-Serie "Supernatural" kennt, der wird gewisse Parallelen finden, obwohl Cal und sein Halbbruder nicht auf Dämonenjagd gehen, sondern mit dem eigenen Überleben genug um die Ohren haben. Als Auftakt einer neuen Reihe bietet der Roman gerade wegen seiner ungewohnt düsteren Zeichnung der übernatürlichen Wesen als echte Bestien Potential, das der Autor in seinen folgenden Titeln allerdings noch mit mehr Details ausschmücken sollte.

Nachtgeister

Rob Thurman, Piper

Nachtgeister

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