Geliebter Feind

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2010
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Geliebter Feind
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Almut Oetjen
48°1001

Phantastik-Couch Rezension vonAug 2010

Warum Frauen sich immer in den richtigen Mann verlieben

Im Prolog erfahren wir, dass die Königreiche Cokyri und Hytanica einen Jahre dauernden Krieg führen. Überraschend entführen die Cokyrier aus Hytanica 49 Babys, von denen sie 48 töten und vor den Stadtmauern Hytanicas ablegen. Kurz darauf kommt die hytanische Prinzessin Alera zur Welt und der Krieg endet.

Aleras siebzehnter Geburtstag steht bevor. Mit achtzehn Jahren soll sie einen Kandidaten für die Nachfolge des Königs heiraten, da Hytanica eine patriarchalische Gesellschaft ist, in der Frauen untergeordnete Menschen sind und Alera nicht Herrscherin werden kann. Der König hat klare Präferenzen für den Sohn des Hauptmanns Cannan, Steldor, den verdienten Soldaten und begehrtesten Junggesellen des Reiches, der Alera jedoch zu arrogant und aufgeblasen ist. Als eine Cokyrierin gefangen genommen wird und vor ihrem Verhör entkommen kann, gerät Aleras Leibwächter London in den Verdacht der Fluchthilfe und des Verrats. London wird des Schlosses verwiesen und liefert wenig später den Cokyrier Narian als Gefangenen ab. Narian erweist sich als Kyenn, der Erstgeborene des Barons Koranis. Narian war eins der 49 entführten Babys.

Narian, wenig älter als Alera, mysteriös und attraktiv, bringt aus der fremden Welt neue Vorstellungen mit nach Hytanica. Von diesen ist Alera sehr angetan, besonders davon, dass im Matriarchat von Cokyria Frauen eine ganz andere gesellschaftliche Bedeutung haben als Frauen in Hytanica. Aber Narians für Alera schockierende Offenbarungen aus seiner Vergangenheit bringen die junge Frau völlig aus dem Gleichgewicht. Alera muss wichtige Entscheidungen treffen, die ihr Leben verändern werden und dramatische Auswirkungen auf Hytanica haben können. Ausgerechnet da droht zwischen den beiden Reichen ein neuer Krieg auszubrechen.

Modernes Mittelalter

"Alera - Geliebter Feind" spielt in einem modern anmutenden Mittelalter, das die Autorin lediglich mit einigen Fantasyaccessoires ausstattet, so phantasievollen Namen und einem Overlord, der schwarze Magie anwenden können soll.

Alera ist ein Teenager, der mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat wie heutige Teenager. Sie muss zudem in ihrer Welt, in der konservative Rollenklischees bestimmend sind, eine eigene Stimme finden. Da kommt der ominöse Fremde aus einer Welt, in der das Verhältnis von Mann und Frau umgekehrt ist, gerade recht, um sie mit der Möglichkeit von Frauenrechten vertraut zu machen. Immerhin hilft ihr keine Frau, sondern ein Mann - beruhigend.

Steldor und Narian sind sich nicht unähnlich in ihren Absichten gegenüber Alera und in ihrem Verhalten. Aber sie unterscheiden sich in ihrer Haltung: wo Steldor Alera als süßes Püppchen sieht, schön, führungsbedürftig und schwach, da betrachtet Narian sie als schöne, intelligente und starke Persönlichkeit. Narian findet die Unterdrückung der Frau in Hytanica wenig attraktiv. Er öffnet Alera die Augen und zeigt ihr, dass sie auch einem höheren Zweck dienen kann, nicht nur einem Mann. In diesem Zusammenhang wartet der Roman mit zwei seltsamen Ideen auf. Narian betreibt viel Aufwand, Alera davon zu überzeugen, dass es lohnenswert ist, sich für seine Freiheit einzusetzen, zieht sich selbst aber in einem entscheidenden Moment darauf zurück, das Schicksal habe anderes mit ihm vor. Aleras Leibwächter London schlägt die Chance, an ihrer Seite König zu werden, mit der Begründung aus, er sei ein freiheitsliebender Mensch. Und deshalb bleibt er denn auch soldatischer Befehlsempfänger.

Sex and the Middle Ages

Cayla Kluvers Romandebüt folgt einer jungen Frau auf ihrem Weg in die Welt der Erwachsenen und der gesellschaftlichen wie auch individuellen Verantwortung. Dabei muss sich die Heldin mit auch heute noch alltäglichen Fragen herumschlagen, die Mädels in der Altersklasse von dreizehn bis Carrie Bradshaw umtreiben, so der nach Mr. Right oder der richtigen Bekleidung.

"Miranna und ich hatten beschlossen, lange, weite Röcke und kurzärmelige weite Blusen zu tragen. Ich hatte mein Haar zu einem langen Zopf geflochten, der mir auf den Rücken fiel, während Miranna ihres tief im Nacken zu einem schlichten Zopf zusammengefasst hatte, wie auch Halias das manchmal mit seinem machte."

Andere Probleme sind spezifischer Natur und beschäftigen zumindest im westlichen Kulturkreis jenseits des Boulevard nur wenige Menschen: die Angst vor einer politisch arrangierten Ehe mit einem Mann, den man gar nicht haben will, und mit dem man bis an das Lebensende eines von beiden zusammenleben muss. "Alera - Geliebter Feind" endet mit einer Hochzeit und dem Verweis auf die Fortsetzung der Trilogie im zweiten Band.

Ein Bildungsroman für Mädchen

"Alera - Geliebter Feind" ist auch ein Bildungsroman, weil er das Verhältnis der Heldin zu ihrer Individualität und der Gesellschaft thematisiert. Aleras geistig-seelische Entwicklung steht im Zentrum der Erzählung, wobei ihr Innenleben, wie auch das anderer Figuren, Stereotypen folgt. Der Teenager setzt sich intensiv mit seiner Welt auseinander, worin der eigentliche Kern der Erzählung besteht. Ihre Entwicklungsgeschichte ist gekoppelt an ihre Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Ordnung. Gleichwohl erfolgt all dies oberflächlich und formulaisch. Deshalb könnte das Buch Leserinnen gefallen, die Formelliteratur mögen.

Zumindest der derzeit allein vorliegende erste Teil der geplanten Trilogie wartet mit einer Moral auf, die im Verlauf des Romans ausgesprochen wird. Danach muss ein Mensch, unabhängig von seinem Stand, seine Pflicht tun und sich an gesellschaftliche Normen halten. Kinder müssen mithin ihren Eltern gehorchen, Frauen ihren Männern, Untergeordnete den Superioren. Aber es kommt eine Zeit oder eine Situation, da muss der Mensch eine Entscheidung unabhängig von den Beschränkungen fällen.

"Alera - Geliebter Feind" ist ein Kolportageroman für die bereits genannte Zielgruppe, ein reines Mädchenbuch. Der Jugendschutz erfordert vielleicht den Hinweis darauf, dass der Roman nicht für Jungen ist, auch wenn der Klappentext darauf hinweist, dass die Autorin aus Wisconsin/USA kommt, "einer Gegend, in der nur die Starken überleben".

Geliebter Feind

Cayla Kluver, Piper

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