Fillory. Die Zauberer

  • Fischer
  • Erschienen: Januar 2010
  • 4
Fillory. Die Zauberer
Fillory. Die Zauberer
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Bernhard Renner
35°1001

Phantastik-Couch Rezension vonSep 2010

Sex in Narnia oder Harry Potter im Delirium

Quentin Coldwater ist hochintelligent und unglücklich. Er steht kurz vor dem Abschluss der High School. Er ist besessen von einer Romanserie über die Abenteuer von fünf Kindern in einem magischen Land namens Fillory, die er bereits in seiner Kindheit gelesen hat. Im Vergleich dazu erscheint ihm die reale Welt trist und farblos. Sein Leben ändert sich, als er wie durch ein Wunder zu einer geheimen Zauberschule nördlich von New York, dem Brakebill College, gelangt. Bei seiner Ausbildung zum Zauberer muss Quentin feststellen, dass Magie allein ihm auch nicht das erhoffte Glücksgefühl oder spannende Abenteuer bringt. Nach der Ausbildung machen er und seine ebenfalls gelangweilten Freunde eine erstaunliche Entdeckung: Fillory existiert wirklich.

Vieles in diesem Buch erinnert stark an moderne Klassiker wie "Die Chroniken von Narnia" oder "Harry Potter". Dennoch ist "Fillory - Die Zauberer" weit davon entfernt, lediglich ein Plagiat dieser beiden Werke zu sein. Lev Grossman ist redlich bemüht, dem Leser eine sehr eigenständige Abwandlung dieser Klassiker für Erwachsene zu liefern. In Punkto Eigenständigkeit ist ihm das sicher gelungen. Die Bemühungen hinsichtlich der Zielgruppe, nämlich den Erwachsenen, liegen im Wesentlichen im Hinzufügen von Sex, Alkohol, Drogen, komplizierten Wörtern und vulgärer Ausdrucksweise. Das Resultat wirkt eher pubertär als erwachsen.

Das Buch der schlechten Entscheidungen

In den ersten zwei Dritteln des Buches geht es vornehmlich um die Lehrjahre Quentins am Brakebill College. Quentin lernt unter den Kommilitonen neue Freunde kennen, die natürlich auch alle außerordentlich intelligent sind und selbstverständlich auch alle in ihrer Kindheit die Fillory-Romane inhaliert haben. Allen ist fürchterlich langweilig und ihnen fällt nichts besseres ein, als sich ständig mit Drogen vollzustopfen und sich sexuellen Trieben hinzugeben. Dem Leser wird penetrant auf die Nase gebunden, wie intelligent die Charaktere sind, jedoch wird dies weder aus deren Handlungen noch aus den Gedanken und Dialogen ersichtlich. Einige Freunde von Quentin und Lehrer des Brakebill College haben durchaus das Potential, interessante Personen abzugeben. Jedoch verschenkt der Autor hier gute Ansätze, indem er sich fast ausschliesslich auf die Darstellung von Quentin konzentriert. Lev Grossman schafft es dennoch nicht, Quentin Leben einzuhauchen und ihm eine authentische Persönlichkeit zu verleihen. Die Krönung der langweiligsten Figur zum omnipräsenten Protagonisten ist leider nicht die einzige schlechte Entscheidung des Autors. Immer wenn sich dem Leser interessante Möglichkeiten zur Fortsetzung der Handlung eröffnen, entscheidet sich der Autor für eine langweilige Alternative. Das ist in etwa so, als wenn der Großvater zu seinen Enkeln sagt: "Na Kinder, möchtet ihr die Geschichte vom kleinen Drachen und der hübschen Prinzessin hören? Ja? Gut, ich erzähle euch aber lieber etwas über die holistischen Konsequenzen der Wirtschaftskrise." In gewisser Weise macht diese Angewohnheit einige Handlungsstränge vorhersehbar. Man kann getrost darauf vertrauen, dass der Autor sich auf den Folgeseiten den Inhalten widmet, über die man am wenigsten wissen will.

Im letzten Drittel des Buches geht der letzte Rest Sinnfälligkeit der Geschichte verloren. Zusammen mit seinen Freunden metzelt Quentin sich nun durch Reihen seltsamer Kreaturen in Fillory, anstatt sich die Rübe zuzuschütten und wilde Sexorgien abzuhalten. Die Reise durch Fillory ist Sammelsurium von seltsamen Wesen und noch seltsameren Ereignissen, dessen Sinn und Zweck mir völlig entgangen ist.

Den Zauber, den Narnia und Hogwarts ausstrahlen, sucht man auf dem Brakebill College und in Fillory vergebens. Es gibt einige wenige gelungene Passagen, in denen das schriftstellerische Potential von Lev Grossman durchschimmert. Doch diese kurzen Lichtblicke entschädigen keineswegs für die weitestgehend hanebüchene Geschichte und miserable Charakterzeichnung. Die Moral von der Geschicht'? Die zwei Folgebände les' ich nicht.

Fillory. Die Zauberer

Lev Grossman, Fischer

Fillory. Die Zauberer

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