Der letzte Traumwanderer

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2010
  • 2
Der letzte Traumwanderer
Der letzte Traumwanderer
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Carsten Kuhr
79°1001

Phantastik-Couch Rezension vonNov 2010

Ghule, Spiegelmänner und Alben - die etwas andere All-Age-Fantasysaga

Die Zeit der Schattenwesen in Bradost und der Welt ist vorbei - so zumindest die Aussage von Harlekin, dem neuen Anführer der Alben. Die Welt gehört den Menschen und ihren Maschinen. Darin ist kein Platz mehr für Magie und Geheimnisse. Stählerne Luftschiffe fahren durch den vom Ascheregen düsteren Himmel, Schlammtaucher suchen in den Abwasserkanälen der Stadt nach Verwertbarem, von Aether angetriebene Kupfer-Kolosse werden gebaut, Zitteranemonen und Blitzsammler wetteifern um die Gewitterblitze.

Vor 5 Jahren entmachtete die damalige Lordkanzlerin Lady Sarka den Magistrat, seitdem regiert sie als Tyrannin voller Willkür und Grausamkeit mit Hilfe dreier zauberkräftiger Diener und ihren Spiegelmännern, von ihr geschaffenen Homunkuli, die Stadt mit harter Hand. Erdrückende Steuern, Hungersnöte und Unruhen bestimmen das Leben der Menschen, seitdem der Phönix die Stadt verlassen hat und die Republik gefallen ist. Statt dem strahlenden Vogel schlurfen jetzt Lotussklaven und Ghule durch die Keller und Katakomben der Stadt. Nach dem Abzug der Alben verfallen die Seelenhäuser, die Träume der Menschen geraten außer Kontrolle.

Zwei Jungen und ein Mädchen spielen in der Folgezeit eine wichtige Rolle. Der eine, der letzte Traumwanderer, der die Seelenhäuser der Menschen betreten und ihre Träume verändern kann, der andere, Liam, eine Waise, dessen Vater von der Alchymistin Sarka ermordet wurde.

Während Liam, der sich als Diener in die Festung der Tyrannin eingeschlichen hat, hofft, in der Bibliothek das gelbe Buch von Yaro D´ar zu finden, mit dessen Hilfe man vielleicht den Phönix aus Pandæmonia zurückholen kann, ist Jackon ein geschätzter Gast von Sarka. Sie, die bereits die anderen drei magisch Begabten ausbildete und nun deren Kräfte nutzt, um ihre Gewaltherrschaft zu sichern, will den Jungen zum Traumwanderer ausbilden und sich dessen Gabe untertan machen. Doch noch wacht ein letzter der Alben über das Reich der Träume.

Als dieser die Festung der Gewaltherrscherin angreift, wird Liam von einem Dämon durch ein Tor nach Pandæmonia entführt, einem Ort des Grauens, Schreckens und der unendlichen Folter, ein Ort, von dem eine Flucht unmöglich erscheint. Doch ihn liebende Vivana, die Tochter eines genialen Erfinders, und Jackson nehmen die Herausforderung an. Zusammen mit einem Elbenrenegaten wollen sie das Unmögliche wagen und wahr machen, auch wenn sie dafür selbst das Reich der Schattenwesen betreten müssen ...

Kein Steampunk, kein Völkerroman, keine Queste - Lode beschreitet eigene Wege

Was ist das für ein Buch, das der Historienspezialist Christoph Lode im Goldmann Verlag als Auftakt einer All-Age-Trilogie vorlegt? Steampunk? Nun, es gibt gigantische Fabriken, findige Wissenschaftler, Luftschiffe und künstliche, vom Aether betriebene Wesen. Doch so richtig passend ist das gegenwärtig so angesagte Label vorliegend nicht.

Neben den phantastischen Kunstwesen nehmen die die Welt verlassenden Schattenwesen einen breiten Raum in dem Buch ein. Seien es Oger, Mantikore oder Geister, Elben oder Alchymisten, sie alle umweht der Hauch des Geheimnisvollen. Ein Völkerroman aber ist das Buch beileibe und glücklicherweise auch nicht.

Nein, Christoph Lode wandelt auf ganz eigenen, phantastischen Pfaden. Er erzählt uns die Geschichte dreier junger Menschen, durch deren Augen wir nicht nur die bedrückende Atmosphäre, die angesichts der gnadenlosen Unterdrückung in Bradost herrscht, miterleben, sondern auch die Mächtigen der Stadt kennen und fürchten lernen. Vieles bleibt noch rätselhaft, allenfalls zu erahnen, auf einen geradlinig voranstürmenden Plot wartet der Leser vergebens. Stattdessen fordert ihn der Autor auf, mitzudenken, sich einzulassen auf die eindrucksvollen, wenn auch zumeist eher schwermütigen Bilder einer Stadt, die in Leid und Unterdrückung versinkt, und herauszufinden, wie all die Mosaiksteinchen, die uns präsentiert werden, zusammenpassen.

Gerade was die Alben anbelangt - deren Aufgabe als Schützer der Träume, ihre Flucht aus der Welt, in der sie nicht länger geduldet werden, wird vieles nur angedeutet - muss man zwischen den Zeilen lesen. Aber auch die Motivation der Alchymistin, ihre Ränke und Ziele bleiben noch unscharf. Hier wird der zweite, für März 2011 in Vorbereitung befindliche Band, sicherlich weitere Hinweise bereithalten.

Stilistisch ist das Gebotene gefällig, atmosphärisch dicht und inhaltlich packend, bietet viele Geheimnisse und Ansatzpunkte und hält die Spannung auf diese Weise bis zum Folgeband hoch.

Der letzte Traumwanderer

Christoph Lode, Goldmann

Der letzte Traumwanderer

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