Die Kinder der Schattenstadt

  • Blitz
  • Erschienen: Januar 2011
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Die Kinder der Schattenstadt
Die Kinder der Schattenstadt
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Carsten Kuhr
78°1001

Phantastik-Couch Rezension vonDez 2011

Haubolds etwas anderer Weltuntergangs-Thriller

1945 versteckten die Nazis im ostdeutschen Meerburg Thors Hammer, die ultimative Waffe gegen die anrückenden siegreichen Alliierten tief in den Schächten eines abgelegenen Bergwerks.

Nach dem Krieg, die Mauer steht schon, erwählt sich eine Schülerbande den einsamen Horst über den Stollen und dessen dunkler Fracht als ihr Hauptquartier. Fabian, einer der Jungs steigt durch einen dunklen Schacht in den Untergrund - und begegnet dort einem merkwürdig dunklen Vogel, der in seinen Träumen zu ihm spricht.

Nach dem traumatischen Erlebnis trennen sich die Wege der Mitschüler. Während der auch von ihnen gehänselte, etwas dickliche Außenseiter Damian seinen unaufhaltsamen Aufstieg zu den Hebeln der internationalen Macht beginnt, lebt Fabian ein eher unauffälliges Leben. Bei den Klassentreffen wird der inzwischen abgebrochene Kontakt eher mühsam aufrechterhalten. Kaum einer hat wirklich etwas zu erzählen, gutbürgerliche Existenzen allesamt, und der, der scheinbar etwas aus seinem Leben gemacht hat, lässt sich nicht sehen.

Doch immer wieder kommt Fabian der Vogel in seinen Träumen besuchen, spricht mit ihm und prophezeit ihm, dass eines Tages vielleicht das Geschick der Welt ausgerechnet von ihm abhängen soll. Anschläge, die seinem Leben gelten, werden verhindert, ohne dass Fabian davon etwas mitbekommt.

Dann aber macht seine alte Heimat wieder von sich reden. Ein internationaler Multi will auf dem aufgegebenen russischen Flugplatz gegen den entschiedenen Widerstand breiter Bevölkerungsschichten ein Werk errichten, in dem gerüchteweise Kriegswaffen gefertigt werden sollen. Gegner und allzu neugierige Bürger verschwinden oder werden mundtot gemacht.

Kurz darauf versinkt die Welt im Chaos. Israel wird überfallen, ein von beiden Seiten gnadenlos geführter Nahost-Krieg entbrennt, Moskau versinkt in einem atomaren Feuerball, aus dem Labor auf einer russischen Insel entweicht ein biologischer Kampfstoff, der ganz Europa mit einer tödlichen Grippe überzieht. Nutznießer der Szenarien ist ein ums andere Mal der Rüstungskonzern, der von ihrem alten Schulkamerad Damian geleitet wird. Zusammen mit seinen Freunden aus Kindheitstagen macht Fabian sich durch ein Weltuntergangspanorama auf, Damians Pläne in letzter Sekunden zu verhindern und die Menschheit vor der Ausrottung zu bewahren ..

Charaktere statt stumpfsinniger Action

Was sich in der Zusammenfassung nach einem actionlastigen Thriller anhört, das liest sich doch ganz anders. Statt, wie sonst üblich, packende Kampfszenen mit jeder Menge Gewalt und reißerischen Auseinandersetzungen in den Mittelpunkt zu setzen, erzählt Haubold lieber ergreifende, kleine Geschichten. Ihn interessieren die Schicksale seine Personen, ihre Träume, ihre Niederlagen und Versuchungen.

Geschickt baut er dabei immer wieder einfühlsame Erinnerungen auch an die eigene Kindheit im ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaat DDR ein, erzählt, ein wenig melancholisch verklärt, doch um so treffender von der ersten Liebe, den gemeinsamen Ausflügen an den Badesee, den Nachstellungen durch die Stasi und den unbeschwerten Tagen der Kindheit.

Erst spät wird deutlich, wie sich die Puzzleteile zusammenfügen, was den Menschen eigentlich droht. Bis dahin verfolgen wir interessiert, wie es unseren Gestalten in ihrem eigentlich unauffälligem Leben ergeht. Da werden Erinnerungen an die eigene Kindheit wach, meint man sich gemütlich zurücklehnen zu können, nur um dann im rasanten Finale geschockt den Niedergang der Menschheit miterleben zu müssen.

Stilistisch ansprechend legt das Buch seinen Schwerpunkt auf die Charaktere, die - allen voran die Hauptfigur - differenziert und vielschichtig gezeichnet werden. Die Geschichten in der Geschichte entführen den Leser in seine eigene Jugend, lassen Erinnerungen wach werden, bevor die Handlung im fast ein wenig schnell abgehandelten Finale zu einem in sich logischen Schluss gebracht wird.

(Carsten Kuhr, Januar 2012)

Die Kinder der Schattenstadt

Frank W. Haubold, Blitz

Die Kinder der Schattenstadt

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