Hourglass

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2012
  • 2
Hourglass
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Sabine Langer
20°1001

Phantastik-Couch Rezension vonMai 2012

Als All-Age-Roman durchgefallen

Ein hübsches junges Mädchen mit langen dunklen Haaren und einem geblümten Kleid entlässt einen Schwarm hellblauer Schmetterlinge aus einem Einmachglas in die Freiheit. Das Titelbild ist wunderschön und lässt auf einen romantischen Roman schließen. Doch leider ist damit schon fast alles gesagt, was es Positives zum Roman "Hourglass" zu berichten gibt.

Emerson Cole, genannt "Em", ist ein 17-jähriges Mächen, das vor kurzem seine Eltern durch einen Unfall verloren hat und nach diesem Verlust eine schwere Zeit durchgemacht hat. Nach langer psychischer Behandlung ist sie nun wieder auf dem Weg der Besserung. Doch ihr eigentliches Problem kennt nur ihr wesentlich älterer Bruder Thomas und dessen Frau Dru, bei denen Em ein neues Zuhause gefunden hat. Em sieht Personen aus der Vergangenheit. Sie kann mit ihnen reden, doch wenn sie sie berührt, zerplatzen sie.

Thomas versucht alles, um ihr zu helfen und hat schon mehrfach Heiler engagiert, die sich meist als Scharlatane herausstellten. Große Hoffnungen setzt er nun auf Michael Weaver, einen überaus attraktiven jungen Mann, der einer mysteriösen Organisation names "Hourglass" angehört. Em ist skeptisch gegenüber einem weiteren selbsternannten Helfer, doch schmilzt sie angesichts des jungen Schönlings dahin. Und ist um so überraschter, als sie feststellt, dass auch Michael das nichtexistente Jazztrio gesehen hat.

Em ist hin- und hergerissen, da Michael von Thomas mit der Auflage engagiert wurde, alles streng geschäftlich zu handhaben. Zwischenmenschliche Annäherung ist tabu. Michael tut sehr geheimnisvoll und lässt sein Wissen nur scheibchenweise heraus (irgendwie müssen ja die Seiten gefüllt werden). Laut Michael hat Em angeblich nicht nur die Fähigkeit, Menschen aus der Vergangenheit zu sehen, sondern sie kann auch durch die Zeit reisen.

Twilight lässt grüßen

Schier endlos zieht sich die Einführung des Buches hin. Michael weiß, was Sache ist, doch wirft er nur Bröckchen um Bröckchen hin, was alles andere als spannungsaufbauend ist, sondern die Handlung nur um so zäher werden lässt. Ein "fantastischer Roman über spannende Zeitreisen und die große Liebe" wird uns per Aufkleber auf dem Titelbild angekündigt. Als erwachsene Leserin denkt man sich nur, hoffentlich wird das keine große Liebe und fragt sich, wie eine 17-jährige so nach einem nicht sehr sympathisch dargestellten Beau schmachten kann.

Doch kennen wir das nicht von irgendwo her? Als dann zur Mitte des Buches der eher introvertierte Kaleb eingeführt wird, der sich natürlich auch zur hübschen Em hingezogen fühlt, wird jedem klar: "Twilight" lässt grüßen.

Die stereotypen und hölzern agierenden Charaktere machen wirklich keinen Spaß. Und wird das Zielpublikum des Romans wirklich als derart naiv erachtet, dass man ihm über 100 Seiten lang vorkauen muss, dass Em an nichts anderes denken kann als daran, sich von dem kühlen Schönling erobern zu lassen? Nein, wir haben es auch schon nach 20 Seiten kapiert.

Die ambivalenteste Figur ist für mich Thomas. Mit ach so viel Verständnis für seine jüngere Schwester ausgestattet, nimmt er es dann fast gelassen hin, als sie ihm von der Möglichkeit der Zeitreisen erzählt und erteilt ihr ohne großen Widerstand die Erlaubnis dazu. Anschließend gibts aber dann wochenlang Hausarrest, weil das 17-jährige Kind nicht artig war. Hallo - das passt doch alles nicht zueinander.

Die einzigen Figuren, die Potential geboten hätten, waren Ems Freundin Lily und deren Großmutter. Auch Lily hat übersinnliche Fähigkeiten. Doch wozu sind die überhaupt aufgekommen? Man hatte den Eindruck, dass die Autorin diesen Ansatz einfach vergessen hat.

Der Hauptgrund für mich, dieses Buch zu lesen, war das Thema "Zeitreisen". Immer wieder erwarten einen faszinierende Theorien. Doch es dauerte lange, sehr lange, bis es dann soweit war.

Zeitreisen und Logik - das kann mit unserem Verständnis von Zeit nicht zusammen passen. Doch sollte man als Autor von Zeitreise-Romanen bestrebt sein, zumindest eine in sich schlüssige Logik aufzubauen. Aber anscheinend hat sich Miss McEntire darüber absolut keine Gedanken gemacht. Das für mich an sich spannendste an der Sache, das Wie - Wie funktioniert die Zeitreise? Wie fühlen sich die Reisenden? Wie kommen sie damit klar? - nebensächlich. Das wird in einem Absatz abgehandelt. Dafür kann man ja dann wieder 10 Seiten lang den Liebsten anschmachten. Die Autorin lässt ihre Protagonisten in der Zeit hin und her reisen mit Ergebnissen, die ihr gerade passend erscheinen. Ob sich Personen in bestimmten Situationen selber beobachten können oder nur einmal existieren - völlig egal. Interessiert sowieso keinen.

Als der angekündigte All-Age-Roman ist "Hourglass" für mich durchgefallen. Als Zielpublikum darf man getrost weibliche Leser unter 16 Jahren ansehen. Sex ist tabu, mehr als kleine Küsschen gibt's nicht. Doch ich denke, auch Jugendliche haben das Recht auf halbwegs logische Unterhaltung.

(Sabine Langer, Mai 2012)

Hourglass

Myra McEntire, Goldmann

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