Fluch der Toten

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2013
  • 0
Fluch der Toten
Fluch der Toten
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Michael Drewniok
45°1001

Phantastik-Couch Rezension vonFeb 2013

Das große Umlegen im Geist des Neubeginns

AbsatzEin Virus hat die Mehrheit der Menschheit in Zombies verwandelt. In einem von den Untoten belagerten US-Geheimlabor arbeitet ein kleines Team fieberhaft an einem Gegenmittel, während ein irrer Geheimagent einen Privatkrieg gegen die Retter anzettelt ... – Teil 3 der "Morningstar"-Trilogie wurde nach dem Tod des Verfassers von einem anderen Autoren und sehr konventionell als Kette blutiger Scharmützel vollendet: nur noch Lesefutter von Großkantinen-Qualität.

Seit der "Morningstar"-Virus über die Welt kam, sind einige Monate vergangen. Es verwandelt seine Opfer in "Sprinter" – hirnlose aber wendige, blutgierige Kreaturen, die über die nicht infizierten Mitmenschen herfallen. Stirbt ein "Sprinter", verwandelt er sich in einen "Watschler" – einen langsamen, allmählichen verwesenden aber ebenso menschenfleischhungrigen Zombie, den nur ein Kopfschuss endgültig töten kann.

Zwei Gruppen bewegen sich durch die zum Feindesland gewordenen USA. Frank Sherman, ehemals General und Kommandeur in jener internationalen Streitkraft, die sich im Vorderen Orient vergeblich den Zombielegionen entgegenwarf, hat einige überlebende Soldaten um sich scharen können. Verstärkt durch diverse Zivilisten, bewegt sich die Gruppe langsam auf Omaha im US-Staat Nebraska zu. Ihnen folgen einige versprengte Seeleute, zu denen womöglich der einzige gegen "Morningstar" immune Mensch der Erde gehört

Nach Nebraska waren auch Anna Demilio und ihre Gefährten gezogen. Die Medizinerin gehörte zu Erforschern des Virus. In Omaha steht ein geheimes Labor, in dem diese Arbeit womöglich fortgesetzt wurde. Demilio hofft, einen Impfstoff gegen die Krankheit entwickeln zu können.

Allen Gruppen buchstäblich im Nacken sitzt eine Splittergruppe der Nationalen Sicherheit, die Demilio fälschlich im Besitz eines Heilmittels wähnt. Spezialagent Sawyer soll die Ärztin im Auftrag des Präsidenten der "Wiedervereinigten Staaten von Amerika" in die provisorische Hauptstadt Mount Weather schaffen. Tatsächlich setzt Sawyer vor allem seinen Krieg gegen Gregory Mason fort. Der ehemalige Kollege hat sich auf die Seite Demilios gestellt, die sich keineswegs in die zweifelhafte Obhut der Regierung begeben will. Damit hat sie sich einen Gegner gemacht, der womöglich noch hartnäckiger ist als die allgegenwärtigen Zombies ...

Der Kreis schließt sich (notgedrungen)

Es muss offen bleiben, ob Autor Z. A. Recht seine "Morningstar"-Serie tatsächlich nach dem dritten Band beenden oder fortsetzen wollte. Recht starb, während er an jenem Manuskript arbeitete, das später Thom Brannan übergeben wurde: Die Verkaufszahlen waren zu gut, um "Morningstar" mit seinem Schöpfer sterben zu lassen. Zumindest ordentlich abgeschlossen und damit insgesamt besser zu vermarkten sollte die groß angelegte Geschichte werden.

Band 2 (Aufstieg der Toten) hatte mit dem Eintreffen der Gruppen Sherman und Demilio/Mason in Omaha und damit mit einem Cliffhanger geendet. Während zunächst der ganze Globus das Spielfeld dargestellt hatte, konzentriert sich die Handlung nun auf die USA und setzt sich in drei Stränge fort, zwischen denen der Verfasser hin und her springt, bis er sie im Finale zueinanderfinden lässt.

Wer daraus auf ein komplexes Geschehen schließt, irrt sich. Fluch der Toten lässt anders als die ersten beiden Bände der Trilogie keinerlei Ehrgeiz mehr entdecken, das Subgenre Zombie-Horror durch eigene Einfälle zu bereichern. Den Schwarzen Peter kann Autor Brannan an Z. A. Recht weiterschieben, der möglicherweise einen ähnlichen Kurs verfolgt hätte. Doch da es Brannan ist, dem die Ausführung oblag, muss er sich der Kritik stellen.

Verlorene Schafe in einer Welt untoter Wölfe

Eine Gruppe wider Willen heldenhafter Weltenretter ist schon im Labor angekommen, das sich früh als Schauplatz der finalen Auseinandersetzung herauskristallisiert. Gruppe 2 schlägt sich noch dorthin durch, Gruppe 3 mit dem "Morningstar"-Messias folgt ihnen. Ebenfalls immer präsent ist Agent Sawyer als Nemesis einer alten Welt, die den Neubeginn nach bekannten Regeln und unter Wahrung entsprechender Privilegien fordert und ihn gewaltsam durchzusetzen bereit ist.

Zwischen diesen Gruppen lauern an allen möglichen und (scheinbar) unmöglichen Stellen die Zombies. Wenn sich die Überlebenden nicht gerade bekriegen, sorgen die Untoten zwar nicht für Spannung, aber für Action: Wenn gar nichts mehr geht, springen sie aus dem Gebüsch oder dunklen Kellerlöchern. Dann müssen sie niedergemacht werden, was meist auf Handarbeit hinausläuft, da Schüsse die Zombie-Verstärkung herbeiruft. Auf diese Weise werden die Auseinandersetzungen blutig und eklig, womit geliefert wird, wonach der Leser eines Zombie-Horror-Romans tatsächlich giert.

Weniger begeistern dürfte die krude Verschwörung gegen die Demokratie, deren Handlanger Agent Sawyer angeblich ist. Stattdessen ist er der übliche Strolch, der ebenso skrupellos wie verrückt danach trachtet, sich für angeblich erlittenes Unrecht zu rächen. Vage lässt Brannan durchscheinen, dass Sawyer planen könnte, sich zum Diktator der "neuen" USA aufzuschwingen. Dies wird jedoch nie vertieft, zumal Sawyer viel zu beschäftigt damit ist, sowohl seine Feinde als auch seine Verbündeten zu schurigeln und dabei eiskalte Drohungen aus dem Mundwinkel zu pressen.

Große Knarren und coole Sprüche

Auch die "Guten" haben viel ferngesehen und wissen daher, wie sie sich als umständehalber in den Ruhestand versetzte Ex-Soldaten zu verhalten haben. Sie sind erst recht für ihr Land im Dienst, nur gibt es jetzt keine Bekleidungsvorschriften mehr. Geblieben ist die Furcht vor unmännlichen Gefühlen, die deshalb über Flüche, Zoten und freundschaftlich gemeinte Beleidigungen ausgedrückt werden. Die Stimmung steigt, wenn die Waffen sprechen dürfen. Dann bersten Zombieschädel im Dauerfeuer, was für weitere Kommentare sorgt: Lakonischer Landser-"Humor" ist immer noch eine sichere Bank, wenn es gilt, raue aber herzliche Figuren zu charakterisieren. (Hilfreich & häufig mischt der Übersetzer das Wortfüllsel "Yeah!" in diese Dialoge.)

Im Finale bleibt den Untoten nur eine Statistenrolle. Sie sind zwar noch präsent, laufen aber ihren Opfern hinterher, die damit beschäftigt sind, sich gegenseitig auszulöschen. Fluch der Toten mutiert zur reinen "military action": Scharfschützen knipsen einander aus, Kampfhubschrauber "rotzen" großkalibrige Salven auf Gewehrschützen, maskierte Strolche stolpern in Hinterhalte. Das ist ebenso übertrieben wie langweilig. Spannung soll das Ende diverser Hauptfiguren bringen, was stets von markigen Racheschwüren sowie wehmütigen Trauerreden überlebender Freunde begleitet wird.

Irgendwo in dem Tumult wird an einem Serum gebastelt, während quicklebendige aber trotzdem mordlustige Finsterlinge schon durch die Laborgänge schleichen: Nein, was bisher wenigstens Trivial-Unterhaltung bot, macht spätestens jetzt keinen Spaß mehr. Der Leser kann sich damit ablenken zu raten, ob der Übersetzer den bösen Gauner Lutz "Herman" oder "Hermann" nennt; beide Versionen wechseln ständig.

Das Ende kommt/muss kommen

Irgendwie muss die Geschichte ausgehen. Brannan hat eindeutig keine Ahnung, wie er dies aus der Handlung entwickeln kann. Stattdessen wird geschossen und gerauft, bis plötzlich ein deus ex machina erscheint. Das bereitet zwar den Auseinandersetzungen ein Ende, bringt aber zu schlechter Letzt das bisher nie vermisste Element des Hurra-Patriotismus' US-amerikanischer Prägung ins Geschehen.

Selbstverständlich gibt es auch keinen Fluch der Toten, da diese nicht über den Grips verfügen, jemanden damit zu belegen. Eher gibt es einen Fluch der Leser, der sich gegen jene Geschäftemacher richtet, die das "Morningstar"-Epos künstlich am Leben hielten und diesen Roman-Zombie zusammenstückeln ließen.

Fluch der Toten

Z. A. Recht, Heyne

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