Star Trek - Die Kunst von John Eaves

  • Cross Cult
  • Erschienen: September 2023
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Star Trek - Die Kunst von John Eaves
Star Trek - Die Kunst von John Eaves
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Michael Drewniok
85°1001

Phantastik-Couch Rezension vonFeb 2024

Wie Fiktionen real werden

Schon als Kind zeichnete John Eaves vor allem Objekte einer Technik, die den Menschen möglichst rasch an möglichst exotische Orte bringen sollte. Als Kind der „Star-Trek“-Ära, die wiederum in ein Jahrzehnt eingebettet war, in der die USA den Flug zum Mond vorbereiteten und durchführten, richtete Eaves bald den Blick auf die Technik einer offenbar grenzenlosen Zukunft. Er zeichnete keine Flugzeuge mehr, sondern Raumschiffe. Unermüdlich und autodidaktisch in einer Ära, in der solches Tun als Berufung, aber keineswegs als Beruf galt, arbeitete der junge Mann an seinen Fähigkeiten.

In den 1970er Jahren war die Zeit auf seiner Seite. Vor allem dank „Star Wars“ brach ein Zeitalter an, in der die verfilmte Science Fiction dank einer rasant voranschreitenden Technik Spezialeffekte in zuvor nie gekannter Qualität präsentierte. Wer die dafür nötigen Vorlagen liefern konnte, war im ‚neuen‘ Hollywood willkommen. Nach dennoch langer Durststrecke konnte Eaves dort Fuß fassen, wobei ihm sein Doppel-Talent als Zeichner und Modellbauer von Vorteil war. Zum „Star-Trek“-Franchise stieß Eaves 1989, als der fünfte Kino-Film mit der Originalcrew der „Enterprise“ („The Final Frontier“, dt. „Am Rande des Universums“) entstand. Seither arbeitete er immer wieder an Filmen und Serien des „ST“-Franchises mit, wobei sich seine Tätigkeit auf die Zeichnung von Raumschiffen, Geräten, Waffen u. a. Objekten verlagerte.

Längst ist Eaves zu einer Koryphäe geworden. Er gilt als Teil einer inzwischen Jahrhunderte (und mindestens zwei ‚Realitäts‘-Ebenen) umfassenden „Star-Trek“-Chronologie. Sie ist ungeachtet ihrer Komplexität den (aufmerksamen und kritischen) Fans bekannt und muss in der filmischen Umsetzung berücksichtigt werden. Eaves kennt sich aus und vermag Innovationen auch in „ST“-Zeiten einfließen zu lassen, deren Optik fixiert zu sein scheint; ein Talent, das ihn unentbehrlich in einer Franchise-Gegenwart macht, in der ganze Serien in der „ST“-Vergangenheit spielen.

Die Kunst des Details

Der kritische Blick schärft sich, je berühmter bzw. beliebter das ins Visier genommene Phänomen ist. Dieses Substantiv wird hier absichtlich gesetzt, denn im Folgenden geht es nicht nur um dieses Buch, sondern um einen modernen Mythos. Die Größe bzw. Strahlkraft von „Star Trek“ wird durch die Detailarbeit hinter den Kulissen gesichert. Sie ist elementar für die Entstehung, Stabilisierung und Fortschreibung des Franchises, bleibt in diesem Schaffensprozess jedoch oft im Schatten.

Man könnte John Eaves ein Rädchen im „Star-Trek“-Getriebe nennen. Damit läge man angesichts der unzähligen Männer und Frauen, die für das Franchise tätig sind, keineswegs falsch. Eaves wird von Verfasser Joe Nazarro aufgrund seines Talents und seiner zahlreichen Beiträge zu „Star-Trek“-Filmen und -Serien porträtiert und damit herausgehoben. Doch Eaves steht stellvertretend für die gesamte Crew, was er selbst immer wieder betont: Die Arbeit hinter der Kamera ist Teamwork, weshalb „Die Kunst von John Eaves“ einen Blick hinter die Gesamtkulissen ermöglicht.

Was die alltägliche ‚Arbeit‘ für „Star Trek“ bedeutet, macht dieser Prachtband sehr deutlich. Als Zuschauer steht man am Ende einer schier endlosen Produktionskette. Man sieht sich das Werk an, mag es, hasst es oder verharrt irgendwo zwischen diesen Extremen. Die geradezu wahnwitzige Arbeit, die auch in eine ‚missglückte‘ „Star-Trek“-Episode fließt, bleibt zwar nicht unbemerkt, wird aber oft eher unterbewusst wahrgenommen, wenn u. a. Kunsthandwerker wie Eaves ihren Job richtig gemacht haben.

Dem Papierkorb entronnen

Seine Zeichnungen sind Entwürfe bzw. Vorlage für später im Modell bzw. heute vor allem digital ‚hergestellte‘ Objekte einer Zukunft, die zumindest plausibel wirken sollen. Der Weg bis zur Umsetzung ist weit, und er wird von vielen Entscheidungsträgern gesäumt. Eaves muss seine Zeichnungen ständig deren Vorgaben anpassen. Vieles wird gänzlich verworfen, anderes durchläuft einen langen Bearbeitungsprozess. Unter Umständen sieht das, was final auf der Leinwand oder dem Bildschirm erscheint, völlig anders als die ursprüngliche Vorlage aus.

Eaves arbeitet daher oft quasi für den Papierkorb. Lange wurden Konzeptzeichnungen ohnehin als reines Hilfsmittel betrachtet und schlicht entsorgt, wenn sie ihren Zweck erfüllt hatten, weil der auf ihrer Basis geplante Film abgedreht war. Diese allzu anwendungsorientierte Wertung hat sich geändert, wobei die digitale Speicherung die Archivierung erleichtert. Inzwischen wird sorgfältig aufbewahrt, was auch im Rahmen eines zukünftigen „Star-Trek“-Projekts als Vorlage wieder von Wert sein könnte.

Deshalb konnte Joe Nazzaro auf einen reichen Schatz einschlägiger Eaves-Werke zurückgreifen. Die Palette reicht vom flüchtig hingeworfenen Entwurf, der bei Bedarf ausgearbeitet werden kann, bis zu großflächigen, farbig und detailliert ausgeführten Plänen, Aufrissen und Zeichnungen bzw. Gemälden, die eindrucksvoll Raumschiffe, Stationen, Planetenstädte u. a. Großobjekte nicht nur darstellen, sondern in ihre jeweilige Umgebung einfügen.

Buch als vorbildliche Präsentationsbasis

Diese zwar archivierten, aber bisher selten oder nie außerhalb des Franchises gezeigten Werke kommen hier in ausgezeichneter Wiedergabequalität zur Geltung. Die Vorlagen wurden mit höchstmöglicher Präzision gescannt. Hochwertiges Papier und sorgfältiger Druck sorgen dafür, dass Farben sowie feinste Striche klar zu erkennen sind.

Generell wird das Seitenlayout durch oft farbige Gesamthintergründe aufgelockert. Weil jede Seite 31 cm hoch und knapp 26 cm breit ist, klaftert dieses Buch aufgeklappt mehr als einen halben Meter. Der dadurch zur Verfügung stehende Raum ermöglicht großformatige Abbildungen, in deren Details man schwelgen kann: Papier muss keineswegs trocken rascheln!

Hinzu kommen eine der „Star-Trek“- bzw. der Franchise-Chronologie folgende Kapiteleinteilung und ein erläuternder Haupttext, der nicht nur den Arbeitsprozess des Künstlers - den dieser immer wieder selbst kommentiert -, sondern auch den Franchise-Alltag, seine Genese und Veränderungen erfasst. (Allerdings fordert das nüchterne, aber klar konzipierte Schriftbild durch die geringe Buchstabengröße besonders der Bildlegenden die Augen älterer Leser heraus; dies bleibt ein subjektiver Kritikpunkt …) Eaves’ Bilder stehen durchaus für sich selbst, aber wir werden auch über ihren Entstehungszweck informiert. Auf diese Weise wird das „Star-Trek“-Mosaik durch ein weiteres, besonders funkelndes Steinchen ergänzt.

Fazit:

Ein oft unterschätzter Aspekt der („Star-Trek“-) Filmarbeit wird am Beispiel des Zeichners John Eaves buchstäblich illustriert. Seine Vorlagen für Raumschiffe, Werkzeuge, Waffen und andere imaginäre Objekte werden in vorbildlicher Qualität gezeigt und kundig erläutert: ein inhaltlich wie handwerklich hochwertiges Buch!

Star Trek - Die Kunst von John Eaves

Thorsten Walch, Joe Nazzaro, Cross Cult

Star Trek - Die Kunst von John Eaves

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