Aliens - Die Entstehungsgeschichte

  • Cross Cult
  • Erschienen: November 2023
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Aliens - Die Entstehungsgeschichte
Aliens - Die Entstehungsgeschichte
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Marcel Scharrenbroich
100°1001

Phantastik-Couch Rezension vonFeb 2025

This Time It’s War

Es folgt: Der schändliche Versuch eines Rezensenten, eine ausweglose Situation zu retten, in die er sich sehenden Auges selbst getippt hat.

Die Besprechung von „Alien - Die Entstehungsgeschichte“, dem direkten Vorgänger-Band zum wegweisenden Sci-Fi-Horror von 1979, begann ich damit, dass ich keine große Meinung vom geadelten Regie-Urgestein Ridley Scott hatte. Und wie es sich für klassische Fortsetzungen gehört, blase ich auch diesmal in dasselbe Horn. James Cameron hat die finanziell erfolgreichsten Filme gedreht, gewiss, dennoch halte ich ihn für überbewertet. Über sein Low-Budget-Debüt „Fliegende Killer - Piranha II“ (1981) reden wir lieber erst gar nicht. „True Lies“ (1994) ist in meinen Augen ein solider Action-Streifen, aber auch nicht mehr. „Abyss“ (1989) nutze ich hingegen als Einschlafhilfe. Mit „Avatar“ (2009) werde ich bis heute nicht warm und nenne ihn gerne die längste und teuerste Tech-Demo der Filmgeschichte, denn lässt man die revolutionären 3D-Effekte mal außen vor, bleibt inhaltlich eine generische Geschichte über, die in ähnlicher Form schon mehrfach erzählt wurde. So, nachdem ich nun gleich zum Einstieg einen Großteil der Leserschaft verprellt habe, versuche ich die Nummer noch zu retten. NATÜRLICH hat Cameron 1984 mit „Terminator“ ein Big-Budget-Erstlingswerk abgeliefert, welches sich krachend in die Geschichte des Kinos geballert hat, und seitdem nicht mehr wegzudenken ist. Mit Recht, obwohl der Regisseur seinen Erfolgsfilm 1991 mit „Terminator 2 - Tag der Abrechnung“ nochmals haushoch überragte. Schwarzenegger wurde von der unaufhaltsamen Killermaschine zum ultimativen Beschützer, Linda Hamilton als Sarah Connor (Nein…, nicht die mit der versemmelten Nationalhymne, die andere) zur Action-Ikone und Edward Furlong… tja, Schwamm drüber. Jedenfalls setzte der ungemein erfolgreiche Streifen sowohl Maßstäbe im Action-Kino, als auch in der Qualität der bahnbrechenden Spezialeffekte. Kein Wunder, denn James Cameron gilt am Set als Perfektionist. Eine lobende Eigenschaft, mit der er sich während der Dreharbeiten aber nicht immer nur Freunde macht. So war es auch bei den Dreharbeiten zu „Aliens - Die Rückkehr“, der in meinen Augen besten Fortsetzung, die je gedreht wurde (Sorry, „Der Pate II“). Dazu kommen wir aber gleich noch, denn erstmal sollt Ihr wissen, falls Ihr dieses Meisterwerk noch nicht in- und auswendig kennt, worum es überhaupt geht:

Rabatz auf LV-426

Nachdem Ellen Ripley (Sigourney Weaver) den fiesen Xeno-Möpp am Ende von „Alien“ als einzige Überlebende des Nostromo-Massakers in den Orbit geblasen hatte (Ach ja… ACHTUNG: SPOILER!), brauchte sie erstmal ein Nickerchen. So für rund 57 Jahre. Die schlafende Ripley wird schließlich von einem Bergungsteam gefunden, muss aber sehr schnell feststellen, dass die Uhren während ihrer etwas längeren Auszeit weitertickten. Der Exomond LV-426, auf dem sie mit ihrer dahingerafften Crew einst auf den außerirdischen Organismus traf, ist inzwischen bewohnt. Einen ganzen Haufen Kolonisten hat man dort angesiedelt, was Ripley erstmal Schweißperlen auf die Stirn zaubert. Ihre Erklärungen, WAS da auf dem unwirtlichen Brocken so alles kreucht und fleucht, stoßen bei der Untersuchungskommission auf mehr oder weniger taube Ohren. Noch…, denn als man sie in Kenntnis setzt, dass der Kontakt zu den Kolonisten auf LV-426 abgebrochen ist, werden die Schweißperlen schlagartig größer. Man bittet sie, mit einem Trupp überpowerter Marines zurück zu dem Ort zu kehren, an dem das Grauen begann, welches sie noch immer Nacht für Nacht bis in ihre Albträume verfolgt. Die Nummer sitzt noch ordentlich tief, also willigt Ripley kurzentschlossen ein. Konfrontationstherapie und so… Schließlich garantiert ihr Carter Burke (Paul Reiser), seines Zeichens Schreibtisch-Hengst bei der Weyland-Yutani-Corporation, dass sie dort alles Nicht-Menschliche kross flambieren würden. Klingt gut. Also geht es mit Burke, den kampferprobten Colonial Marines und dem synthetischen Bishop (Lance Henriksen) zurück in die Höhle des Löwen. Besser gesagt… in die Höhle der Löwin, denn LV-426 beherbergt etwas, das Ripleys erste Xeno-Begegnung wie Ringelpiez ohne Anfassen aussehen lässt.

Die eigene Handschrift

Klingt nach reichlich Action, gelle? UND OB! James Cameron macht in „Aliens - Die Rückkehr“ (1986) keine halben Sachen, obwohl ihm vor und während der Produktion reichlich Gegenwind in die Föhnwelle blies. Zuerst war es gar nicht so leicht, eine Fortsetzung zu Scotts Überraschungshit überhaupt auf den Weg zu bringen. Mittlerweile wurde der Markt mit überwiegend billig produzierten Fahrwasser-Filmchen geflutet, sodass das Sci-Fi-Publikum übersättigt war. Um eine Fortführung, die erfahrungsgemäß teurer als der Vorgänger war und meist weniger Geld in die Kassen spülte, zu rechtfertigen, bräuchte man eine komplett neue Herangehensweise. So entstand die Idee, den Horror-Aspekt des Original-„Alien“ durch ein anderes Genre zu ersetzen. Action hieß das Zauberwort. Doch dazu bräuchte man mehr als ein paar eilig hingekritzelte Ideen. Zum Beispiel ein gutes Drehbuch… oder einen erfahrenen Regisseur auf dem Gebiet. Da man beides nicht liefern konnte, setzte das Produktionsstudio auf ein komplett anderes Pferd. Man setzte sich (warum auch immer) in den Kopf, dass es mal Zeit für eine spacige „Spartacus“-Variante wäre. So kam James Cameron ins Spiel, dessen Drehbuch zu „Terminator“ gerade die Runde machte. Bei einem Treffen kam man schnell zu dem Entschluss, dass ein Weltraum-Spartacus ziemlicher Quatsch sei. Cameron war schon auf dem Weg nach draußen, als das Drehbuch-Angebot einer „Alien“-Fortsetzung ihn hellhörig werden ließ. Was für eine Chance für den Sci-Fi-begeisterten Nachwuchs-Regisseur, schließlich gehörte Scotts Film zu denen, die ihn neben Kubricks „2001“ maßgeblich beeinflusst hatten! Und so machte sich Cameron gleich ans Werk… und schrieb parallel noch das Drehbuch zu „Rambo II - Der Auftrag“ (1985), welches nachträglich aber von Stallone selbst noch reichlich umgestrickt wurde.

Was sich jetzt vielleicht ganz „einfach“ anhört, ist natürlich nur vereinfacht wiedergegeben. Tatsächlich war es ein ordentliches Hin und Her, bis das Projekt endlich in die heiße Drehphase gehen konnte. Weitere Probleme gab es, als Cameron die aufstrebende Produzentin Gale Anne Hurd ins Boot holen wollte, die seinen „Terminator“ produzierte, am Drehbuch mitschrieb und von 1984 bis 1989 mit Cameron verheiratet war.

Als es dann tatsächlich an den Dreh ging, blies der Gegenwind aus der Richtung der Mitarbeiter. In der britischen Traditionsschmiede Pinewood Studios arbeitete die bestens aufeinander eingespielte Crew an den unterschiedlichsten Projekten. Dass James Cameron (ein Kanadier) nun mit einem US-Team aufschlug, stieß vielen sauer auf. Aber „Aliens“ war Camerons große Chance, sein Baby, und da wollte er sich von niemandem in die Karten pfuschen lassen. Das sorgte mehr als nur einmal für reichlich Stress am Set. Hinzu kam der Perfektionismus von Cameron, der in allen Belangen das letzte Wort haben wollte.

Zeitdruck, aufwändige und kostspielige Effekte, Cast- und Crew-Austausch (der ursprüngliche Darsteller von Corporal Hicks, James Remar, wurde wegen eines massiven Drogenproblems durch den „Terminator“-Schauspieler Michael Biehn ersetzt) und eine Hauptdarstellerin, die als Waffengegnerin massive Probleme damit hatte, dass es in dem Action-Feuerwerk reichlich bleihaltig und martialisch zur Sache geht. Nur ein paar Beispiele der Herausforderungen, die dieses Projekt mit sich brachte.

Feuer frei!

Autor J. W. Rinzler hat ein weiteres Mal alle Magazine durchgeladen und feuert aus sämtlichen Rohren ein wahres Informations-Feuerwerk ab. Detailliert bis ins Kleinste, schreibt er höchst interessant und lässt viele der Beteiligten (vor und hinter der Kamera) zu Wort kommen. Zwischen ausführlichen Biografien und lustigen Anekdoten gibt es unglaublich viel Bildmaterial zu sichten. Dieses besteht aus obligatorischen Szenenbildern, Hinter-den-Kulissen-Material, Promo-Shots, verschiedenen Set-Aufnahmen und Bildern aus der Effekt-Schmiede und zahlreichen Skizzen sowie frühen Entwürfen. Selbst eingefleischte Fans werden hier noch Hintergründe entdecken, die sie bislang nicht kannten.

Die rund 300 Seiten folgen chronologisch der gesamten Entstehung des Kultfilms. Von der ersten Idee bis zum Erfolg an den Kinokassen. Wenn es um die Dreharbeiten selbst geht, findet sich einleitend immer eine Übersicht der gedrehten Szenen. Wie bei den meisten Filmproduktionen ist diese nicht chronologisch, sondern immer streng nach Drehplan ausgerichtet, um das Budget durch Leerlauf nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Dank Rinzler bekommt man als Leser eine sehr gute Ahnung davon, wie stressig solch ein Mammutprojekt für alle Beteiligten gewesen sein muss.

Fazit:

Derart perfektionistisch zusammengetragen, als hätte Cameron selbst seine Hände im Spiel gehabt. Wer schon den Band zum Vorgänger gelesen hat, wird um diesen nicht herumkommen. Informativ, unterhaltsam und jeden Cent wert. Wer den Band zu Ridley Scotts „Alien“ noch nicht kennt, nun aber vielleicht (Säure)blut geleckt hat, kann gleich zum schicken Schuber greifen, in dem CROSS CULT beide wuchtigen Bücher auch im Komplett-Set anbietet.

Aliens - Die Entstehungsgeschichte

J. W. Rinzler, Cross Cult

Aliens - Die Entstehungsgeschichte

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