Die Fürstin der Schatten (Dämonenzyklus 8)
- Heyne
- Erschienen: November 2024
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Wenn Dämonen sich paaren, brennt der Baum
Mit „Die Fürstin der Schatten“ treibt Erfolgsautor Peter V. Brett sein Vorhaben voran, eine 2. Generation an professionellen Dämonenjägern zu etablieren. Nach seiner gelungenen Rückkehr an alte Wirkungsstätte setzt dieser Folgeband nahtlos an die Ereignisse seines Vorgängers an. Olive und Darin sehen sich einem Scherbenhaufen gegenüber. Das Tal der Holzfäller ist nach Leeshas Verschwinden führungslos und zu allem Überfluss plant der Vater der Dämonen, eine neue Königin zu begatten, um die Dämonen zur alten Stärke zu führen.
Schauen wir uns gemeinsam an, wie es dem Schriftsteller gelingt, Ordnung in diesen Scherbenhaufen zu bringen:
Die Würfel sind los
Olive, begleitet von Darin und anderen Freunden, verlässt den Wüstenspeer in Krasia und macht sich auf den Weg in das Tal der Holzfäller, um den Thron ihrer Mutter zu besteigen. Vorher legt die Truppe angehender Helden noch Halt in Neu Krasia ein, dem verbündeten Nachbarn des Tals der Holzfäller. Wie an einem Samstagabend in Las Vegas werden auch in diesem Band wieder die gefürchteten „alagai hora“ (die Dämonenwürfel) ausgeworfen. Im Gegensatz zur Stadt der Sünden werden die Würfel jedoch nicht verwendet, um Geldbeträge zu gewinnen, sondern um die Zukunft vorherzusagen. Denn wie so oft im Fantasy-Genre gehören auch in diesem Epos Prophezeiungen zur Standardausstattung. Und was haben sie fast alle gemeinsam? Richtig, sie sind meist ziemlich vage und wenig hilfreich. So auch in diesem Werk, wie es insbesondere von Olive und Darin immer wieder betont wird. Gleichwohl bindet sich Olive an das von den Würfeln vorhergesagte Schicksal. Inevera, Verfechterin der Weissagungen und Ahmann Jardirs Ehefrau, der wiederum der Vater von Olive ist und im Vorgänger spurlos verschwand, eröffnet unserer frisch gekrönten Olive, dass sie sich zwischen der Suche nach ihrer Mutter und dem Kampf gegen den Dämonenkönig und somit der Rettung der Welt entscheiden muss. Das nenne ich rosige Aussichten. Glücklicherweise ist Olive umgeben von Freunden, die ihr helfen, die vermeintlich richtige Entscheidung zu treffen.
Geduld ist eine Tugend
Der Handlungsstrang dieses Buches ist im Grunde ziemlich simpel. Es gilt, den Vater der Dämonen in seinem unterirdischen Versteck aufzuspüren und zu vernichten, bevor er es schafft, zusammen mit einer Königin ein neues Heer an Dämonen zu zeugen (die Potenz dieser Dämonen sucht ihresgleichen). Gleichzeitig ist es unseren Helden, insbesondere Olive und Darin, ein Anliegen, ihre verschwundenen Elternteile zu finden. Soweit, so gut. Bis unsere Helden jedoch eine Entscheidung treffen und schlussendlich aufbrechen, muss sich unsereins durch einen Großteil der knapp 900 Seiten durcharbeiten. Meine Erwähnung des zuletzt genannten Verbs ist selten ein gutes Zeichen. Es kann zwar wahrlich nicht die Rede davon sein, dass ein Übermaß an Tristesse hierfür verantwortlich ist und die Leserschaft piesackt wie eine Mücke im Schlafzimmer. Im Gegenteil! Es werden zugegebenermaßen keine epischen Schlachten geschlagen (die kommen später) oder emotionale Momente aufgetischt, aber gekämpft, gestritten und intrigiert wird am laufenden Band. Leider verlaufen diese Scharmützel alle nach demselben Schema. Als Olive in Neu Krasia eintrifft und offenbart, dass sie sowohl Prinzessin als auch Prinz ist, wird sie von den mehreren Dutzenden männlichen Kindern des Ahmann Jardirs, also ihren Brüdern, feindlich beäugt. Als Mann stellt sie eine immense Bedrohung innerhalb der Thronfolge dar. Dementsprechend dauert es nicht lange und unsere Heldin/unser Held wird zu einem Kampf um Leben und Tod herausgefordert. In der Gesellschaft der Krasianer nichts Ungewöhnliches. Es bleibt jedoch nicht bei einer Herausforderung, Olive drohen gleich drei dieser Kämpfe. Diese Art der Auseinandersetzung kennt man bereits aus dem ursprünglichen Dämonenzyklus und aus dem direkten Vorgänger. Durch diese Anhäufung sich ähnelnder Ereignisse stumpft der Leser mit der Zeit immer mehr ab und der Enthusiasmus bekommt erste Risse. Solche Kämpfe verkommen zu harmlosen Geplänkeln, deren Ausgang ziemlich vorhersehbar scheint (dafür braucht die Leserschaft nicht mal die Würfel der Prophezeiung) und somit kaum mehr das Interesse der Lesenden zu wecken vermag.
Meine oben genannte Beschreibung eines sich gleichenden Schemas lässt sich auch auf viele andere Bereiche des Buches anwenden. Sei es Darin, der vor der Entscheidung steht, eine Scheinehe einzugehen, oder das ständige Balzverhalten der Hauptfiguren. Einzeln betrachtet lässt sich gegen diese Aspekte nicht viel sagen, geballt auf einen Großteil des Buches sieht die Situation jedoch anders aus. Hier wäre mehr Fokussierung auf das Wesentliche Gold wert gewesen.
Das Beste kommt zum Schluss
Hat man sich durch den oben beschriebenen Part durchgewühlt, erwarten einen wieder actiongeladene und vor Magie nur so strotzende Szenen, in denen unsere Helden ihren Erzfeinden das Fürchten lehren. Das Ausharren lohnt sich definitiv. Der Autor versteht sein Handwerk besonders dann, wenn seine Figuren Schulter an Schulter und Schild an Schild einer übermächtigen Horde blutrünstiger Dämonen gegenüberstehen. Das Adrenalin der Hauptfiguren ist fast spürbar und jeder erfolgreiche Hieb gegen die Dämonen wird vom Leser gefeiert, als würde man selbst Siegel in die Luft zeichnen, um die Dämonen mit Blitzschlägen zu vernichten. So funktioniert epische Fantasy!
Fazit:
Olive und Darin bleiben außergewöhnliche Hauptfiguren, die von Peter V. Brett mit viel Liebe zum Detail skizziert wurden. Auch wenn sich der erdrückende Mittelteil des Buches zu oft im Klein-Klein verliert, so reißen die spannenden Handlungsstränge gegen Ende des Buches das Ruder wieder herum. Insofern bleibt Peter V. Bretts Vorhaben, eine zweite Generation der Dämonenkriege zu etablieren, auf Kurs.

Peter V. Brett, Heyne
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