Der verbotene Turm

  • Moewig
  • Erschienen: Januar 1981
  • 1
Der verbotene Turm
Der verbotene Turm
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Amandara M. Schulzke
100°1001

Phantastik-Couch Rezension vonSep 2006

„Bruch aller Traditionen

„Der verbotene Turm" liegt als 14. Buch des 32-bändigen Darkover-Zyklus der Großmeisterin der Fantasy sowohl zeitlich als auch thematisch in der Mitte. Erdenbürger verirrten sich mit einem Kolonistenschiff vor zweitausend Jahren auf dem kalten Planeten mit der blutigen Sonne. Die einheimischen Chieri, weise und PSI-begabte Wesen, zeugten mit einigen Frauen die Comyn, die mit PSI-Kräften, im Buch Laran genannt, zur herrschenden Kaste wurden. Um die Kräfte gezielt meistern und nutzen zu können, schufen sie die Türme, in denen anfangs Männer als Bewahrer, später asexuell konditionierte Frauen Ausbildung, Kommunikation und Produktion leiteten. Vor kurzem erst entdeckte Terra den Planeten wieder und baute aus logistischen Gründen dort einen Raumhafen und Hauptquartier.

Der Terraner Andrew Carr stürzte auf einem Erkundungsflug ab, fand telepathischen Kontakt zu der von Katzenwesen entführten Bewahrerin Callista und befreite sie. Marion Zimmer Bradley beschreibt in ihren Büchern diesen Kontakt als das tiefste Verstehen und Verständnis, das Menschen füreinander haben können, eine Verbindung, die sie mittels Laran eingehen, die eine „normale" Liebe übertrifft und emotional tiefer geht, als alles, was wir uns vorstellen können. Diese Tiefe finden auch Andrew und Callista füreinander. Hier beginnt „Der verbotene Turm". Callista gibt ihren Eid als Bewahrerin zurück und heiratet den Fremdweltler.

Tiefgehend, innig, problemgeladen, spannend

Schon diese Konstellation an sich schreit nach Konflikten. Für Damon, Ehemann von Callistas Zwillingsschwester und vom mächtigsten Turm Darkovers vertrieben, ist es das innerste Bedürfnis, zusammen mit den anderen Lösungen zu finden. Auf diesen gemeinsamen Wegen haben alle vier zu lernen. An diesen teilweise subtilen Lernprozessen lässt Marion Zimmer Bradley ihre Leser teil haben. Sie ist in diesem Genre unschlagbar. Marion Zimmer Bradley stellt auf einer mittelalterlich geprägten Welt, die durch die PSI-Kräfte über eine weiter entwickelte Technik verfügt als das moderne Terra, Traditionen in Frage, die auch unsere heutige menschliche Gesellschaft prägen. In wie weit muss ein Status quo fest geschrieben bleiben? Durch Fantasy verblendet stoßen wir beim Lesen auf Tatsachen, die uns zutiefst im Hier und Heute berühren. Fanatismus, Intoleranz, Missgunst und Neid, Verrat, reale und eingebildete Bedrohung, dagegen tiefe Freundschaft, Loyalität, Weltoffenheit und Mut. Mut, über den eigenen Schatten zu springen und noch nie Dagewesenes aus zu probieren. Für das einzustehen, was jeder für sich als Wahrheit erkannt hat. Zu den Besonderheiten des gesamten Darkover-Zyklus gehört, dass es keine Schwarzmalerei gibt. Jeder hat auf seine Art und Weise Recht. Alle Beteiligten haben Lösungen zu finden oder müssen ungeliebte Veränderungen akzeptieren. Marion Zimmer Bradley begleitet z.B. die alte Bewahrerin dabei, wie sie ihren Groll über die Öffnung des verbotenen Turms für Nichtadelige, die über PSI-Kräfte verfügen und mit ihnen Menschen heilen, überwindet. Oder wie der ausgestoßene Damon zu neuem Selbstvertrauen findet und seine Kräfte entdeckt.

Wie ist das mit der ausschließlichen zweisamen Liebe? Nur zu Viert können die Protagonisten dieses Bandes die Schwierigkeiten angehen, die Callistas Konditionierung mit sich bringt. Sie konfrontieren sich mit den Tabus ihrer jeweiligen Gesellschaft und Zivilisation. Marion Zimmer Bradley gelingt es, empfindsam, verständnisvoll, dabei spannend problemgeladene Situationen zu schildern und den Lesern die Facetten des Kasten- und sozialen Systems auf dem fernen und emotional doch so nahen Planeten nahe zu bringen. Ein tiefes und wichtiges Buch, auch heute 2009, 32 Jahre nach Erstveröffentlichung. Die Probleme, die sie anspricht, haben wir modernen Menschen immer noch nicht in die Reihe bekommen. Und wer sie in dem Sinne wie Marion Zimmer Bradley im „verbotenen Turm" löst, wird im freundlichsten Fall als Spinner oder Außenseiter betitelt, im schlimmsten Fall öffentlich gesteinigt.

Der verbotene Turm

Marion Zimmer Bradley, Moewig

Der verbotene Turm

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