Stadt des Wahnsinns

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2007
  • 2
Stadt des Wahnsinns
Stadt des Wahnsinns
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Carsten Kuhr
80°1001

Phantastik-Couch Rezension vonMai 2007

Dark Fantasy - ein wenig Stephen King gepaart mit China Miéville

Die Welt ist ein düsterer, unwirtlicher Ort. Das gilt für die Kupferwüste ebenso wie für den wild wuchernden Urwald an der Küste und die dort befindliche Stadt. Unsere Erzähler, der Söldner Gwynn und die Ärztin Raule kennen sich von der Revolution. Mittlerweile sind die Träume von der Befreiung des Landes im Blutstrom der Massaker versiegt, beide werden von den siegreichen Regierungstruppen gejagt. In einer seit Jahrhunderten verlassenen Stadt mitten in der Wüste kommt es zum Aufeinandertreffen mit ihren gnadenlosen Verfolgern. Die Übermacht der angreifenden Truppen schliesst ein Überleben eigentlich aus, doch aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz überstehen die Beiden den Angriff. In der Flussstadt Ashamoil trennen sich ihre Wege zunächst.

Ashamoil - die Heimat von Sklavenhändlern, Mördern und Priestern

Während die Ärztin in einem kirchlichen Hospital versucht, das Leiden der Bevölkerung ein wenig zu mildern, macht Gwynn bei einem der Räuberbarone der Stadt Karriere. Im Krieg hat er gelernt, mitleidlos und effektiv zu töten, eine Gabe, die ihm nun sehr zupass kommt. Immer wieder treffen die beiden einstigen Verbündeten aufeinander. Im Verlauf der Handlung machen wir mit diesen die Bekanntschaft von ganz ungewöhnlichen Menschen. Beth, die begnadete Künstlerin, deren Bild einer Sphinx tief in Gwynn eine Saite anspricht, von deren Existenz er nichts wusste, den alternden, trunksüchtigen Priester Rev, einst als Wundertäter der Wildnis bekannt, der sich die Seelenrettung Gwynns verschrieben hat oder Elm, der Anführer der Kavaliere des Hornfächers, ein gnadenloser und machtgieriger Sklavenhändler und Waffenschieber. Sie alle verbergen Geheimnisse, sie alle beeinflussen ihre Umgebung und suchen Gwynn zu manipulieren. Und was haben bei alledem die in den letzten Jahren massiv auftretenden Missgeburten zu bedeuten? Haben die Götter die Stadt des Wahnsinns verlassen? Oder...

Ein Debutroman mit Vorschusslorbeeren

Der Verlagsseitige Waschzettel preist uns diesen Debutroman als gelungene Mischung von Stephen Kings »Saga um den Dunklen Turm« und den Werken aus der Feder China Miévilles an. So vorsichtig ich sonst mit derartigen Vergleichen bin, und seien wir einmal ehrlich, meist sind diese an den Haaren herbeigezogen, lässt sich eine gewisse Ähnlichkeit diesmal nicht leugnen. Gerade der erste Teil des in drei Bücher unterteilten Textes erinnert in seiner Ausstrahlung und Atmosphäre doch sehr an Kings Sechsteiler. Das wüste, ein von den Jahren des Krieges zerstörtes Land, in dem nur der brutalste und rücksichtsloseste Gunslinger überlebt, kann eine gewisse Nähe zu Kings Bestseller-Reihe nicht leugnen. Die Art und Weise, wie uns der Autor seinen Text in den anderen Teilen präsentiert, wenn er zum Beispiel schildert, wie der Priester aus und in seinen Händen lebendige Insekten schafft und wachsen lässt, oder von einem Mann erzählt, aus dessen Bauchnabel eine tief im Innern seines Körpers wurzelnde Pflanze spriesst, das erinnert an die überbrodelnde Phantasie Miévilles. Die Handlung selbst springt zwischen dem ersten und dem zweiten Teil unvermittelt ein paar Jahre weiter.

Eine morbide Bühne für philosophische Gespräche

Ohne grössere Einführung präsentiert uns Bishop dann mit der vom Monsun gebeutelten Flussstadt Ashamoil eine neue Bühne, auf der ihre Akteure agieren. Die schwül-heisse Atmosphäre, die Korruption und das alltägliche Elend der Mittellosen, die grausame, selbstverständliche Herrschaft der Verbrechersyndikate und ihrer Barone bewirken eine ganz besondere, fast dekadent und morbid zu nennende Stimmung, die die Handlung annimmt.

Zynisch, so manches Mal surreal anmutend, dann wieder philosophisch angehaucht behandelt die australische Autorin dann auf unaufdringliche Art und Weise die wichtigsten Themen des Lebens. Es geht um Liebe, um den Tod, die Religion und die Kunst. Gerade in den Dialogen zwischen dem Killer Gwynn und dem versoffenen Priester Rev, die für mich aufgrund der intelligenten, nie aber sich dem Leser aufzwingenden Weise zu den absoluten Highlights des Bandes zählen, schafft sie eien bemerkenswerte Tiefe. Gepaart mit Charakteren, die nie perfekt, nie einfach gestrickt, sondern immer ambivalent ausfallen und mit der Darstellung von Magie, die aber auch gar nichts mit der so verbreiteten Drachen- und Magierzauberei zu tun hat bannt sie ihre Leser mit hintergründiger Aussage ebenso wie mit rasant und schonungslos realistischen Kampfbeschreibungen förmlich an die Seiten. Dabei gelingt es ihr eigene Wege zu beschreiten und den Leser immer tiefer in ihre Schilderung zu ziehen und zu überraschen.

Stadt des Wahnsinns

Kirsten J. Bishop, Piper

Stadt des Wahnsinns

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