Minen der Macht (3): Der Grauzorn

Erneut entführen uns die Autoren Bernhard Hennen, Mira Valentin, Sam Feuerbach, Greg Walters und Torsten Weitze in das detailliert ausgestaltete Grubenstedt. Unsere Helden haben wieder einmal viel zu tun, um die Bürger der Trichterstadt zu schützen und das Böse dingfest zu machen.

Mysteriöse Brandstiftungen versetzen die Einwohner von Grubenstedt in Angst und Schrecken. Gunter Hyazinth vom Adlerstein, Hauptmann der Schlammwache, wird von seinem Freund Woulf in dessen Schenke gerufen, als ein Gast aus heiterem Himmel in Flammen aufgeht. Unser gewitzter Hauptmann ahnt, dass es sich hierbei nicht um einen Unfall handeln kann, und nimmt die Ermittlungen auf. Dabei kann er sich der Unterstützung seiner Untergebenen aus der Schlammwache und seiner treuen Freunde, der Magierin Nasiima, dem Aschling Rami, der frechen Kröte und des pedantischen Wirtes Woulf sicher sein. Die Aufarbeitung der Geschehnisse stellt unsere Helden vor fast unlösbare Probleme. Die Spuren deuten eine Intrige auf höchster Ebene an, die eng mit einer Rebellion der Aschlinge verknüpft zu sein scheint. Die Stimmung in der Stadt ist aufgeheizt. Die bemitleidenswerten Aschlinge werden von den meisten Menschen vorverurteilt und in ihrer Würde verletzt. Die Obrigkeit tut ihr Übriges und dient als Brandbeschleuniger für den Hass der Bevölkerung gegenüber den kleinwüchsigen Aschlingen aus dem Kehrichtsviertel.

In dieser Spirale der Emotionen kämpfen unsere Helden mit aller Macht für Gerechtigkeit.

Viele Fronten

Neben der eigentlichen Haupthandlung haben unsere Protagonisten alle mit ihren eigenen Scharmützeln zu kämpfen. Woulf beispielsweise schwebt auf Wolke 7, seit er mit einer Dame aus dem Etablissement „Das Rote Haus“ eine Liaison eingegangen ist. Gleichzeitig hat er mit seiner seltsamen Erkrankung zu kämpfen, die seine Hand ergrauen lässt und ihn vor eine harte Entscheidung stellt: Amputation oder Tod!

Rami kämpft mit dem unvorstellbaren Leid, das sich gegen sein Volk richtet. Gleichzeitig hilft er den Menschen, die Brandstiftungen aufzuklären, obwohl ein Teil der Indizien auf die Beteiligung von Aschlingen hindeutet. Er ist hin und hergerissen zwischen dem Gefühl, seine eigenen Leute zu verraten, und dem Gedanken, das Richtige zu tun. Es fällt ihm immer schwerer, Gerechtigkeit zu definieren und mit seinen Freunden zusammenzuarbeiten, die die Brandstifter der Justiz unterstellen wollen.

Nasiima kämpft gegen Intrigen innerhalb der Magiergilde an, als urplötzlich ihr Facette zum Leben erwacht und sie um ein viertes Zeichen anfleht. Um das Flehen und den damit verbundenen Verlust der geistigen Gesundheit – Magier sind nämlich lediglich in der Lage drei Aspekte ihres Facettsteines zu beherrschen, der Formbrecher lässt Grüßen – zu entfliehen, stürzt sie sich Hals über Kopf in ihre Arbeit.

Kröte hat mit ihrer Sucht, hervorgerufen durch die Einnahme der „Dämonenpopel“, zu kämpfen. Nach Aufsuchen einer Kräuterkundigen erhält sie eine Arznei, die ein wenig Abhilfe schafft. Doch das geheimnisvolle Pflanzenharz scheint seine Wirkung auf Kröte auszuweiten, sodass sich die junge Bewohnerin des Schlammringes gezwungen sieht, ihre Freunde um Hilfe zu bitten.

Die Protagonisten bleiben die Stärke dieser Romanreihe. Die Autoren lassen unsere Helden lebendig und nahbar wirken. Das Zusammenspiel der Charaktere aus Gruppendynamiken und Einzelkämpfen wird hervorragend skizziert und bietet wiederholt gelungenen Lesespaß.

Humor trifft auf Melancholie

Grubenstedt ist kein Ort, der einem in den Sinn kommt, um dort seine Flitterwochen zu verbringen. Während die Obrigkeit im Palastring in Saus und Braus lebt, kämpfen die Menschen im Schlammring jeden Tag ums Überleben. Die Ausbeutung der Schwachen ist ein herausstechendes Merkmal in der Trichterstadt. Gefühle wie Hilflosigkeit und Melancholie sind Erzeugnisse dieser Umstände und umschwirren die Leserschaft als ständige Begleiter. Der Tod als Ermittlungsursache unserer Heldengemeinschaft tut dabei sein Übriges.

Im dritten Band dieser Reihe treiben die Ereignisse rund um die Aschlinge das Gefühl der Melancholie auf die Spitze. Das Leiden dieser kleinen Geschöpfe ist erschreckend. Die Lesenden werden wütend und fassungslos zurückgelassen. Die Gedanken schweifen beim Erforschen des Buches in das wirkliche Leben ab und Vergleiche mit tatsächlich stattfindender Ausgrenzung und Diskriminierung tauchen vor dem inneren Auge auf. Den Autoren gelingt es, die Machenschaften innerhalb des Romans real erscheinen zu lassen. Auf diese Weise entwickelt die Geschichte eine über die ganze Länge des Romans gleichbleibende Sogwirkung, die es schier unmöglich macht, das Buch aus der Hand zu legen. Gleichwohl verlässt die Handlung nie den Pfad der Unterhaltungsliteratur. Untermauert wird diese These durch die gewohnt humorlastigen Dialoge und Gedankengänge der Protagonisten. Hier werden unsere Lachmuskeln stimuliert und wir können uns von der bedrückenden Atmosphäre erholen.

Insgesamt wird die Mischung aus Humor und Trübsinn auf den Seiten dieses Werkes in perfekter Abstimmung zelebriert.

Fazit:

Das Autorenkonvolut kann das hohe Unterhaltungsniveau der Vorgänger halten und präsentiert uns wiederholt ein spannendes Abenteuer. Dieses Buch zeigt, was es ausmachen kann, wenn sich kreative Weltenschöpfer mit dem Ziel zusammentun, den Lesebegeisterten ein exzellent ausgearbeitetes Buch vor die Nase zu setzen. Die „Minen der Macht“ sind wahrlich ein Garant für hervorragende Fantasyliteratur im deutschsprachigen Raum.