Die Flüsse von London

  • dtv
  • Erschienen: Januar 2012
  • 11
Die Flüsse von London
Die Flüsse von London
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Carsten Kuhr
82°1001

Phantastik-Couch Rezension vonDez 2011

Der Bulle, die Schauspieler und die Geister

Was macht man aus seinem Leben wenn man aus einer Migrantenfamilie stammt, der eigene Vater drogenabhängig ist und die Familie mit Sozialhilfe und der Putzfrauentätigkeit der Mutter gerade so über die Runden kommt?

Eine, nein eigentlich keine Frage für den farbigen Peter Grant, der es dank seiner Faulheit gerade mal so durchs Abitur geschafft hat - er wird Polizist.

Nun muss man wissen, dass die Polizisten in London alle, egal aus welcher Schicht sie stammen und was für Beziehungen sie auch haben, zwei Jahre lang als Bobbies auf den Straßen ihrer Stadt unterwegs sind. Nach dieser Lehr- und Leidenszeit - lassen sie sich einmal regelmäßig von aggressiven Betrunkenen vollkotzen - entscheidet sich, wie es mit der Karriere weitergehen wird.

In seinen letzten Tagen als Bobbie darf Peter bei den Ermittlungen eines Mordes behilflich sein. Soll heißen, er sorgt dafür, dass die Detectives und die Spurensicherung von allzu neugierigen Touristen und Reportern verschont bleiben. Dabei ist das Verbrechen aber auch zu verführerisch bizarr - einem unbescholtenen Bürger wurde der Kopf vom Leibe getrennt - wie man bürokratisch die Rübe-Ab Tat nennt.

Nun steht und fällt jede gute Polizeiarbeit mit den Informanten. Als eine ungewöhnliche Erscheinung Peter den Tathergang schildert, glaubt er zwar zunächst vielleicht zu viel von dem Kraut seines Vaters inhaliert zu haben, doch die Geschichte, die ihm ein Geist erzählt, lässt sich verifizieren.

Im Handumdrehen ist er zu einer höchst geheimen Ein-Mann-Spezialeinheit abkommandiert - und Lehrling eines polizeilich bestellten Zauberers. Götter und fleischgewordene Flüsse, Vampire und Geister helfen ihm in der Folgezeit, dem Serienkiller - ja, es werden noch weitere Menschen ermordet - auf die Spur zu kommen. Dass er sich dabei mit Honoratioren anlegt und seine Libido auf der Strecke bleibt, ist noch lange nicht das Schlimmste - nein, aber dass seine Magie reihenweise seine Handies zerstört, das erklären sie mal dem Beamten, der für die Beschaffung und Ausrüstung der Polizei Londons zuständig ist ...

Frischer Wind für so uniforme Sub-Genre

Ben Aaronovitchs Auftaktband zu der übersinnlichen Polizei-Reihe um Peter Grant, von der im Original bislang drei Bände vorliegen, verwöhnt den Leser mit etwas, das rar ist in der modernen Phantastik - mit Humor.

Schon die Wahl des Protagonisten - einen Farbigen, der aus einer sozialen Randschicht stammt, der sich gerade so durchs Abitur rettet und aus Verlegenheit den Polizistenberuf ergreift, überrascht. Das ist nicht unbedingt stromlinienförmiges Heldenmaterial.

Dass er bei einem kauzigen Vorgesetzten in die Lehre geht, dass er mit kapriziösen Schauspielern - verblichen wie lebendig - aneinandergerät und sich mit aufmüpfigen Geistern, eingebildeten Divas und Flussgöttern abgeben darf, trägt zum hohen Unterhaltungswert des Romans bei.

Mit spitzer Feder nimmt der Autor dabei seine Stadt und ihre honorige Gesellschaft mit den typisch britischen Netzwerken aus Beziehung, Stand und Freundschaft auf die Schippe und bringt den Leser ein ums andere Mal zum Schmunzeln.

Das ist abgedreht, erinnert in seiner Schlagfertigkeit und seinem Situationswitz an Monty Python, liest sich aber auch sehr spannend und kurzweilig auf einen Rutsch durch.

Die sehr gefällige Übersetzung tut ein Übriges, die markanten, interessanten und vielschichtigen Figuren zu beleuchten. Dazu gesellt sich eine faszinierende Jagd nach dem Täter, die mit unerwarteten Wendungen aufwartet.

Auch wenn London als Handlungsort noch ein wenig zu diffus ausgestaltet bleibt, bietet der Band einen wohltuend anderen, frischen Ansatz zu der so uniformen Urban Fantasy unserer Tage und dürfte auch Leser außerhalb des Genres ansprechen.

(Carsten Kuhr, Januar 2012)

Die Flüsse von London

Ben Aaronovitch, dtv

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